Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrte Frau Alt-Präsidentin (franz.)
Sehr geehrte Mitglieder des Nationalrates (ital.)
Liebe Kolleginnen und Kollegen

Vielen, vielen Dank für das Vertrauen, das Sie mir mit meiner Wahl soeben entgegengebracht haben und mich damit für ein Jahr mit der Leitung dieses Rates betrauen. Bedanken möchte ich mich bei meiner Vorgängerin, Christa Markwalder, die mich in den vergangenen 12 Monaten sehr gut vorbereitet, die mir viele Freiheiten und Aufgaben gegeben und mich eng an ihrem Präsidialjahr hat partizipieren lassen, um gemeinsam mit Ihnen allen auf erfolgreiches Jahr zurückblicken zu können. Der Dank gilt aber auch meiner Fraktion, die mir vor 2 Jahren das Vertrauen ausgesprochen und mir mit der Nomination zum 2. Vizepräsidenten diese Aufgabe zugetraut hat:

  • als 1972 Bernhard Russi Olympiagold holte und ich als damals 4-Jähriger gleich schnell Skifahren wollte;
  • als ich im Frühjahr 1984 meine Lehre als Drogist begann;
  • als ich im kalten Februar 89 – ein gutes halbes Jahr vor dem Fall der Berliner Mauer – meine Rekrutenschule als Fallschirm Aufklärer in Magadino begann;
  • und als am 6. Dezember 1999 zum ersten Mal in diesem Saal als Nationalrat vereidigt wurde – konnte ich mir nie vorstellen, heute als ihr Präsident vor Ihnen zu sitzen.

In meinen Lebensstationen habe ich immer versucht, eine gute Leistung zu erbringen – was einem ja nicht immer gelingt. Und heute darf ich das Amt des Nationalratspräsidenten antreten. Mein Respekt vor dieser Aufgabe ist gross; noch grösser ist jedoch mein Respekt vor der Freiheit, der Demokratie, vor unserem Land, von den Errungenschaften und vor den Tausenden von Menschen in der wunderbaren Schweiz. Sie machen dieses Land aus – indem sie jeden Tag Gutes leisten und mit ihrer Schaffenskraft zum Erfolgsmodell Schweiz beitragen. Sie stehen nicht so sehr im Vordergrund wie wir in diesem Saal. Darum denke ich an die kleineren und grösseren Zahnräder, die das so gut funktionierende Uhrwerk «Schweiz» tagtäglich antreiben und ausmachen. An diese Mitbürgerinnen und Mitbürger zu erinnern, ist ein wichtiges Anliegen für mich. Sie sind ein Teil meines Präsidialjahres!

Ich freue mich aber auch darauf, – zusammen mit Ihnen dieses Land zu weiter zu gestalten, einiges zu bewegen und vieles zu erleben. Als jemand, der im Team viel besser funktioniert als im Alleine-Modus/Alleingang, möchte ich Sie dazu aufzufordern, in diesem Team mitzuarbeiten und zu helfen, unser Land fit für die Herausforderungen zu machen/vorwärts zu bringen. Da gehört auch es dazu, dass wir die politische Auseinandersetzung hart, – sie müssen ja nicht immer so hart sein, wie mein Nachname suggeriert – aber fair und mit der nötigen Gelassenheit austragen. Diese Auseinandersetzung braucht es unbestritten für solide, weitsichtige Lösungen. Damit alles reibungslos funktionieren kann, komme ich nicht um das Wort «Disziplin» im Rahmen unseres Wirkens herum – auch hier im Nationalratssaal! Ich bin mir sicher, Sie teilen meine Überzeugung, dass es sich einfacher arbeiten lässt, wenn der Lärmpegel tief ist, wenn wir uns Aufmerksamkeit entgegenbringen und uns mit Respekt begegnen. Jede und jeder kann zu einem konstruktiven (Polit)-Klima beitragen. Und wenn alle das tun würden, so klappt/funktioniert es auch. Schliesslich sitzen vor mir über 10 000 Jahre an Lebenserfahrung, davon 3‘582 Jahre Kinder- und Jugendjahre. Darum bin ich mir sicher, dass Sie diese Lebenserfahrung anwenden und ich Sie nicht häufig ermahnen muss. Aber Sie können ebenso sicher sein, dass ich es tun werde, wenn ich muss!

Ich wünsche den Menschen in unserem Land den Mut, Unspektakuläres und Bewährtes vorzuleben und zu geniessen ohne die Baustellen und Schattenseiten auszublenden. Denn ist es letztlich nicht vor allem das Alltägliche/Normale, das uns erdet und uns Halt gibt?

Und Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wünsche ich die Motivation und die Freude, an der Erfolgsgeschichte Schweiz weiter zu schreiben, den Menschen in unserem Land Gutes zu tun, damit sie der Institution «Parlament» und ihren Akteurinnen/Akteuren Vertrauen schenken können.

Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich an all jene erinnern, die mich in meinem Leben auf wichtigen Abschnitten begleitet und geprägt haben, leider aber nicht mehr unter uns sind:

  • an min Papi, der leider vor über 20 Jahren viel zu früh verstorben ist;
  • an politische Freunde und Wegbegleiter wie This Jenni und Bruno Zuppiger und
  • an meinen fast gleichaltriger Cousin und Jugendfreund, der im Juli von einer Velotour nicht mehr zurückgekehrt ist.

Viele Menschen haben mich bis heute begleitet – ihnen allen möchte ich meinen herzlichen Dank aussprechen: meiner Familie und meinen Freunden, Berufskollegen, Jugendtrainer, Lehrerinnen und Lehrer, meinem Lehrmeister, OK-Kollegen, Professoren, Direktionskollegen, Sportfunktionäre, politische Freunden, vorgesetzten, Mitarbeitenden und Lernenden. Sie alle haben in den vergangenen 48 Jahren in irgendeiner Form - mehr oder weniger erfolgreich versucht, positiv auf mich einzuwirken – auf das es gut heraus kommen soll. Ein Sprichwort prägt mein Handeln jedoch bis heute:

Quidquid agis prudenter agas et respice finem

Was auch immer du tust, tue es klug und bedenke das Ende.

Quoi que tu fasses, fais-le avec prudence, sans perdre de vue la fin.

Qualunque cosa tu faccia, falla con prudenza e sta attento alle conseguenze.

In diesem emotionalen Moment möchte ich mich speziell bei meiner Frau Sabine bedanken, für all die Liebe, Wärme und Unterstützung; bei meiner Tochter Valérie, die mich seit einem Jahr und 17 Tagen nicht nur verzaubert und auf Trab hält, sondern tagtäglich vermeintlich Wichtiges wieder relativiert. Ein grosses Dankeschön geht an meine Mami für die uneingeschränkte Herzlichkeit und Unterstützung in guten wie auch in schwierigen Zeiten!

Sie – sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Nationalrates – haben mich vor 10 Minuten beauftragt Ihren Rat und die Bundesversammlung in den kommenden 52 Wochen zu präsidieren und zu repräsentieren: Sie können auf mich zählen, ich zähle auch auf Sie!
Jetzt lade ich sie ein – mit Rhythmus, Genuss und Lebensfreude – die kommenden Minuten zusammen mit mir zu geniessen!

Danke, Merci, Grazie, Grazia fitg.