Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) hat sich mit zwei Volksinitiativen zur AHV befasst. Sie empfiehlt, sowohl die Renteninitiative als auch die Initiative für eine 13. AHV-Rente ohne indirekten Gegenvorschlag abzulehnen.

Mit 7 zu 2 Stimmen bei 3 Enthaltungen beantragt die Kommission, die Volksinitiative «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renteninitiative)» (22.054) zur Ablehnung zu empfehlen. Sie hat sich dabei auch mit der Möglichkeit eines indirekten Gegenentwurfes befasst, jedoch mit 7 zu 5 Stimmen beschlossen, keinen solchen auszuarbeiten.

Nach dem knappen Volks-Ja zur AHV 21 im vergangenen Herbst hält die Kommissionsmehrheit eine weitere Anpassung des Rentenalters zum jetzigen Zeitpunkt nicht für opportun. Zwar sei die Finanzierung der AHV nach 2030 weiterhin nicht gesichert, der Bundesrat sei jedoch mit der Annahme der Motion «Auftrag für die nächste AHV-Reform» (21.3462) bereits im September 2021 beauftragt worden, dem Parlament bis am 31. Dezember 2026 eine Vorlage zur Stabilisierung der AHV für die Zeit von 2030 bis 2040 zu unterbreiten. An diesem Zeitplan will die Kommission festhalten, damit die Frage der langfristigen Sicherung der Finanzierung der AHV sorgfältig geprüft werden kann. So könne vor weiteren Reformschritten auch das Inkrafttreten der mit der AHV 21 beschlossenen Anpassungen abgewartet werden.

Eine Minderheit der Kommission beantragt, die Volksinitiative zur Annahme zu empfehlen. Angesichts der drohenden Finanzierungslücke sei eine Anpassung des Referenzalters notwendig. Mit dem vorgeschlagenen Mechanismus der Koppelung des Rentenalters an die Lebenserwartung könne die Finanzierung der AHV nachhaltig gesichert werden.

Ablehnung der Volksinitiative für 13. AHV-Rente

Die Kommission empfiehlt mit 9 zu 4 Stimmen, die Volksinitiative «Für ein besseres Leben im Alter (Initiative für eine 13. AHV-Rente)»(22.043) abzulehnen. Die Erhöhung der jährlichen AHV-Rente über eine dreizehnte Auszahlung ist in ihren Augen finanziell nicht tragbar und würde die Probleme der AHV langfristig verschärfen. So müssten namentlich die Beiträge nach oben korrigiert werden. Sie betont, dass die finanziellen Aussichten der AHV bereits mit dem aktuellen Rentenniveau unsicher sind und der Handlungsspielraum im Bundeshaushalt beschränkt ist. Vor diesem Hintergrund hat sich die Kommission mit 9 zu 4 Stimmen auch gegen die Ausarbeitung eines indirekten Gegenvorschlags ausgesprochen. Ein entsprechender Antrag war im Übrigen bereits von der SGK-N abgelehnt worden. Die Kommission ist zudem der Auffassung, dass die Volksinitiative nicht geeignet ist, um gezielt finanziell schlechter gestellte Rentnerinnen und Rentner zu unterstützen, und dass sie zu einer Ungleichbehandlung führt.

Die Kommissionsminderheit ist demgegenüber der Ansicht, dass die AHV-Renten derzeit zu tief sind und die von der Volksinitiative verlangte Massnahme entscheidend dazu beitragen würde, die Altersarmut zu bekämpfen und älteren Menschen einen angemessenen Lebensstandard zu gewährleisten.

Indirekter Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative: Keine Vertragsfreiheit für Laboratorien

Mit 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen hat die Kommission den indirekten Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative (21.067, Entwurf 2) in der Gesamtabstimmung angenommen. Sie sprach sich bereits Ende Juni 2022 dafür aus, dass Kosten- und Qualitätsziele für das Gesundheitswesen eingeführt werden sollen und stimmte damit dem Nationalrat zu (siehe Medienmitteilung vom 1.7.22). Ihre heutigen Beschlüsse zu den restlichen Massnahmen weichen mehrheitlich vom Nationalrat ab:

  • Laboratorien: Den vom Nationalrat vorgeschlagenen Systemwechsel lehnt die Kommission klar ab (10 Stimmen bei 1 Enthaltung). Die Versorgung würde gefährdet, wenn die Krankenkasse nur noch die Kosten für die Analysen übernimmt, sofern sie mit dem ausführenden Privatlaboratorium einen Vertrag abgeschlossen hat.
  • Tarife: Bundes- und Kantonsbehörden sollen keine zusätzlichen subsidiären Kompetenzen erhalten (Art. 46a: 7 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung, Art. 49 Abs. 2bis: 8 zu 5 Stimmen). Ebenso soll der Bundesrat nicht beauftragt werden, die veraltete Tarifstruktur Tarmed zu korrigieren. Es sei die Aufgabe der Tarifpartner, Massnahmen gegen nicht mehr passende Tarifverträge zu ergreifen, so die Kommission.
  • HTA: Es soll darauf verzichtet werden, die so genannten «Health Technology Assessments» (HTA) spezifisch im Gesetz zu verankern (7 zu 6 Stimmen).

Ansonsten folgt die Kommission den Beschlüssen des Nationalrates. Es wurden mehrere Minderheiten eingereicht, mit denen die nationalrätliche oder darauf aufbauende Versionen beantragt werden. Die Vorlage ist damit bereit für die Frühlingssession.

Arzneimittelmassnahmen: Entwürfe nochmals gründlich prüfen und zusammen mit Betroffenen überarbeiten

Die Kommission liess sich wie bereits ihre Schwesterkommission zur geplanten Revision der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) und der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) konsultieren. In einem Schreiben fordert sie den Bundesrat auf, mit den betroffenen Akteuren an runden Tischen einen Konsens zu erarbeiten. Im Gegensatz zur SGK-N erachtet es die Kommission als notwendig, die Arbeiten weiterzuführen, damit Patientinnen und Patienten rasch, zuverlässig und gleichberechtigt Zugang zu Medikamenten erhalten. Sie teilt aber die Einschätzung, dass die vorgeschlagenen Änderungen nochmals sorgfältig geprüft werden sollen, unter anderem auf deren Rechtsmässigkeit. Deshalb schliesst sie sich den weiteren Empfehlungen ihrer Schwesterkommission an (siehe Medienmitteilung SGK-N vom 13.1.23). Die Kommission will die weiteren Arbeiten an diesen Verordnungen begleiten.

Weitere Geschäfte

Die Kommission beantragt einstimmig, das Abkommen zwischen der Schweiz und Albanien über soziale Sicherheit (22.057) zu genehmigen. Es ist dies das jüngste mit einem Balkanstaat unterzeichnete Abkommen.

Die Kommission ist zudem vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) über die Umsetzung der Neuregelung der psychologischen Psychotherapie informiert worden. Sie erachtet die derzeitige Situation als untragbar und unterstützt das BAG in seiner Absicht, die Verhandlungen zwischen den Tarifpartnern und die Festlegung eines definitiven Tarifs zu beschleunigen.

Mit 10 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt die Kommission, dem Beschluss des Nationalrates, der pa. Iv.Hess Erich. Die persönliche Altersvorsorge stärken (20.494) Folge zu geben, nicht zuzustimmen. Nun ist es am Ständerat, im Rahmen der Vorprüfung dieser parlamentarischen Initiative einen definitiven Entscheid zu fällen.

Die Kommission hat ferner zwei Motionen zu den Pensionskassen vorberaten. Sie beantragt mit 6 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen, die Motion Dittli. Altersguthaben schützen bei einem Austritt aus einem 1e-Plan (21.4142) anzunehmen. Mit 10 zu 3 Stimmen beantragt sie jedoch, die Motion Nationalrat (SGK-NR). Sichere Renten dank umfassend kompetenter Verwaltung der Pensionskassengelder (21.3017) abzulehnen.

Im Weiteren beantragt die Kommission mit 10 zu 0 Stimmen bei 3 Enthaltungen die Annahme Motion Stöckli. Erstellen und Bewirtschaften von Medikationsplänen zur Erhöhung der Medikationsqualität und Patientensicherheit von polymorbiden Patientinnen und Patienten (21.3294).

Mit 9 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt die Kommission die Ablehnung der Motion Nationalrat (Nantermod). Der Swissmedic eine gewisse Eigeninitiative zugestehen (20.3068).

Obwohl die Kommission das Anliegen der MotionNationalrat (Rösti). Zulassung von Medizinprodukten nach aussereuropäischen Regulierungssystemen (20.3370) unterstützt, beantragt sie aus formalen Gründen mit 8 zu 3 Stimmen deren Ablehnung. Beide Räte haben nämlich die gleichlautende Motion 20.3211 angenommen, mit welcher der Bundesrat bereits einen entsprechenden Auftrag erhalten hat.

Mit 4 zu 3 Stimmen bei 4 Enthaltungen beantragt die Kommission schliesslich die Ablehnung der Motion Nationalrat (Humbel). Zugang zu rechtsmedizinischen Gutachten im Interesse der Patientensicherheit (20.3600).

Die Kommission tagte am 26./27. Januar 2023 in Bern unter dem Vorsitz von Erich Ettlin (Die Mitte, OW) und teilweise in Anwesenheit von Bundespräsident Alain Berset.