Die Mehrheit der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates (APK-N) fordert den Bundesrat auf, auf jeglichen militärischen Einsatz im Golf von Aden zu verzichten. Zudem hat sich die Kommission mit der Situation im Nahen Osten befasst. Im Zusammenhang mit einer Standesinitiative des Kantons Genf hat die Kommission ein Postulat betreffend die Unterstützung der rumänischen Roma angenommen. Einer parlamentarischen Initiative, welche den Rückzug des EU-Beitrittsgesuches fordert, hat die Kommission keine Folge gegeben. Schliesslich hat sie eine Aussprache über die Teilnahme ihres Präsidenten an Kundgebungen geführt.

Militäreinsatz zum Schutz von Schweizer Schiffen gegen somalische Piraten

Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates hat sich mit verschiedenen Themen aus aktuellem Anlass befasst. Erörtert wurde namentlich die Frage eines allfälligen Militäreinsatzes zum Schutz von Schweizer Schiffen gegen somalische Piraten. Dabei hat die Kommission die Ursachen der Piraterie, die Rahmenbedingungen für eine Beteiligung der Schweiz an der internationalen Mission „Atalanta“ sowie die möglichen Optionen der Schweiz zum Schutze der Schweizer Marine diskutiert. Mit 12 zu 6 Stimmen hat die Kommission beschlossen, den Bundesrat aufzufordern, auf jeglichen militärischen Einsatz zu verzichten. Die Kommissionsmehrheit ist namentlich der Auffassung, dass ein militärischer Einsatz aus Schweizer Sicht aus verschiedenen Gründen nicht vertretbar ist. In ihren Augen verfügt die Schweiz nicht über die entsprechenden spezialisierten Truppen. Zudem habe die Schweiz kein Mitspracherecht bei der Führung der Operation "Atalanta". Des Weiteren ist die Mehrheit der Meinung, dass die Schweiz sich diesem Problem aus langfristiger Perspektive annehmen sollte; insbesondere auf diplomatischer Ebene und mit entwicklungspolitischen Instrumenten. Die Kommissionsminderheit vertrat die Ansicht, dass die Spezialeinheit AAD1 der Schweizer Armee genau für solche Fälle geschaffen worden ist.

Nahostkonflikt

Die APK-N setzte sich ebenfalls mit den kriegerischen Handlungen im Nahen Osten auseinander. Dabei hat sie einen Antrag, welcher den Bundesrat ersuchte, die militärische Kooperation sowie die Rüstungsbeziehungen mit Israel abzubrechen, mit 13 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgewiesen. Ein weiterer Antrag, welcher verlangte, dass das VBS, die für dieses Jahr geplanten Besuche der Schweizer Armee bei der israelischen Armee wie auch die Gegenbesuche abzusagen, wurde ebenfalls mit 13 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Des Weiteren lehnte die Kommission mit 13 zu 7 Stimmen einen Antrag ab, welcher vom Nationalratsbüro verlangte, das von 90 Nationalrätinnen und Nationalräten mitunterzeichnete Postulat Lang „Sistierung der Käufe und Verkäufe von Militärgütern aus beziehungsweise nach Ländern des Nahen Ostens“ möglichst bald zu traktandieren.

Schliesslich wurde ein Antrag auf eine Kommissionsmotion mit 13 zu 7 Stimmen abgelehnt. Diese ersuchte den Bundesrat, die Einsetzung einer unparteiischen internationalen Untersuchungskommission durch die Bereitstellung von qualifiziertem Personal und finanziellen Mitteln konkret zu unterstützen. Besagte Untersuchungskommission sollte abklären, ob die verschiedenen Parteien des jüngsten gewaltsamen Konfliktes im Nahen Osten das humanitäre Völkerrecht einhielten und ob in diesem Konflikt Kriegsverbrechen begangen wurden.

08.300 s  Kt.Iv. GE. Für eine konkrete und direkte Unterstützung der rumänischen Roma durch die Schweiz

Die APK-N hat die Standesinitiative des Kantons Genf vorgeprüft, welche verlangt, dass die Bundesbehörden die Arbeit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) in Rumänien verstärken, indem sie konkrete Programme und Projekte für die Roma unterstützen bzw. entwickeln und sich in allen Verhandlungen für die rechtliche Gleichheit der Roma als Bürgerinnen und Bürger eines EU-Staates einsetzen.

Die Kommission beantragt mit 15 zu 8 Stimmen, der Standesinitiative keine Folge zu geben. Nach Meinung der Kommissionsmehrheit können die Anliegen der Standesinitiative mit den Mitteln erfüllt werden, die die DEZA heute einsetzt bzw. künftig u. a. im Rahmen des Erweiterungsbeitrags an Rumänien (die Botschaft dazu wird dem Parlament 2009 unterbreitet) bereitstellen wird. Dazu kommt, dass diese Anliegen im Rahmen der Prüfung der erwähnten Botschaft behandelt werden können. Die Kommissionsminderheit ist hingegen der Auffassung, dass im Hinblick auf die Umsetzung des Erweiterungsbeitrages gezielt Projekte zur Verbesserung der Lebensumstände der Roma realisiert werden sollen.

Im Rahmen dieser Diskussion hat die Kommission jedoch ein Postulat zuhanden des Nationalrates mit 11 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen verabschiedet. Dieses Postulat verlangt vom Bundesrat, dass sich dieser im Rahmen der Botschaft über einen Erweiterungsbeitrag an die neuen EU-Länder Bulgarien und Rumänien speziell die Lage der Roma in diesen Ländern thematisiert und Programme zur Verbesserung ihrer Lebensbedingungen aufzeigt.

08.467 n  Pa.Iv. Fraktion V. Rückzug des EU-Beitrittsgesuchs. Vorprüfung

Die parlamentarische Initiative verlangt, dass das am 26. Mai 1992 vom Bundesrat eingereichte Gesuch der Schweiz über die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union zurückgezogen wird.

Die APK-N beantragt mit 13 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen, der Initiative keine Folge zu geben. Nach Auffassung der Kommissionsmehrheit hat dieses Gesuch keinerlei Wirkung und greift der Europapolitik der Schweiz in keiner Weise vor. Dessen Rückzug wäre insofern kontraproduktiv für die Interessen der Schweiz, als er negative Reaktionen der Europäischen Union auslösen und dem Ansehen der Schweiz schaden würde. Dies würde die Weiterführung des bilateralen Weges erschweren und dies gerade zu einem Zeitpunkt, in dem verschiedene Streitpunkte zur Diskussion stehen. Schliesslich gibt es aus Sicht der Kommissionsmehrheit keine neuen Fakten, um eine Debatte über eine Frage, die bereits mehrmals behandelt wurde, erneut zu führen.

In den Augen der Minderheit würde ein Rückzug des EU-Beitrittsgesuchs zu einer Klärung der Schweizer Europapolitik beitragen. Das Schweizer Volk habe sich eindeutig für den bilateralen Weg ausgesprochen; somit werde die Position der Schweiz mit der Aufrechterhaltung dieses Gesuchs unklar. Es sei zu befürchten, dass der bilaterale Weg im Grunde nur einer Annäherung an die EU diene, die auf einen Beitritt hinauslaufe. Dies wäre nach Ansicht der Minderheit gefährlich, umso mehr als dass die EU in ihren Augen negative Entwicklungstendenzen aufweist.

Bericht des EDA an die Aussenpolitischen Kommissionen über die Auswirkungen einer eventuellen mittelfristigen Kandidatur der Schweiz für den Sicherheitsrat

Der Bericht diente der Kommission als Grundlage um eine erste Diskussion über eine mögliche Kandidatur der Schweiz für den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu führen und Fragen zu stellen. Die APK-N wird sich mit dieser Thematik an einer nächsten Sitzung vertieft auseinandersetzen.

Interne Aussprache über die Teilnahme des Präsidenten der APK-N an Kundgebungen im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt

Die Aussprache hatte zum Zweck, einen klärenden Austausch über die Rolle des Kommissionspräsi­denten zu ermöglichen. Verschiedene Votanten und Votantinnen machten den Kommissionspräsidenten darauf aufmerksam, dass seine öffentlichen Auftritte immer als Auftritte des APK-Präsidenten wahrgenommen würden und dass in dieser Funktion eine besondere Zurückhaltung geboten sei. Dies sei besonders der Fall bei Kundgebungen, weil deren Ablauf schwer kontrollierbar sei und sie die Gefahr von falschen Assoziierungen bergen würden. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass die Aussenpolitik einen sensibleren Bereich als die Innenpolitik darstellt. Demgegenüber betonten andere Stimmen, dass eine gewisse Meinungsäusserungsfreiheit auch einem Kommissionspräsidenten als Parlamentarier, bzw. einer Kommissionspräsidentin als Parlamentarierin zustehe. Einige Kommissionsmitglieder appellierten an den Kommissionspräsidenten, sich künftig zurückzuhalten. Dieser teilte die Auffassung der anderen Kommissionsmitglieder, dass Auftritte bei Kundgebungen einer besonderen Sensibilität bedürften.

Die Kommission hat am 19./20. Januar 2009 unter dem Vorsitz von Geri Müller (GPS/AG) und im Beisein von Bundesrätin Micheline Calmy-Rey in Bern getagt.

Bern, 20. Januar 2009 Parlamentsdienste