Die Kommission hat eine erste Lesung der Änderung des AHVG zur Reform der Hinterlassenenrenten (24.078) durchgeführt. Sie ist dabei weitgehend dem Entwurf des Bundesrates gefolgt, will den Erhalt einer Hinterlassenenrente aber weiterhin an den Zivilstand knüpfen (mit 16 zu 9 Stimmen). Demnach sollen Witwen oder Witwer eine Rente erhalten, sofern sie zum Zeitpunkt des Todes ihres Ehegatten Kinder haben, die jünger als 25 Jahre alt sind. Geschiedene Personen mit Kindern sind ihnen gleichgestellt, sofern sie nicht wieder geheiratet haben. Die Rente erlischt, wenn die verwitwete Person wieder geheiratet oder sie das AHV-Alter erreicht hat, oder wenn das jüngste Kind 25 Jahre alt geworden ist. Der Entwurf des Bundesrates sieht dagegen vor, dass die Renten unabhängig vom Zivilstand ausgerichtet werden. Aus Sicht der Kommission sollen die Hinterlassenenleistungen nur Ehepaaren vorbehalten bleiben, so lange andere zivilstandsabhängige Regelungen in der AHV weiter bestehen. Eine Minderheit beantragt, dass Hinterlassenenrenten wie vom Bundesrat vorgeschlagen auch unverheirateten Eltern zukommen sollen. Dies entspräche der gesellschaftlichen Entwicklung.
Zusätzlich hat die Kommission den Entwurf des Bundesrates punktuell ergänzt. So sollen die Mindestrenten für Witwen- und Witwer wie auch für Waisen erhöht werden, sofern die verstorbene Person mindestens fünf Jahre Beiträge geleistet hat (mit 13 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen). Zudem sollen die Hinterlassenenleistungen der ersten und zweiten Säule nicht mehr in das steuerbare Einkommen für die Familienzulagen von nichterwerbstätigen Personen einberechnet werden (mit 16 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung). Minderheiten lehnen diese Ergänzungen ab.
Bei den restlichen Anpassungen schliesst sich die Kommission dem Entwurf des Bundesrates an. Namentlich soll neu eine auf zwei Jahre befristete Übergangsrente eingeführt werden für Personen, deren Kinder schon über 25 Jahre alt sind zum Zeitpunkt der Verwitwung. Laufende Renten von über 55-Jährigen sollen nicht von der Reform betroffen sein. Bei unter 55-Jährigen soll die laufende Witwen- oder Witwerrente ausbezahlt werden, bis das jüngste Kind 25 Jahre alt geworden ist oder bis zwei Jahre nach Inkrafttreten der Reform. Zusätzlich sieht die Vorlage spezifische Regelungen für verwitwete Personen vor, die erwachsene Kinder betreuen oder die armutsgefährdet sind.
Insgesamt neun Minderheiten beantragen weitergehende Leistungen, als dies der Entwurf des Bundesrats vorsieht. Sie beantragen etwa, dass die Witwen- und Witwerrenten sowie die Übergangsrenten länger bezahlt und keine laufenden Renten eingestellt werden. Weitere Minderheiten sehen Übergangsregelungen für Frauen vor, die kurz nach Inkrafttreten der Reform verwitwen, sowie eine Erweiterung der Übergangsrente auf verwitwete Personen ohne Kinder.
Da diese Neuausrichtung der Hinterlassenenrenten komplex ist, wird die Kommission eine zweite Lesung durchführen. Sie wird dann auch entscheiden, ob sie die Vorlage mit Anpassungen beim Ehepaarplafonds, beim Verwitwetenzuschlag, bei der Beitragsbefreiung oder bei den Alterskinderrenten ergänzt und die Vorlage als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Ja zu fairen AHV-Renten auch für Ehepaare» (25.035) präsentieren will. Die Volksinitiative wird die Kommission erst wieder behandeln, wenn mehr Klarheit über einen allfälligen indirekten Gegenvorschlag besteht. Da das Anliegen der pa. Iv. Amaudruz (24.407) in diese Diskussionen aufgenommen wird, beantragt die Kommission, ihr keine Folge zu geben (mit 15 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen).
Als Grundlage für die zweite Lesung hat die Kommission die Verwaltung beauftragt, die finanziellen Konsequenzen ihrer Beschlüsse zu schätzen. Zudem soll sie abklären, wie allfällige, durch die Vorlage erzielte Einsparungen für eine Verbesserung der Erziehungs- und Betreuungsgutschriften verwendet werden können und wie sich eine Reduktion des Verwitwetenzuschlags auswirken würde.
Kommission stimmt der Ausarbeitung eines Entwurfs zur Einführung eines Elternurlaubs zu
Nach ihrer Schwesterkommission hat nun auch die SGK-N grünes Licht für die Ausarbeitung eines Entwurfs zur Einführung eines Elternurlaubs auf Bundesebene gegeben. Sie hat den diesbezüglichen Standesinitiativen der Kantone Genf (24.301) und Jura (24.310) mit 15 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung bzw. mit 14 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung Folge gegeben. Die Kommission anerkennt, dass gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, um den gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen sowie die Gleichstellung der Geschlechter und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern. Die allgemein und offen gehaltenen Formulierungen der beiden Standesinitiativen lassen den nötigen Handlungsspielraum für die Ausarbeitung einer pragmatischen, dauerhaften und politisch mehrheitsfähigen Lösung. Nach der Zustimmung der beiden Kommissionen werden die Initiativen nun entweder der SGK-S oder der SGK-N zur Ausarbeitung eines Erlassentwurfs zugewiesen. Die SGK-N hat sich in der Beratung mit 15 zu 9 Stimmen dafür ausgesprochen, eine Lösung zu suchen, die auf eine Flexibilisierung statt auf eine Ausdehnung des bestehenden Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaubs abstellt. Die Einführung eines Mindestelternurlaubs auf Bundesebene muss in ihren Augen damit einhergehen, dass den Kantonen die Kompetenz eingeräumt wird, grosszügigere Lösungen vorzusehen.
Die Standesinitiativen der Kantone Wallis (24.305) und Tessin (24.311) erachtet die Kommission als zu einschränkend, weshalb sie ihrem Rat mit 15 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung bzw. mit 16 zu 6 Stimmen bei 2 Enthaltungen beantragt, diesen keine Folge zu geben. Im Rahmen ihrer Beratungen hat sie Kenntnis genommen vom Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats SGK-N «Volkswirtschaftliches Gesamtmodell (Kosten-Nutzen) von Elternzeitmodellen» (21.3961).
Verlängerung der Kurzarbeitsentschädigung zur Sicherung von Arbeitsplätzen
Mit 15 zu 8 Stimmen hat die Kommission der Initiative ihrer Schwesterkommission (25.441) zugestimmt, die dem Bundesrat die Kompetenz geben will, die Höchstbezugsdauer der Kurzarbeitsentschädigung von derzeit 18 auf 24 Monate zu verlängern. Die Schwesterkommission kann somit eine Vorlage ausarbeiten, um namentlich Unternehmen in der Schweizer Tech-Industrie und deren Zulieferer zu unterstützen, die seit zwei Jahren unter konjunkturellen Schwächen leiden und bereits Kurzarbeit eingeführt haben. Einige dieser Unternehmen erreichen bald die aktuelle Höchstbezugsdauer, wodurch zahlreiche Arbeitsplätze gefährdet sind. Die Kommission möchte es Unternehmen mit einer gezielten Anpassung des bewährten Instruments der Kurzarbeit ermöglichen, die schwierige Phase ohne Personalabbau oder gar Massenentlastungen zu bewältigen.
Weitere Geschäfte
Die Kommission ist auf ihren Vorentwurf zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative Hurni «Keine überhöhten Entschädigungen für die leitenden Organe von Krankenkassen zulasten der Versicherten» (21.453) zurückgekommen. Sie hat mit 14 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschlossen, den ursprünglich nur für die Mitglieder der leitenden Organe der KVG-Versicherer vorgesehenen Lohndeckel auf alle Entschädigungen zu erweitern, die durch die OKP finanziert werden. Sie hat die Bundesverwaltung um zusätzliche Informationen ersucht und möchte die Details dieser Erweiterung an ihrer Juli-Sitzung festlegen. Da aus diesem Grund das Vernehmlassungsverfahren verschoben werden muss, beantragt die SGK-N ihrem Rat mit 21 zu 4 Stimmen, die Frist für die Behandlung der Initiative zu verlängern.
Die Kommission hat mit 18 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschlossen, eine Subkommission mit den Arbeiten in Umsetzung der pa. Iv. Jost «Palliative Pflege. Finanzierung klären» (24.454) zu betrauen. Bei der Erarbeitung eines Erlassentwurfs soll die Subkommission die Arbeiten von Bundesrat und Verwaltung sowie der Fachgesellschaft palliative.ch und auch Erkenntnisse aus der Forschung und aus anderen Ländern berücksichtigen. Mit einer Subkommission soll rasch eine Lösung gefunden werden, um die seit langem bestehenden Fehlanreize und Finanzierungslücken zu beseitigen und so die Leistungen der Palliative Care zu sichern.
Die Kommission hat von der ablehnenden Stellungnahme des Bundesrates zu ihrer Vorlage in Umsetzung der pa. Iv. Grossen Jürg. Selbstständigkeit ermöglichen, Parteiwillen berücksichtigen (18.455) Kenntnis genommen. In der Sommersession wird der Nationalrat über die Vorlage befinden.
Die Kommission beantragt einstimmig, die pa. Iv. Roth Pasquier «Unverzüglich das Sparpotenzial der von Apothekerinnen und Apothekern erbrachten Leistungen nutzen» (20.457) abzuschreiben, da das Anliegen im zweiten Kostendämpfungspaket aufgenommen worden ist.
Die Kommission hat mit 14 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung eine Kommissionsmotion (25.3533) eingereicht, die den Bundesrat beauftragt, vorzusehen, dass es spätestens nach 15 Sitzungen einer psychologischen Psychotherapie einer Kostengutsprache der Krankenversicherung und somit einer Beurteilung durch die anordnende ärztliche Fachperson bedarf. Auf diese Weise sollen die Kosten zulasten der OKP eingedämmt werden, die seit dem Wechsel zum Anordnungsmodell und der (provisorischen) Einführung eines höheren Tarifs kontinuierlich gestiegen sind. Die SGK-N hat sich zudem von der Verwaltung über den Stand der Tarifverhandlungen in diesem Bereich informieren lassen, die seit der Einführung des Anordnungsmodells im Sommer 2022 laufen. Sie drängt auf eine möglichst rasche Lösung.
Mit 17 zu 8 Stimmen beantragt die Kommission die Annahme der Motion SGK-S «Kostenübernahme für Gebärdensprachdolmetschleistungen im Gesundheitswesen»(25.3013). Sie bedauert, dass sich die Tarifpartner in dieser Sache nicht einigen können, und ist der Auffassung, dass es rasch einheitliche Kriterien für die Übernahme der Kosten dieser Leistungen im ambulanten Bereich braucht.
Mit 12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung hat die Kommission beschlossen, ein Postulat (25.3534) einzureichen, welches den Bundesrat beauftragt, eine zielgerichtete Lösung für die Existenzsicherung von IV-Beziehenden zu prüfen.
Im Weiteren hat die Kommission eine Delegation der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften (SAMW) und des Consortiums ETHICH eingeladen, ihr das Positionspapier «Umweltbewusste Gesundheitsversorgung in der Schweiz» vorzustellen.
Darüber hinaus hat sich die Kommission von einer Vertretung der Eidgenössischen Finanzkontrolle über den Prüfbericht zur «Umsetzung der Reform der Ergänzungsleistungen» informieren lassen und die Resultate zur Kenntnis genommen.
Die Kommission tagte am 22. und 23. Mai 2025 in Bern unter der Leitung von Nationalrätin Barbara Gysi (SP, SG) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider.