Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats schickt Vorschläge zu einer Revision des Sexualstrafrechts in die Vernehmlassung. Vorgeschlagen werden diverse Anpassungen der geltenden Strafrahmen sowie Änderungen bei den Tatbeständen, also der Umschreibung des strafbaren Verhaltens, namentlich bei der Vergewaltigung. Neu soll auch das Anbahnen von sexuellen Kontakten mit Kindern explizit mit Strafe bedroht werden. Weiter wird die Schaffung eines Tatbestands des «sexuellen Übergriffs» vorgeschlagen.

Auf Antrag seiner vorberatenden Kommission für Rechtsfragen (RK-S) und der Vorsteherin des EJPD hat der Ständerat am 9. Juni 2020 entschieden, die Bestimmungen zum Sexualstrafrecht aus der hängigen Vorlage zur Harmonisierung der Strafrahmen (18.043) zu streichen, damit sie im Rahmen eines separaten Entwurfs von den Räten beraten werden können. Die RK-S hat die Verwaltung anschliessend damit beauftragt, eine Vernehmlassungsvorlage zum Sexualstrafrecht auszuarbeiten, welche verschiedene punktuelle Revisionsanliegen aufnehmen und diese im Rahmen einer Gesamtschau im geltenden Strafrecht verankern soll. Die Kommission hat auf dieser Grundlage an ihrer Sitzung vom 28. und 29. Januar 2021 entschieden, zu diesen Vorschlägen eine Vernehmlassung durchzuführen. Sie hat bewusst darauf verzichtet, die einzelnen Vorschläge bereits vertieft zu diskutieren, damit die Vernehmlassung möglichst breit und ergebnisoffen durchgeführt werden kann.

Die Vernehmlassungsvorlage stellt einen neuen Grundtatbestand des sexuellen Übergriffs zur Debatte (Art. 187a StGB). Der Grundgedanke der neuen Bestimmung ist es, den entgegenstehenden Willen von sexuell mündigen Opfern zu schützen. Mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe kann demnach jemand bestraft werden, der gegen den Willen einer Person eine sexuelle Handlung an dieser vornimmt oder von ihr vornehmen lässt. Sind die sexuellen Handlungen mit Nötigung oder dem Ausnützen einer Notlage oder Abhängigkeit verknüpft oder wird ein urteils- oder widerstandsunfähiges Opfer missbraucht, werden diese weiterhin von den geltenden Tatbeständen erfasst (Art. 188 ff. StGB). Geringfügige Übergriffe werden auch in Zukunft als sexuelle Belästigungen bestraft.

Ausserdem wird eine Ausweitung des Begriffs der Vergewaltigung zur Diskussion gestellt, damit neu auch bestimmte beischlafsähnliche Handlungen unter den Begriff fallen und vom Tatbestand von Artikel 190 StGB erfasst werden können. In der Vernehmlassungsvorlage findet sich jedoch kein Vorschlag, der die in der Öffentlichkeit als «Zustimmungslösung» diskutierte Variante aufnimmt.

In der Vorlage wird zudem ein neuer Tatbestand für das Anbahnen von sexuellen Kontakten mit Kindern («cybergrooming») zur Diskussion gestellt. So soll ein neuer Art. 197a StGB es zukünftig ermöglichen, dass Vorbereitungshandlungen mit einer Geldstrafe bestraft werden können. Für sexuelle Handlungen mit Kindern unter 12 Jahren soll strafverschärfend für bestimmte Tatbestandsvarianten neu eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr gelten. Auf der anderen Seite wird vorgeschlagen, dass das Herstellen, das Weiterleiten und der Besitz von pornographischem Material unter Jugendlichen in Zukunft unter gewissen Umständen straflos bleiben kann, damit sie nicht unnötig kriminalisiert werden.

Das Vernehmlassungsverfahren dauert bis zum 10. Mai 2021. Die Parlamentsdienste werden bei der Durchführung der Vernehmlassung vom Bundesamt für Justiz unterstützt. Die Stellungnahmen sind in elektronischer Form einzureichen (christine.hauri@bj.admin.ch).

Die Vernehmlassungsunterlagen können auf der Website der Bundesversammlung und jener der allgemeinen Bundesverwaltung abgerufen werden.