Verfassungsgerichtsbarkeit für Bundesgesetze

Ausgehend von den parlamentarischen Initiativen «Verfassungsgerichtsbarkeit» (05.445) und  «Bundesverfassung massgebend für rechtsanwendende Behörden»  (07.476), welche von den damaligen Nationalratsmitgliedern Heiner Studer und Vreni Müller-Hemmi eingereicht wurden, hat die Kommission einen Vorentwurf zu einem Bundesbeschluss über eine entsprechende Änderung der Bundesverfassung ausgearbeitet, den sie nun in die Vernehmlassung schickt. Die Stellungnahmen sind bis zum 20. Mai 2011 in drei Exemplaren an das Bundesamt für Justiz (Bundesrain 20 3003 Bern) zu richten. Der Vorentwurf sowie der erläuternde Bericht sind auf der Website der Kommission sowie der allgemeinen Website der Bundesverwaltung ersichtlich.

Die Kommission schlägt vor, Artikel 190 der Bundesverfassung aufzuheben, wodurch die dort verankerte Beschränkung der Normenkontrolle für Bundesgesetze hinfällig würde.

Diese könnten dann im konkreten Anwendungsfall wie Verordnungen des Bundes und kantonale Erlasse von allen Behörden auf ihre Vereinbarkeit mit der Bundesverfassung und dem Völkerrecht überprüft werden. Prüfungsmassstab wäre in erster Linie die gesamte Bundesverfassung. Im Unterschied zu heute würde also das Bundesgericht im Konfliktfall auch Grundrechten, die nicht durch das Völkerrecht garantiert sind, und Verfassungsbestimmungen über die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen Vorrang vor einem Bundesgesetz einräumen. Eine Minderheit möchte am Inhalt des geltenden Artikels 190 BV festhalten und lediglich den Grundsatz einschränken, wonach Bundesgesetze selbst bei Verfassungswidrigkeit für die Behörden massgebend sind. Die Behörden müssten demnach keine Bundesgesetze mehr anwenden, die ein Grundrecht der Bundesverfassung oder eine Menschenrechtsgarantie des Völkerrechts verletzen. Eine weitere Minderheit der Kommission ist gegen Schaffung der Verfassungsgerichtsbarkeit für Bundesgesetze und sprach sich deshalb gegen das Eintreten auf den Vorentwurf aus.

 

Bern, 21. Februar 2011 Parlamentsdienste