Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) ist der Ansicht, dass der Bundesrat die Wirtschaftssanktionen der Europäischen Union (EU) im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine angemessen übernommen hat. Kritisch sieht sie allerdings die Begleitung der Umsetzung dieser Sanktionen, namentlich den unzureichenden Einbezug der Kantone. Zudem empfiehlt sie eine stärkere Steuerung und Überwachung des Vollzugs der Sanktionen durch das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO).

Umsetzu​​ng der Empfehlungen von 2018

Im Rahmen ihrer Nachkontrolle zu ihrer Inspektion von 2018 über die Beteiligung des Bundes an Wirtschaftssanktionen hat die GPK-S die Umsetzung ihrer damaligen Empfehlungen durch den Bundesrat überprüft. Die Kommission begrüsst, dass die Datengrundlage für die Anwendung von Wirtschaftssanktionen verbessert wurde und der Warenverkehr sowohl vom SECO als auch vom Bundesamt für Zoll und Grenzschutz (BAZG) verstärkt kontrolliert wird. Allerdings ist zum jetzigen Zeitpunkt noch keine abschliessende Beurteilung möglich, da einige Massnahmen zur Verbesserung der Datenqualität erst mit der Inbetriebnahme des neuen Warenverkehrssystems (Passar 1.0) im Juni 2023 umgesetzt wurden.

Übernahme der ​EU-Sanktionen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine

Aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Ukraine weitete die GPK-S ihre Nachkontrolle aus und vertiefte die Übernahme von Sanktionen durch die Schweiz und deren Umsetzung. Nach Ansicht der GPK-S war die rasche Übernahme der EU-Sanktionen gegen Russland im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine positiv zu werten. Angesichts der erforderlichen vorherigen Güterabwägung sowie der notwendigen Anpassung der Sanktionen an das Schweizer Recht ist die Kommission der Ansicht, dass eine raschere Übernahme nicht möglich gewesen wäre. Kritischer beurteilt sie hingegen, wie die Umsetzung der Sanktionen im konkreten Fall begleitet und überwacht wurde.

Vollzug der​​ Ukraine-Verordnung

Nach Ansicht der GPK-S klärten die Bundesbehörden die Unklarheiten der Kantone betreffend den Vollzug der Ukraine-Verordnung (Verordnung über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine) zu spät. Die Kommission ersucht den Bundesrat deshalb, zu prüfen, ob die Rechtsgrundlagen für die Durchsetzung von internationalen Sanktionen im Hinblick auf eine klarere Definition der Rolle der Kantone präzisiert werden müssen. Auch bezüglich der Rolle der kantonalen Aufsichtsbehörden über das Grundbuch bei der Umsetzung der Wirtschaftssanktionen ortet die Kommission einen Prüfungsbedarf.

Die GPK-S weist ferner darauf hin, dass der Anwendungsbereich der Meldepflicht gemäss Artikel 16 der Ukraine-Verordnung unklar ist und sich Fragen zum Verhältnis dieses Artikels mit den strafrechtlichen Bestimmungen über das Berufsgeheimnis stellen. Dies gilt insbesondere für den Anwaltsberuf. Die GPK-S lädt den Bundesrat deshalb ein, die erforderlichen rechtlichen Abklärungen und gegebenenfalls Präzisierungen vorzunehmen.

Überwachung des Vollzugs und Rec​htsstaatlichkeit

Nach Ansicht der Kommission hängt die Wirksamkeit der Sanktionen massgeblich von einer angemessenen und proaktiven Überwachung ihres Vollzugs durch das SECO ab. Sie bedauert, dass die Vermögen der von den Sanktionen betroffenen natürlichen und juristischen Personen in den ersten Monaten nach der Übernahme der Sanktionen aufgrund der unzureichenden Ressourcen des SECO nicht vermehrt kontrolliert werden konnten. Sie ersucht den Bundesrat deshalb, die Angemessenheit des Krisenkonzepts des SECO überprüfen zu lassen und dadurch sicherzustellen, dass das SECO in Krisenzeiten flexibler reagieren kann. Nach Ansicht der GPK-S benötigt das SECO zudem einen besseren Überblick über die Grundbuchänderungen im Zusammenhang mit sanktionierten Personen, um bei Verstössen gegen die Sanktionen vermehrt einschreiten zu können.

In Anbetracht der Tatsache, dass der Bund die Liste der von der EU sanktionierten Personen unverändert übernimmt, müssen nach Auffassung der GPK-S Massnahmen zur Gewährleistung der Rechtsstaatlichkeit geprüft werden. Die Kommission fordert den Bundesrat deshalb auf, zu prüfen, wie die sachliche Begründetheit sowie die Rechtmässigkeit dieser Liste verbessert werden kann.

Die GPK-S hat in ihrem Bericht sechs Empfehlungen an den Bundesrat gerichtet und diesen gebeten, bis spätestens 15. Februar 2024 zu den Feststellungen und Empfehlungen Stellung zu nehmen.

Die Kommission hat am 14. November 2023 unter dem Vorsitz von Ständerat Matthias Michel (FDP, ZG) in Bern getagt.