Einleitung

Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) ist die Hauptakteurin der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz. Mit einem Budget von 1,3 Milliarden Franken (2005) verfügt sie über knapp 66 % des Budgets des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA).

- Die DEZA ist in drei Bereichen der internationalen Zusammenarbeit tätig:

- Entwicklungszusammenarbeit (bilateral und multilateral)

- Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas

- Humanitäre Hilfe

Für die humanitäre Hilfe ist ausschliesslich die DEZA zuständig, während die Entwicklungszusammenarbeit und die Zusammenarbeit mit Osteuropa gemeinsam mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) umgesetzt werden.

Die Qualität der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz geniesst generell grosse Anerkennung. In den letzten Jahren wurden jedoch der thematische und geografische Umfang und die fehlende strategische Orientierung der DEZA-Aktivitäten von vielen Kreisen kritisiert. Angesichts dieser Kritiken beschloss die GPK-S, eine Untersuchung über die Kohärenz und die strategische Führung der Tätigkeiten der DEZA durchzuführen. Dabei stützte sich die Kommission auf eine Evaluation, die bei der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) in Auftrag gegeben wurde, und auf eine Studie der OECD aus dem Jahr 2005 (1).

Wichtigste Feststellungen der Kommission

Die GPK-S kann nach Abschluss ihrer Arbeiten die Kritik, wonach die Tätigkeiten der DEZA den von Bundesrat und Parlament festgelegten Zielsetzungen und Prioritäten nicht entsprächen, zurückweisen. Die DEZA ist zwar tatsächlich in einer Vielzahl von Sektoren und Regionen tätig, aber dies entspricht ihrem Auftrag. Die Kooperationsstragien, die Projekte vor Ort und die Strategie 2010 der DEZA stimmen materiell mit den Botschaften des Bundesrats überein. So werden z.B. die geografischen Schwerpunkte, die in der letzten Botschaft über die Entwicklungszusammenarbeit angegeben sind, grosso modo eingehalten.

Nach Auffassung der GPK-S gehen die Probleme nicht auf die fehlende Kohärenz der DEZA-Tätigkeiten mit den politischen Vorgaben, sondern auf einige Lücken auf der Ebene der strategischen Führung und auf die mangelhafte thematische und geographische Fokussierung der Entwicklungszusammenarbeit zurück. Tatsächlich fehlt der DEZA global gesehen eine thematische Spezialisierung. Ihre Projekte beziehen sich auf 42 verschiedene Sektoren, wobei sämtliche mit verhältnismässig bescheidenen Beträgen alimentiert sind. De facto deckt die DEZA die gesamte Palette der Entwicklungszusammenarbeit ab. Die von der Botschaft zur Entwicklungszusammenarbeit vorgesehene Fokussierung auf zwei bis vier Themen pro Region wird nicht strikt eingehalten und ist in gewissen Fällen sogar alles andere als augenscheinlich. Zudem ist die Liste der Schwerpunktländer der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit verglichen mit dem Umfang der bilateralen Programme relativ umfangreich.

Nach Dafürhalten der GPK-S verursacht die starke geografische und thematische Streuung der Hilfe hohe Transaktionskosten und beeinträchtigt die Kohärenz und Effektivität der internationalen Zusammenarbeit. Die DEZA verfügt über beschränkte Mittel, mit denen sich nicht alle Bedürfnisse abdecken lassen; deshalb ersuchte die GPK-S den Bundesrat, die Interventionen der DEZA und des Seco auf jene Bereiche bzw. Regionen zu konzentrieren, in denen die Schweiz komparative Vorteile besitzt. Ausserdem forderte die Kommission, die Finanzmittel gezielter auf die Prioritätsprogramme, besonders zu Gunsten der ärmsten Länder und Afrikas, auszurichten.

Hinsichtlich der internen Führung der DEZA hält die GPK-S dafür, dass es mit einer Vereinfachung der strategischen Architektur und der Verbesserung der Effizienz der strategischen Referenzdokumente möglich wäre, die Aktivitäten der DEZA transparenter und zielgerichteter zu gestalten. Die Prozesse für die Erarbeitung der Strategie 2010 und der Kooperationsprogramme erfordern im Allgemeinen einen beträchtlichen Aufwand, der im Vergleich zu ihrem operationellen Nutzen nicht immer verhältnismässig ist.

Allgemein vertritt die Kommission die Meinung, dass der Bundesrat die Gesetzesgrundlagen und alle strategischen Führungsinstrumente einer kritischen Prüfung unterziehen muss. Das Gesetz über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe, das seit der Verabschiedung im Jahr 1976 nicht revidiert wurde, sollte aktualisiert und das System der unterschiedlichen Rahmenkredite der internationalen Zusammenarbeit verständlicher gemacht werden, und die Führung der DEZA müsste auf der Basis eines Systems strategischer Ziele neu definiert werden.

Im Zusammenhang mit den Führungsinstrumenten des Bundesrats misst die GPK-S der Transparenz der Botschaften über die Rahmenkredite besondere Bedeutung bei. Die Kommission fordert den Bundesrat auf, genauer zu beschreiben, wie er die Mittel, die nicht den Schwerpunktländern oder den Sonderprogrammen der Entwicklungszusammenarbeit zugewiesen werden, zu verwenden gedenkt. Wie die Arbeiten der Kommission zeigten, handelt es sich dabei um einen wesentlichen Anteil, ja sogar um das Gros der bilateralen Hilfe der Schweiz.

Die GPK-S untersuchte zudem die institutionelle Ausgestaltung der internationalen Zusammenarbeit, genauer gesagt die Kompetenzverteilung zwischen der DEZA und dem Seco. Die Kommission stellte fest, dass erhebliche Anstrengungen zur Verbesserung der Koordination geleistet und auch einige Erfolge verbucht wurden. In der Entwicklungszusammenarbeit vor Ort werden die besten Resultate mit den jüngsten Programmen erzielt, deren Strategien von Anfang an koordiniert wurden. Das Synergiepotenzial ist allerdings nach Auffassung der GPK-S noch nicht ausgeschöpft. Besonders in den Bereichen, in denen das Seco und die DEZA gemeinsam zuständig sind, führt die komplexe Kompetenzverteilung zu grossen Reibungsflächen.

Die Kommission hat davon abgesehen, die Unterstellung der gesamten internationalen Zusammenarbeit unter ein Departement zu empfehlen: Nach ihrer Auffassung ergänzen sich die Aufgaben der beiden Ämter, sofern die gegenwärtigen Strukturen optimiert und die Lenkung der Aufgaben auf Bundesratsebene verstärkt werden. Die GPK-S forderte deshalb den Bundesrat auf, die Kompetenzverteilung zu klären und gegebenenfalls durchzugreifen, um wirkungsvolle Lösungen durchzusetzen. Daneben ersuchte die Kommission den Bundesrat, eine einheitliche Strategie für die Gesamtheit der internationalen Zusammenarbeit auszuarbeiten.

Die GPK-S erwartet bis Mitte März 2007 eine Stellungnahme des Bundesrats zu ihren Schlussfolgerungen und Empfehlungen.

Ferner hat die GPK-S zwei Motionen eingereicht (siehe Beilage). Die erste beauftragt den Bundesrat, die gesetzlichen Grundlagen zu überprüfen, welche der internationalen Entwicklungszusammenarbeit und der internationalen humanitären Hilfe zugrunde liegen. Die zweite beauftragt den Bundesrat, das Tätigkeitsportefeuille der DEZA und des Seco im Hinblick auf die thematische und geografische Konzentration neu zu überprüfen.

Anhänge

- Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 8. Dezember 2006

- Motionen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 8. Dezember 2006: Motion 1 ; Motion 2

- Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle vom 5. April 2006

(1) S. OECD, «DAC Peer Review of Switzerland», 2005.

Bern, 11.12.2006    Parlamentsdienste