Die Umweltkommission des Ständerates hat beschlossen, nicht auf den indirekten Gegenentwurf zur Biodiversitätsinitiative einzutreten. Die Schweiz verfüge bereits über ausreichend Flächen, um dem Biodiversitätsrahmenwerk von Kunming-Montreal nachzukommen. Ein Gegenentwurf mit einem «Swiss Finish» sei unnötig.

Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates (UREK-S) hat mit 6 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung beschlossen, nicht auf den indirekten Gegenentwurf des Bundesrates (22.025) einzutreten. Die Kommissionsmehrheit ist der Überzeugung, in der Schweiz bestünden die Voraussetzungen bereits, um ausreichend Flächen mit besonderer Bedeutung für die Biodiversität festzulegen. Damit könne das globale Ziel 3 des Übereinkommens von Kunming-Montreal (Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework), bis 2030 mindestens 30 Prozent Flächen für den Schutz und die Förderung der Biodiversität zu sichern, auch in der Schweiz weitgehend erfüllt werden. Die Mehrheit der Kommission erachtet es als unnötig, mittels eines indirekten Gegenentwurfs zusätzliche rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Sie kritisiert zudem, der vom Bundesrat vorgelegte Entwurf gehe teilweise über die Forderungen der Volksinitiative hinaus. Sie befürchtet, dass die Nutzungsinteressen – insbesondere beim Ausbau der Energieproduktion – nicht ausreichend berücksichtigt werden können. Die Initiative solle ohne Gegenentwurf dem Volk zur Diskussion und zur Abstimmung vorgelegt werden, ist die Kommissionsmehrheit der Auffassung.

Die Kommissionsminderheit hingegen unterstreicht den Handlungsbedarf und erachtet es als notwendig, mit einem indirekten Gegenentwurf die rechtlichen Grundlagen und die Finanzierung für den Schutz und die Förderung der Biodiversität festzulegen. Die Biodiversitätskrise sei im Bewusstsein der Bevölkerung angekommen. Es sei wichtig, rasch und gezielt zu handeln. Der vorliegende Entwurf zu einer Gesetzesänderung sorge für die nötigen Rahmenbedingungen.

Detailberatung zum CO2-Gesetz schreitet voran

Die Kommission hat die Detailberatung zum CO2-Gesetz aufgenommen (22.061), mit dem Ziel, die Vorlage in der Sommersession 2023 in den Ständerat zu bringen. Über ihre Entscheide wird die Kommission nach Abschluss der Detailberatung kommunizieren, voraussichtlich Mitte Mai 2023.

Klimapolitische Instrumente im Flugverkehr

Mit 5 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen hat die Kommission beschlossen, der Standesinitiative 22.306 des Kantons Zürich keine Folge zu geben. Die Initiative mit dem Titel «Einführung einer wirksamen Kerosinsteuer» fordert den Bund dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass Kerosin im europäischen Flugverkehr zukünftig besteuert wird. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die Besteuerung von Kerosin global – statt nur europäisch – koordiniert werden müsste. Sie bevorzugt andere, schneller realisierbare Ansätze, um die Auswirkungen der Luftfahrt auf das Klima zu senken. Insbesondere prüft sie im Rahmen der aktuellen Revision des CO2-Gesetzes eine Beimischquote für erneuerbare Flugtreibstoffe. Eine Minderheit beantragt, der Standesinitiative Folge zu geben.

CO2-Grenzausgleichsmechanismus

Die Kommission stimmt dem Beschluss der UREK-N zu, entsprechend der parlamentarischen Initiative 21.432 die gesetzlichen Grundlagen für einen CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) zu schaffen. Diesen Entscheid hat die Kommission mit 8 zu 4 Stimmen gefällt. Ihrer Ansicht nach besteht Handlungsbedarf, da ansonsten eine Verlagerung der Schweizer Stahl- und Zementproduktion in Länder mit laschen Klimaschutzvorschriften droht. Insbesondere mit Blick auf die EU, die ab Oktober 2023 schrittweise einen CO2-Grenzausgleichsmechanismus einführt, müsse die Schweiz rasch Klarheit für ihre CO2-intensiven Sektoren schaffen. Die Kommission erwartet, dass die UREK-N den für Juni 2023 angekündigten Bericht zum Postulat 20.3933 als Grundlage für ihre weiteren Arbeiten nutzt.

Alarmierung der Bevölkerung mittels «Cell Broadcast»

Die Kommission hat einstimmig eine Motion zur Alarmierung der Bevölkerung bei Naturkatastrophen (21.4152) angenommen. Diese Motion verlangt, eine gesetzliche Grundlage für die Einführung der «Cell Broadcast»-Technologie zu schaffen, mit welcher Warnungen automatisch an jedes Mobiltelefon gesendet werden können, das sich im betroffenen Gebiet befindet. Das aktuelle System zur Alarmierung der Schweizer Bevölkerung beruht auf einem Sirenennetz und auf der Verbreitung von Alarmmeldungen über das Radio und die App «Alertswiss». Mittels «Cell Broadcast» könnten alle Mobiltelefonbesitzerinnen und -besitzer im betroffenen Gebiet alarmiert werden – auch Touristinnen und Touristen. Die Kommission möchte, dass bei der Umsetzung der Motion besonders auf die Koordination mit bestehenden Systemen geachtet wird.

Eindolungen im Landwirtschaftsgebiet

Laut Gewässerschutzgesetz dürfen Fliessgewässer nicht eingedolt werden. Die Kantone können jedoch Ausnahmen gewähren, wenn es um den Ersatz bestehender Eindolungen geht. Ein Ersatz ist unter anderem dann zulässig, wenn eine offene Wasserführung für die landwirtschaftliche Nutzung erhebliche Nachteile mit sich bringen würde. Die Kommission hat sich mit der Frage befasst, ob diese Ausnahmebestimmung genügend Spielraum lässt, um pragmatische Lösungen mit der Landwirtschaft zu finden. Die zwei dazu in Auftrag gegebenen Berichte sind publiziert (19.4561 > Öffentliche Kommissionsunterlagen). Die Kommission kommt zum Schluss, dass den Bedürfnissen der Landwirtschaft ausreichend Rechnung getragen werden kann und es deshalb keine Gesetzesänderung braucht.

Die Kommission hat am 20./21. März 2023 unter dem Vorsitz von Ständerätin Adèle Thorens Goumaz (G, VD) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Albert Rösti in Bern getagt.