Rückblick auf die 44. Legislaturperiode

11. Umwelt

93.053 Umweltschutzgesetz. Änderung
Loi sur la protection de l'environnement. Révision

Botschaft: 07.06.1993 (BBl II, 1445 / FF II, 1337)

Ausgangslage

Das Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (USG) ist am 1. Januar 1985 in Kraft getreten. Das neue Recht hat sich bewährt. Die Vollzugserfahrungen zeigten jedoch bald, dass mit Blick auf die rasante technologische Entwicklung und die nach wie vor hohe Umweltbelastung neue Regelungsbereiche in das Gesetz eingegliedert und einzelne Teilbereiche durch zusätzliche Bestimmungen ergänzt werden müssen. Zahlreiche parlamentarische Vorstösse weisen auch klar in diese Richtung. Mit den Empfehlungen der Konferenz von Rio de Janeiro über Umwelt und Entwicklung (UNCED) von Juni 1992 und dem Konzept der "nachhaltigen Entwicklung" hat die Umweltpolitik neue Impulse erfahren. Die Konvergenz zwischen Umwelt und Wirtschaft ist dabei zu einem zentralen Anliegen geworden. Eine besonders wichtige Aufgabe besteht darin, das umweltpolitische Instrumentarium mit marktwirtschaftlichen Instrumenten zu ergänzen.

Die vorgeschlage Revision des Umweltschutzgesetzes betrifft folgende Themen:

  • Umweltinformation
  • umweltgefährdende Stoffe
  • umweltgefährdende Organisme
  • Abfälle
  • Bodenschutz
  • Lenkungsabgaben
  • Förderung der Entwicklung von Umweltschutztechnologien
  • Haftpflicht
  • Behördenbeschwerde.

Verhandlungen

SR 02.06.1994 AB 1994, 460
NR 13.-15.06.1995 AB 1995, 1245, 1290, 1310
SR 19.09.1995 AB 1995, 830

Die ständerätliche Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie versuchte gemäss ihrem Berichterstatter Schüle (R, SH) in der Vorlage die Eigenverantwortung des einzelnen und der Wirtschaft zu stärken, ihr Innovationspotential zu nutzen und das partnerschaftliche Zusammenwirken zu fördern. Die Wirtschaftsförderung habe dazu festgestellt: "Die Kommission hat die Vorlage wirtschaftsverträglicher gemacht". Der Ständerat folgte seiner Kommission bzw. der Kommissionsmehrheit. Neu aufgenommen wurde Artikel 38bis, der ausdrücklich eine Zusammenarbeit von Bund und Organisationen der Wirtschaft beim Vollzug des Umweltschutzgesetzes vorschreibt. In der Frage der Lenkungsabgaben auf Dünger und Pflanzenbehandlungsmitteln wollte der Bundesrat mit einer Kann-Formulierung die Kompetenz für eine Einführung. Der Ständerat lehnte aber eine Gesetzgebung auf Vorrat ab und strich den entsprechenden Artikel 35c. Der Bundesrat wurde aber mittels einer Motion (Motion der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie-SR 94.3005) beauftragt, die Sache zu prüfen und falls sich in Zukunft ein Bedarf zeigen würde, einen neuen Gesetzesvorschlag zu unterbreiten.

Baumberger (C, ZH), Berichterstatter der nationalrätlichen Kommission, wies darauf hin, dass letztlich Ökologie auch Langzeitökonomie darstelle. Vorschriften im Umweltbereich seien weiterhin unverzichtbar; sie müssten aber durch vermehrte Eigenverantwortung und Zusammenwirken mit den Betroffenen ergänzt werden. Nach einer ausführlichen Eintretensdebatte lehnte der Nationalrat einen Rückweisungsantrag von Scherrer (A, BE) mit 143 gegen 11 Stimmen ab. In der Detailberatung wurde ein neuer Weg des Vorgehens eingeschlagen: statt einen Artikel nach dem andern zu beraten, wurde die grundlegende Revision des Umweltschutzgeseztes in Themenbereiche gegliedert. Besonders lange diskutiert wurde über den Bereich Gentechnologie. Verschiedene Anträge von Kommissionsminderheiten wollten erreichen, dass der neuen Technologie Schranken gesetzt und möglichst grosse Transparenz über ihre Verwendung geschaffen werde. Kommissionssprecher Wick (C, BS) hielt dem entgegen, dass jetzt das Umweltschutzgesetz revidiert und kein Gentechgesetz gemacht werde. Die Mehrheit des Rates lehnte alle Minderheitsanträge ab. Gleichzeitig wurde aber eine Kommissionsmotion (95.3072) überwiesen, die innert drei Jahren eine Botschaft zur Umsetzung von Art. 24novies Abs. 3 Bundesverfassung verlangt. Gemäss dieser Bestimmung erlässt der Bund Vorschriften über den Umgang mit Keim- und Erbgut von Tieren, Pflanzen und anderen Organismen. Er trägt dabei insbesondere der Würde der Kreatur Rechnung. Bei den Themen Abfälle und Bodenschutz fanden mehrere Minderheitsanträge die Unterstützung des Plenums (regionale grenzüberschreitende Vereinbarungen, keine Bundesvorschriften über die Sanierung belasteter Standorte und kantonale Vorschriften bezüglich physikalischer Belastungen des Bodens). Die Einführung von Lenkungsabgaben wurde gegen den Widerstand von Scherrer (A, BE) grundsätzlich beschlossen; wie der Ständerat verzichtete auch der Nationalrat vorläufig auf Lenkungsabgaben in der Landwirtschaft. Bei den Bestimmungen über die Haftpflicht verankerte der Rat gegen den Willen der Bundesrätin eine Bestimmung, wonach ein Unternehmen von der Haftpflicht befreit wird, falls der Schaden erst später eintritt und zum Zeitpunkt der Einwirkungen noch nicht erkannt werden konnte. Die vom Ständerat beschlossene Förderung von Umwelttechnologien wurde wieder gestrichen. In der Gesamtabstimmung herrschte keine Euphorie: mit 63 gegen 24 Stimmen, bei 31 Enthaltungen, wurde das Gesetz verabschiedet.

In verschiedenen Bereichen hielt der Ständerat an seinen Beschlüssen fest. So soll im Gentechnologiebereich eine Gefährdungshaftung und nicht eine Verschuldenshaftung gelten, der Bund soll den Kantonen Vorschriften zur Sanierung ihrer Abfall-Deponie-Altlasten und zum Bodenschutz machen und Umwelttechnologien finanziell fördern können. Bei den Lärmschutzmassnahmen entlang des Strassennetzes beliess der Ständerat mit 17 zu 10 Stimmen den Beitragssatz aus der Treibstoffkasse tiefer als der Nationalrat. Mit der Motion der grossen Kammer zur Würde der Kreatur zeigte sich hingegen auch die kleine Kammer einverstanden indem sie sie dem Bundesrat überwies.

Legislaturrückblick 1991-1995 - © Parlamentsdienste Bern

 

Hauptinhaltverzeichnis
Inhaltverzeichnis des aktuellen Kapitels Index Inhaltverzeichnis des folgenen Kapitels
Rückkehr zum SeitenbeginnRückkehr zum Seitenbeginn

HomeHome