​Angehörige der dritten Ausländergeneration sollen sich unter bestimmten Voraussetzungen erleichtert einbürgern lassen können. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK) hat einen Entwurf zur Änderung der Bundesverfassung und des Bürgerrechtsgesetzes (BüG) zuhanden ihres Rates verabschiedet.

​Mit 15 zu 7 Stimmen hat die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK) eine Vorlage verabschiedet, welche das Anliegen einer von Nationalrätin Ada Marra (S, VD) eingereichten parlamentarischen Initiative (08.432 Die Schweiz muss ihre Kinder anerkennen) umsetzt. Der Entwurf der SPK sieht vor, dass als Bedingung für die erleichterte Einbürgerung der dritten Ausländergeneration mindestens ein Grosselternteil bereits ein Aufenthaltsrecht in der Schweiz besessen haben und zudem mindestens ein Elternteil hier geboren oder vor dem 12. Altersjahr in die Schweiz eingewandert sein muss. Weiter soll der Lebensmittelpunkt der einbürgerungswilligen Person zum Zeitpunkt ihrer Geburt in der Schweiz gewesen sein. Schliesslich muss diese Person über eine gültige Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung in der Schweiz verfügen.

Da die Kommission keinen Automatismus einführen will, schlägt sie vor, das Schweizer Bürgerrecht nur auf Antrag der einzubürgernden Person oder gegebenenfalls auf Antrag ihrer Eltern zu erteilen. Die Vorlage sieht zwar kein eigentliches «ius soli», also keine automatische Einbürgerung aufgrund der Geburt in der Schweiz vor. Die Einbürgerung erfolgt aber nicht aufgrund von „Abstammung, Heirat und Adoption“, welche Einbürgerungsgründe heute durch Artikel 38 der Bundesverfassung abschliessend aufgezählt werden. Die vorgeschlagene Änderung ist deshalb nur möglich, wenn neu in der Bundesverfassung auch die Geburt in der Schweiz als Voraussetzung für eine erleichterte Einbürgerung aufgeführt wird.

Eine Minderheit der Kommission beantragt, auf die Vorlage nicht einzutreten, weil sie die bestehenden rechtlichen Regelungen zur erleichterten Einbürgerung auch für die dritte Ausländergeneration für ausreichend erachtet. Zudem werde durch die vorgeschlagene Regelung de facto dennoch ein unerwünschter Automatismus eingeführt, der dem schweizerischen Bürgerrecht fremd sei.

Der Entwurf der SPK kann hier abgerufen werden.

Zustimmung zum Mandatentwurf des Bundesrats für Neuverhandlungen der Personenfreizügigkeit

Die Kommission hat sich als für die innenpolitische und ausländerrechtliche Umsetzung der „Masseneinwanderungsinitiative“ zuständige Kommission zum Mandatsentwurf des Bundesrates für Verhandlungen mit der Europäischen Union über eine Anpassung des Freizügigkeitsabkommens konsultieren lassen. Die Kommission empfiehlt dem Bundesrat, auf der Grundlage seines Mandatsentwurfs die Verhandlungen aufzunehmen. Ein anderer Antrag wurde nicht gestellt. Eine Neuverhandlung ist in der Folge der am 9. Februar 2014 angenommenen Volksinitiative „Gegen Masseneinwanderung“ unabdingbar. Die Kommission bestärkt den Bundesrat in seiner Absicht, das Mandat mit den drei skizzierten hauptsächlichen Stossrichtungen – selbständige Steuerung der Einwanderung, Aufrechterhaltung der Bilateralen Verträge sowie Sicherstellung eines unternehmensfreundlichen Kontrollsystems im Bereich des Arbeitsmarktes – möglichst offen zu formulieren.

Vereinbarung über die Beteiligung am Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) soll genehmigt werden

Mit 17 zu 8 Stimmen beantragt die Kommission dem Nationalrat, dem Entwurf für einen Bundesbeschluss zur Beteiligung an EASO (14.060 n Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen. Vereinbarung mit der EU) zuzustimmen. Das EASO ist Teil des europäischen Asylsystems und wurde eingerichtet, um die praktische Zusammenarbeit im Asylbereich gesamteuropäisch zu fördern. Die Kommission begrüsst die Vereinbarung, weil sie es für wichtig erachtet, dass sich die Schweiz an multilateralen Aktivitäten im Asylbereich beteiligt und dadurch aktiv zur Stärkung des Dublin-Systems beiträgt. Die Kommissionsminderheit beantragt, den Bundesbeschluss zur Genehmigung der Vereinbarung abzulehnen, weil sie das zu erwartende Verhältnis von Nutzen und Kosten des Unterstützungsbüros als ungenügend beurteilt.

Fall der syrischen Flüchtlingsfrau im Transit zwischen Vallorbe und Brig

Die Kommission liess sich von der Vorsteherin des Eidg. Finanzdepartements, Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, sowie vom Kommandanten des Grenzwachtkorps Jürg Noth über den Fall der schwangeren syrischen Flüchtlingsfrau informieren, welche in diesem Sommer bei der Rückführung von Frankreich nach Italien im Transit zwischen Vallorbe und Brig ihr Kind verloren hat. Dieser Einzelfall ist für die Kommission Anlass, die generelle Praxis der Transitrückführungen näher zu betrachten. Die Kommission konnte davon Kenntnis nehmen, dass sich die zuständigen schweizerischen Behörden intensiv mit dieser schwierigen Problematik befassen. Die Kommission wird die Geschäftsprüfungs¬kommission und die Finanzkommission als die für die Oberaufsicht über die Bundesverwaltung bzw. für das Budget des Grenzwachtkorps zuständigen Kommissionen über die erhaltenen Informationen und die zahlreichen aufgeworfenen Fragen in Kenntnis setzen.

Volksinitiativen: Verlängerung der Behandlungsfrist mit Zustimmung des Initiativkomitees

Mit 11 zu 10 Stimmen bei zwei Enthaltungen entschied sich die Kommission für die Einreichung einer Kommissionsinitiative, welche die Verlängerung der parlamentarischen Behandlungsfrist von Volksinitiativen um ein weiteres Jahr ermöglichen soll. Heute kann diese Frist um ein Jahr verlängert werden, wenn ein Rat über einen Gegenentwurf Beschluss gefasst hat. Neu soll sie um ein weiteres Jahr verlängert werden können, falls die Mehrheit des Initiativkomitees das Einverständnis gibt. Wenn eine Fristverlängerung auch im Interesse der Initianten und Initiantinnen ist, sollte das Parlament nicht gehindert werden, diese vorzunehmen. Bevor eine Gesetzesänderung in diesem Sinn ausgearbeitet werden kann, muss die SPK des Ständerates dem Anliegen im Grundsatz zustimmen.

Die Kommission tagte am 30./31. Oktober 2014 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Cesla Amarelle (S, VD) in Bern.

 

Bern, 31. Oktober 2014 Parlamentsdienste