Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N) begrüsst grundsätzlich die vom Bundesrat vorgeschlagene Perspektive Bahn 2050. Sie fordert jedoch eine ehrgeizigere und mutigere Weiterentwicklung des Bahnverkehrs, die auch den Fernverkehrsachsen und insbesondere einer leistungsfähigen Ost-West-Verbindung Rechnung trägt. Sie hat daher mit 15 zu 5 Stimmen bei 3 Enthaltungen eine Kommissionsmotion (22.4258) beschlossen, die verlangt, dass sich der Bundesrat verstärkt auf die Realisierung und Vollendung des «Verkehrskreuz Schweiz» konzentrieren soll. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Entwicklung des Schienenverkehrs für die Mobilität und die Umwelt von wesentlicher Bedeutung ist. Die Perspektive Bahn 2050 soll daher, neben den erfassten Prioritäten, den Fokus stärker auf die Fertigstellung und den Ausbau aller für den Fernverkehr notwendigen Abschnitte auf der Nord/Süd- und der Ost/West-Achse richten. Ausserdem hat die KVF mit 14 zu 6 Stimmen bei 3 Enthaltungen eine Kommissionsmotion Rasche Gewährleistung einer ausgewogenen, leistungsfähigen und attraktiven Ost-West-Achse der Bahn (22.4257) beschlossen, welche den Bundesrat beauftragt, bis 2026 Massnahmen vorzuschlagen, um spätestens bis zum Ende des Jahrzehnts mit der Umsetzung von neuen Bahnstrecken zur Verkürzung der Reisezeiten zwischen Lausanne und Bern sowie zwischen Winterthur und St. Gallen zu beginnen. Eine Motion, die in die gleiche Richtung zielt, hatte Anfang September auch die KVF des Ständerates beschlossen. Beide Kommissionsmotionen werden voraussichtlich in der Wintersession vom Nationalrat behandelt.
Weiter hat die Kommission mit 17 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen der parlamentarischen Initiative Fluri. Faire Teilnahme der SRG am audiovisuellen Produktionsmarkt (22.415) Folge gegeben. Mit dieser wird verlangt, dass die SRG gegenüber der unabhängigen audiovisuellen Industrie der Schweiz stärker in die Pflicht genommen wird. Um für dieses Ziel verbindliche Regelungen in der Branchenvereinbarung treffen zu können, bedarf es vor dem Hintergrund des Wettbewerbsrechts einer gesetzlichen Grundlage. Nachdem die von den Räten angenommene Motion Fluri 16.4027 vom Bundesrat immer noch nicht umgesetzt worden ist, erachtet die Kommission die Ausarbeitung einer eigenen Vorlage als angezeigt. Mit einer solchen Gesetzesänderung möchte sie insbesondere die Verhandlungsposition der privaten Verbände gegenüber der SRG stärken. Dadurch soll den audiovisuellen Unternehmen auch eine bessere Planungssicherheit ermöglicht werden.
Die KVF-N hat ebenfalls mit der Beratung einer Anpassung des Schwerverkehrsabgabegesetzes (22.059) begonnen und ist dabei ohne Gegenstimmen auf die Vorlage eingetreten. Mit dieser soll ermöglicht werden, das Erhebungssystem, das 2024 sein technisches Ende erreicht, zu erneuern und zu modernisieren. Ebenfalls soll mit der Vorlage die Möglichkeit geschaffen werden, Dienstleistungsanbieter für die Erfassung der gefahrenen Kilometer zuzulassen. Die Kommission begrüsst insbesondere, dass die Angleichung an den europäischen Dienst zur elektronischen Erhebung von Strassenbenützungsgebühren die inländischen Transportunternehmen administrativ entlasten dürfte. Die KVF-N wird an ihrer nächsten Sitzung mit der Detailberatung fortfahren. Bis dahin hat sie das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) mit zusätzlichen Abklärungen, insbesondere betreffend die finanziellen Auswirkungen, beauftragt.
Bei der Änderung des Personenbeförderungsgesetzes (21.039) bestehen noch zwei Differenzen zwischen den beiden Räten. In Art. 35a wollte der Ständerat Unternehmen unter gewissen Voraussetzungen die Verrechnung von Marktpreisen erlauben und in Art. 36 die Zuweisung eines allfälligen Gewinns an die Reserven neu regeln. Die KVF-N beantragt ihrem Rat in beiden Fällen mit 17 zu 7 Stimmen an der Version des Bundesrates festzuhalten, da im Nachgang zu den Subventionsbetrugsfällen im öffentlichen Verkehr nun klare und einfache Regeln nötig sind. Bei den Bestimmungen zu den Reserven im Ortsverkehr (Art. 36 Abs. 2) beantragt die Kommission einstimmig, die entsprechende Kompetenz ausschliesslich bei den Kantonen zu belassen. Der Abschluss der Differenzbereinigung ist für die Wintersession 2022 vorgesehen.
Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 16 zu 9 Stimmen, der parlamentarischen Initiative Prezioso. Fördern wir die Gratisbenützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Gemeinde- oder Kantonsebene (22.411), keine Folge zu geben. Die Kommissionsmehrheit lehnt den mit einer Verfassungsänderung geforderten Paradigmenwechsel ab und möchte am Grundsatz der angemessenen Konsumentenpreise festhalten. Sie kritisiert ausserdem das Ausbleiben eines Lösungsvorschlages zur Finanzierung der entstehenden Mehrkosten und verweist auf die bereits bestehenden wie auch sich in Planung befindenden tariflichen Vergünstigungen. Eine Minderheit sieht die parlamentarische Initiative als erforderliche klimapolitische Massnahme, welche ausserdem die Rechtsklarheit verbessert.
Den gleichen Entscheid, ihrem Rat zu beantragen, keine Folge zu geben, hat die Kommission mit 16 zu 7 Stimmen bezüglich die parlamentarische Initiative Pasquier-Eichenberger. In der Werbung für Motorfahrzeuge auf Alternativen aufmerksam machen (22.436) getroffen. Die KVF-N ist der Ansicht, dass in diesem Bereich Eingriffe in die Werbefreiheit nicht zielführend sind und erachtet das Anliegen der parlamentarischen Initiative nicht als eine staatliche Aufgabe. Eine Minderheit erachtet die Werbevorschriften als ein zielführendes Instrument, um eine Änderung im Kauf- und Konsumverhalten im Bereich der Mobilität zu fördern.
Im Rahmen einer Anhörung hat sich die KVF-N vom Direktor des Verbandes öffentlicher Verkehr (VöV) zur Zukunft des öffentlichen Verkehrs nach der Pandemie informieren lassen.
Des Weiteren hat sich die Kommission von der Verwaltung über die nächsten Schritte zur nachhaltigen Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur und insbesondere die Ersatzabgabe für Fahrzeuge mit alternativem Antrieb auf den neusten Stand setzen lassen.
Schliesslich hat sie mit der Verwaltung einen Austausch über die Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur des Service public in einer Energiemangellage geführt.