Verstümmelung weiblicher Genitalien
Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates beantragt ihrem Rat, im Strafgesetzbuch einen neuen Artikel einzufügen, welcher die Verstümmelung weiblicher Genitalien ausdrücklich verbietet.

Mit 20 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen hat die Kommission einen entsprechenden Erlassentwurf zur Änderung des Strafgesetzbuches (StGB) verabschiedet. Gemäss dem Entwurf soll das StGB mit einem neuen, spezifischen Tatbestand der Verstümmelung weiblicher Genitalien ergänzt werden (05.404). Täter soll gemäss Antrag der Mehrheit der Kommission sein, wer die Genitalien einer weiblichen Person verstümmelt, unbrauchbar macht oder in anderer Weise schädigt. Eine Minderheit ist der Ansicht, dass in der Formulierung des neuen Straftatbestandes die Generalklausel „in anderer Weise schädigt“ nicht enthalten sein sollte. Die im Vorentwurf vorgesehene und in der Vernehmlassung kritisierte Möglichkeit der Einwilligung in eine Genitalverstümmelung durch eine volljährige Person ist im verabschiedeten Entwurf an den Nationalrat nicht mehr enthalten. Weil eine Genitalverstümmelung nach dem neuen Straftatbestand in der Regel kein sinnvoller und vertretbarer Eingriff darstellt, sollen weder die urteilsfähige erwachsene Person noch die Eltern eines urteilsunfähigen Kindes in eine solche einwilligen können. Ausnahmen sind denkbar bei leichten Eingriffen wie Tätowierungen, Piercings oder gewissen Schönheitsoperationen. Als Strafrahmen beantragt die Kommissionsmehrheit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 180 Tagessätzen. Der Strafrahmen entspräche damit jenem für schwere Körperverletzungen (Artikel 122 StGB). Eine Minderheit beantragt eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe. Im Unterschied zum geltenden Recht soll eine im Ausland begangene Verstümmelung weiblicher Genitalien in der Schweiz auch dann bestraft werden können, wenn sie am Tatort nicht strafbar ist.

06.490 n Pa.Iv. Mehr Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten. Änderung von Artikel 210 OR

Die Kommission schickt Vorentwürfe mit zwei Varianten zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative in die Vernehmlassung. Im Sinne einer massvollen Stärkung des Konsumentenschutzes schlägt sie einerseits eine moderate Verlängerung der Verjährungsfrist der Sachmängelansprüche beim Fahrniskauf auf zwei bzw. fünf Jahre vor. Andererseits will die Kommission die Verjährungsfrist für Ansprüche aus Mängeln einer beweglichen Sache, welche bestimmungsgemäss für ein unbewegliches Werk verwendet wurde und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat, an die fünfjährige Frist anpassen, welche für den Besteller eines unbeweglichen Bauwerkes gegenüber dem Unternehmer gilt. Im Werkvertragsrecht soll wie bis anhin auf die kaufrechtlichen Bestimmungen zur Verjährung verwiesen werden. Damit soll der Problematik entgegengewirkt werden, welche von der von Ständerat Hermann Bürgi eingereichten parlamentarischen Initiative „Änderung der Verjährungsfrist im Kaufrecht. Artikel 210 OR“ (07.497) aufgegriffen wird.

09.423 n Pa.Iv. Rickli Natalie. Register für Pädophile, Sexual- und andere schwere Straftäter

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 12 zu 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen, dieser Initiative keine Folge zu geben. Die Initiantin verlangt, dass auf Bundesebene neben dem Strafregister ein separates Register für Personen eingerichtet wird, die wegen einer Straftat nach Artikel 64 Absatz 1bis des Strafgesetzbuches verurteilt worden sind (lebenslange Verwahrung). Dieses Register, in dem insbesondere Wohn- und Arbeitsort des Straftäters vermerkt werden, würde von den Justizbehörden laufend mit aktuellen Informationen und Hinweisen (u.a. über Entlassungen oder Hafturlaube) versehen und wäre von den Behörden, welche heute Zugang zum Strafregister haben (Art. 367 Abs. 2 StGB), online abrufbar. Nach Auffassung der Kommissionsmehrheit trifft es nicht zu, dass die Behörden heute zu wenig Kontroll- und Präventionsmittel in der Hand haben. Sie ist der Meinung, dass die Initiative zu weit geht (Liste der Straftaten, Liste der Informationseinträge), dass ein solches Register von zweifelhaftem Nutzen und dessen Aufbau und Führung mit einem unverhältnismässigen Aufwand verbunden wären. Sie erwartet mit grossem Interesse die Ergebnisse der zurzeit in der Verwaltung laufenden Arbeiten zur Umsetzung und Kontrolle des Berufsverbots für pädophile Straftäter (vgl. Geschäfte 08.448 und 08.3373). Die Kommissionsminderheit hingegen ist der Meinung, dass mit den bestehenden Datenbanken keine wirksame Rückfallprävention möglich ist. Sie weist auf die Bedeutung eines optimalen Austausches von Informationen über potenziell gefährliche Personen hin. Auch rechnet sie sehr mit einer präventiven Wirkung eines solchen Registers auf die betreffenden Personen, da diese wissen, dass sie kontrolliert werden.

Griffigere Massnahmen gegen „Raser“

Die Kommission hat zwei Initiativen des Kantons Aargau (09.326, 09.327) und eine des Kantons Solothurn (10.303), sowie acht parlamentarische Initiativen vorgeprüft (Pa.Iv. Amstutz [09.446], Pa.Iv. Malama [09.447], Pa.Iv. Segmüller [09.448], Pa.Iv. Aeschbacher [09.448], Pa.Iv. Teuscher [09.450], Pa.Iv. Jositsch [09.451], Pa.Iv. Galladé [09.452] und Pa.Iv. Moser [09.453]).

Diese Initiativen verlangen verschiedene griffigere Massnahmen gegen so genannte „Raser“, namentlich betreffend den Führerausweisentzug und die Einziehung der Fahrzeuge; sie verlangen weiter eine Erweiterung der Strafrahmen bei schweren Fällen von Fahrlässigkeit, obligatorische Kursbesuche während Warnungsentzügen, die Veröffentlichung der Urteile sowie deren Eintragung im Führerausweis.

Die geforderten Massnahmen gehen zum Teil in die gleiche Richtung wie das Projekt „Via Sicura“, das zurzeit im UVEK konkretisiert wird und worüber bis Ende dieses Jahres eine Botschaft dem Parlament vorgelegt werden sollte, sowie die Volksinitiative „Schutz vor Rasern“, die diese Woche lanciert wurde.

Die Kommission ist klar der Meinung, dass Handlungsbedarf besteht. Sie hat mehrheitlich den drei Standesinitiativen und sieben der parlamentarischen Initiativen Folge gegeben, auch wenn gewisse der geforderten Massnahmen in der Phase der Ausarbeitung der neuen Gesetzesbestimmungen Anlass zu Diskussionen geben werden. Mit 11 zu 10 Stimmen bei 3 Enthaltungen beantragt die Kommission ihrem Rat hingegen, der parlamentarischen Initiative von Nationalrat Amstutz (09.446), die eine zwingende Publikation der Urteile bei absichtlicher Verletzung elementarer Verkehrsregeln fordert, keine Folge zu geben. Die Kommissionsmehrheit ist der Meinung, dass die verwendete Raserdefinition unpraktikabel ist und dass der heutige Artikel 68 des StGB bereits die Möglichkeit vorsieht Urteile zu publizieren, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt. Sie vertritt weiter die Meinung, dass die vom Bundesamt für Strassen in Zusammenarbeit mit den Kantonen geführten Admas-Register und das Fahndungssystem Ripol ausreichen. Eine Minderheit der Kommission beantragt der parlamentarischen Initiative Folge zu geben. Aus ihrer Sicht stellen die acht parlamentarischen Initiativen und die drei Standesinitiativen ein Paket dar, dem man gesamthaft Folge geben sollte. Auch bei anderen Initiativen gäbe es Punkte, die kritisiert werden können. Die inhaltliche Diskussion über alle geforderten Massnahmen soll in der Phase der Konkretisierung auf Gesetzesebene geführt werden.

08.011 s OR. Aktien- und Rechnungslegungsrecht. Vorlage 2 (Rechnungslegungsrecht)

Die Kommission ist auf die Vorlage eingetreten und hat die Detailberatung aufgenommen. Sie wird nach Abschluss der Beratungen über ihre Anträge informieren.

 

Die Kommission hat am 29./30. April 2010 in Bern unter dem Vorsitz von Nationalrätin Anita Thanei (SP, ZH) und teils in Anwesenheit von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf getagt.

 

Bern, 30. April 2010 Parlamentsdienste