Rückblick auf die 44. Legislaturperiode |
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13. Gesundheitspolitik
91.071 |
Krankenversicherung. Revision
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Assurance-maladie. Révision
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Botschaft: 06.11.1991 (BBl 1992 I, 93 / FF 1992 I, 77)
Ausgangslage
Das erste Bundesgesetz über die Krankenversicherung von
1911 hatte einzig im Jahre 1964 eine bedeutende Teilrevision erfahren. Seither scheiterten
mehrere Volksinitiativen und Gesetzesänderungen in der Volksabstimmung. Der Bundesrat
stellt in einem neuen Anlauf zur Lösung der drängenden Probleme im
Krankenversicherungsbereich die Verstärkung der Solidarität in den Vordergrund. Die
Prämienunterschiede nach Eintrittsalter, nach Geschlecht und die Sonderprämien in
Kollektivverträgen sollen aufgehoben werden. Zudem soll die volle Freizügigkeit für
alle Versicherten eingeführt werden. Die Beiträge der öffentlichen Hand (Bund und
Kantone) sollen gezielt zur Prämienverbilligung eingesetzt werden. Diese Massnahmen
erforden laut Bundesrat die Einführung eines Versicherungsobligatoriums. Einen zweiten
Schwerpunkt bilden die Massnahmen zur Eindämmung der Kosten. Hierzu sieht der Entwurf
Einschränkungen sowohl bei der Nachfrage als auch bei den Leistungserbringern vor.
Schliesslich sollen in einigen ausgewählten Bereichen die Leistungen ausgebaut werden
(Beispiel: Spitex).
Verhandlungen
SR |
16.-17.12.1992 |
AB 1992, 1271 |
NR |
30.09./05.-07.10.1993 |
AB 1993, 1725 |
SR |
15.12.1993 |
AB 1993, 1047 |
NR |
28.02.-01.03.1994 |
AB 1994, 14 |
SR |
07.03.1994 |
AB 1994, 89 |
NR |
15.03.1994 |
AB 1994, 357 |
SR |
17.03.1994 |
AB 1994, 308 |
NR |
17.03.1994 |
AB 1994, 493 |
SR / NR |
18.03.1994 |
Schlussabstimmungen (35:1 / 124:38) |
Bei den gewichtigsten Neuerungen folgte der Ständerat
den Vorschlägen der Regierung. Die Haltung der Mehrheit kam im Votum von Beerli (R, BE)
zum Ausdruck: "Wir dürfen nicht an den Grundfesten rütteln und namentlich keine
weiteren Schritte hin zur Verstaalichung tun. Die heute zur Beratung anstehende Vorlage
baut auf Bewährtem auf, enthält aber dort, wo es nötig ist, um Missstände zu
beseitigen, auch grundlegende Neuerungen." Die Ratslinke bedauerte die Beibehaltung
der ihrer Ansicht nach unsozialen Kopfprämien, die Ausklammerung der Zusatzversicherungen
sowie den Verzicht auf eine obligatorische Taggeldversicherung. Dennoch wurde der - in
anderen Punkten abgeänderte - Entwurf als tragfähiger Kompromiss betrachtet und
schliesslich in der Gesamtabstimmung einstimmig verabschiedet.
Der Nationalrat folgte in den Grundfragen Bundes-
und Ständerat. In vielen Einzelfragen wurde lange in und zwischen den zwei Kammern
gerungen. Im Nationalrat wurden beispielsweise Ergänzungen im Sinne der Vorschläge der
Kartellkommission aufgenommen. So sollen wettbewerbshindernde Bestimmungen in
Verbandsstatuten, Standesregeln und Tarifverträgen ausdrücklich verboten werden. Der
Nationalrat brachte auch das Element der Gesundheitsförderung und der
Krankheitsverhütung in die Vorlage ein.
Nach der Beratung im Nationalrat waren 75 Differenzen
entstanden, die bereinigt werden mussten. Besonders umstritten war die Regelung der
Prämienverbilligungen. Der Ständerat berücksichtigte dabei die Opposition der Kantone
gegen die ihnen von der Regierung auferlegte Verpflichtung zur Mitfinanzierung der
Verbilligungsbeiträge. Der Nationalrat entwickelte daraufhin ein abgestufteres Modell der
finanziellen Beteiligung der Kantone. Er räumte den Kantonen überdies grösstmögliche
Freiheit bei der Ausgestaltung des Prämienverbilligungssystems ein. Ein "Streit um
Worte" (Kommissionsprecherin Segmüller) entstand bei der Frage der Anerkennung
komplementär-medizinischer Methoden. Auch bei der Diskussion, ob Psychotherapeuten und
Physiotherapeutinnen ausdrücklich im Gesetz genannt werden sollten, wurde nicht um deren
grundsätzliche Anerkennung gerungen, sondern um die genaue Formulierung im Gesetzestext.
Um der kleinen Kammer entgegenzukommen, verzichtete die grosse Kammer auf das Instrument
der Globalbudgetierung im ambulanten Bereich und stimmte zu, dass für ausserordentliche
Lagen ein Tarif- und Preisstopp eingeführt werden kann. Als letzter strittiger Punkt
wurde - gemäss Vorschlag der Einigungskonferenz - die Selbstdispensation von Medikamenten
durch die Ärzte und Ärztinnen den kantonalen Regelungen überlassen.
Vor der Schlussabstimmung erklärten Borer (A, SO) namens
der Autopartei und Hafner (G, BE) in seinem persönlichen Namen, dass sie ein Referendum
unterstützen würden.
In der Volksabstimmung vom 04.12.1994 wurde das Gesetz mit
51,8% Ja-Stimmen angenommen (siehe Anhang G).
Legislaturrückblick 1991-1995 - © Parlamentsdienste Bern
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