<p>Bern (sda) In Wahljahren soll es grundsätzlich keine Demissionen aus dem Bundesrat mehr geben. Mit dem Verbot einer Ersatzwahl vor der Gesamterneuerung der Landesregierung will die Staatspolitische Kommission (SPK) des Ständerates taktische Manöver verhindern.</p>

Untergebracht hat die SPK ihren Vorschlag im neuen Parlamentsgesetz, welches das Geschäftsverkehrsgesetz von 1962 ersetzt und vom Nationalrat im vergangenen Herbst verabschiedet wurde. Die Vorlage passierte mit 8 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung. Das Plenum wird sich in der Märzsession damit befassen.

Nach dem Vorschlag der SPK sollen Bundesratsvakanzen im Wahljahr nur dann vor der Gesamterneuerung im Dezember besetzt werden dürfen, wenn sie durch einen Todesfall oder einen schwerwiegenden Grund wie Krankheit bedingt sind. Damit werde taktischen Manövern ein Riegel geschoben, sagte SPK-Präsident Franz Wicki (CVP/LU) vor den Medien.

Faktisches Rücktrittsverbot

Faktisch bedeutet dies, dass Rücktritte ungefähr ab Mitte November vor dem Wahljahr nicht mehr möglich wären, weil das Mandat sonst unter Umständen während eines ganzen Jahres verwaist bliebe. Laut Wicki müsste im Einzelfall die Bundesversammlung entscheiden, ob der Demissionsgrund schwerwiegend genug ist, um eine vorgezogene Ersatzwahl zu rechtfertigen.

"Unsere Kommission schaut in die Zukunft, sagte Wicki auf die Frage nach konkreten Fällen. In jüngerer Zeit traten Otto Stich (1995) sowie Arnold Koller und Flavio Cotti (beide 1999) wenige Monate vor den Wahlen zurück. Für die vor den Wahlen 2003 erwartete Demission von Kaspar Villiger und Ruth Dreifuss käme die Neuregelung zu spät.

Im übrigen hielt die SPK am heutigen Verfahren der Bundesratswahlen fest: Mit 6 zu 5 Stimmen lehnte sie es ab, von der aufeinanderfolgenden Einzelwahl zu einer gleichzeitigen Einzelwahl überzugehen. Ein Systemwechsel würde die Transparenz verringern und eine allenfalls erwünschte Abwahl nicht erleichtern, sagte Wicki.

Wer ist ein Lobbyist?

Für die Lobbyisten im Bundeshaus sieht die SPK im Gegensatz zum Nationalrat nicht ein spezielles Register vor. Die Ratsmitglieder sollen aber in eine öffentliche Liste eintragen, welchen zwei "Dauergästen" sie ein Zutrittskarte geben. Laut Wicki lässt sich nämlich kaum definieren, wer ein Lobbyist ist.

Die Offenlegung der Interessenbindungen regelte die SPK gleich wie der Erstrat. Mit 6 zu 4 Stimmen verwarf sie den Vorschlag, dass die Ratsvorsitzenden alle Verwaltungsrats- oder ähnlichen Mandate ablegen müssten. Die Diskussion um Peter Hess habe wohl genügend gewirkt, sagte Wicki.

Nichts wissen wollte die Ständeratskommission von der Verpflichtung beider Kammern, jede Stimmabgabe festzuhalten und öffentlich zugänglich zu machen. National- und Ständerat sollen diese Frage nach ihren Bedürfnissen in den Ratsreglementen regeln.

Finanzdelegation zurückgebunden

Strenger fasste die SPK die Unvereinbarkeit: Bundesbedienstete sollen generell nicht im Parlament sitzen dürfen. Demgegenüber wollte der Nationalrat nur jene ausschliessen, die wesentlich an der Erarbeitung von Entscheidgrundlagen für die Bundesversammlung beteiligt sind.

Gewitzt durch den Fall Swissair möchte die Kommission die Kompetenzen der Finanzdelegation einschränken. Wenn dringliche Ausgaben zwei Prozent der Bundesausgaben bzw. derzeit rund eine Milliarde übersteigen, soll neu die Zustimmung der Räte nötig sein. Heute kann das Parlament nur nachträglich das Ja der Delegation absegnen.

Neu beantragt die SPK, dass Motionen im Erstrat von einer Kommission vorberaten werden müssen, damit sich die Spreu vom Weizen sondert. Einverstanden ist sie mit der Vorberatung parlamentarischer Initiativen durch die Kommissionen beider Räte. Das Gleiche gilt für die verstärkten Einsichtsrechte und Planungskompetenzen des Parlaments.

sda/ats 12.02.2002