Zur Eindämmung der Scheinehen soll im Zivilgesetzbuch festgeschrieben werden, dass Heiratswillige ohne Schweizer Pass zum Zeitpunkt der Eheschliessung einen gültigen Aufenthaltstitel vorweisen müssen. Mit derselben Absicht soll die im Bürgerrechtsgesetz verankerte Frist für die Nichtigerklärung von Einbürgerungen ausgedehnt werden. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK) hat zwei entsprechenden parlamentarischen Initiativen Folge gegeben.

Mit 13 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung hat die Kommission einer parlamentarischen Initiative (05.463 Pa.Iv. Brunner Toni. Scheinehen unterbinden) Folge gegeben, die verlangt, in Artikel 98 des Zivilgesetzbuches (ZGB) festzuschreiben, dass Heiratswillige ohne Schweizer Pass zum Zeitpunkt der Eheschliessung eine gültige Aufenthaltserlaubnis oder ein gültiges Visum vorlegen müssen. Mit der Verankerung des Grundsatzes eines geregelten Aufenthaltes soll insbesondere sichergestellt werden, dass rechtskräftig abgewiesene Asylsuchende und illegale Aufenthalter, welche die Schweiz verlassen müssen, sich nicht kurzfristig durch eine Heirat der Ausreise entziehen können.

Einer weiteren parlamentarischen Initiative zur Thematik (06.414 Pa.Iv. Lustenberger. Änderung Bürgerrechtsgesetz. Nichtigkeitserklärung. Fristausdehnung) hat die SPK mit 13 zu 8 Stimmen Folge gegeben. Diese fordert, dass die in Artikel 41 des Bürgerrechtsgesetzes festgeschriebene fünfjährige Frist für die Nichtigerklärung einer Einbürgerung, welche durch falsche Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen wurde, verlängert werden soll. Dadurch sollen insbesondere Scheinehen bekämpft werden, bei denen der Beweis eines Missbrauchs erst später erbracht werden kann.

Die Kommission ist der Meinung, dass die aktuellen gesetzlichen Instrumente zur Eindämmung und Sanktionierung von Scheinehen im neuen Ausländer- sowie im geltenden Bürgerrechtsgesetz nicht ausreichen. Sie erachtet deshalb die vorgeschlagenen Revisionen des Zivilgesetzbuches und des Bürgerrechtsgesetzes für angezeigt.

Fast identische Kommissionsminderheiten lehnen die Initiativen mit Verweis auf die soeben mit dem neuen Ausländergesetz eingeführten zusätzlichen Massnahmen sowohl gegen Scheinehen als auch gegen den unrechtmässigen Aufenthalt ab und beantragen, den parlamentarischen Initiativen keine Folge zu geben. So verpflichtet ein neuer Artikel im ZGB die Zivilstandsbeamtinnen und -beamten, auf ein Ehegesuch nicht einzutreten, wenn das Brautpaar offensichtlich keine Lebensgemeinschaft begründen, sondern die Bestimmungen über den Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländer umgehen wolle. Zudem sei eine Verlängerung der im Bürgerrechtsgesetz verankerten Frist von 5 Jahren für die Nichtigerklärung von Einbürgerungen unnötig, weil diese in den meisten Fällen ausreiche.

Im Weiteren ist die SPK als vorberatende Kommission des Zweitrates mit 17 zu 2 Stimmen auf das Zwangsanwendungsgesetz (06.009 s Zwangsanwendungsgesetz) eingetreten. Mit diesem neuen Gesetz soll für die Organe des Bundes und die kantonalen Vollzugsorgane, soweit sie im Bereich des Ausländerrechts oder im Auftrag des Bundes tätig sind, eine formelle Grundlage für die Anwendung von polizeilichem Zwang und polizeilichen Massnahmen geschaffen werden. Mit der Detailberatung wird die Kommission nach der Sommerpause beginnen.

Die Kommission hat mit 15:6 Stimmen einer parlamentarischen Initiative von Nationalrat Norbert Hochreutener (CVP/BE) Folge gegeben, welche das Vorgehen regeln will für den Fall, dass ein Mitglied des Bundesrates aus gesundheitlichen Gründen handlungsunfähig werden sollte (05.437 n Pa.Iv. Hochreutener. Handlungsunfähige Bundesräte). Der Fall des israelischen Premierministers Sharon hat exemplarisch die Probleme aufgezeigt, welche aufgrund der Handlungsunfähigkeit eines Regierungsmitglieds entstehen können. Es ist denkbar, dass auch ein Mitglied des schweizerischen Bundesrates in eine Situation gerät, in welcher es aus gesundheitlichen Gründen weder sein Amt weiter ausüben noch seinen Rücktritt erklären kann. Im geltenden Recht ist nicht geregelt, wie in einem solchen Fall vorzugehen wäre. Die SPK teilt die Auffassung des Initianten, dass die Regelung eines Amtsenthebungsverfahrens notwendig ist und dass dieses Verfahren im Interesse der Glaubwürdigkeit der politischen Institutionen besser nicht erst dann festgelegt werden sollte, wenn ein konkreter Fall eintritt.

Die Kommission tagte am 4. Juli 2006 in Bern unter der Leitung ihres Vizepräsidenten, Nationalrat Gerhard Pfister (CVP/ZG).

Bern, 05.07.2006    Parlamentsdienste