Die Kommission hat eine allgemeine Aussprache über das weitere Vorgehen in Bezug auf die Revision der Regeln der Mietzinsgestaltung geführt und weitere Geschäfte zum Thema Mietrecht behandelt.

Die Kommission hat in den letzten Jahren verschiedene parlamentarische Initiativen zum Thema Mietzinsgestaltung vorgeprüft. Von diesen Initiativen haben es die parlamentarischen Initiativen Egloff 16.451 («Für Treu und Glauben im Mietrecht. Anfechtung des Anfangsmietzinses nur bei Notlage des Mieters») und 17.493 («Beweisbare Kriterien für die Orts- und Quartierüblichkeit der Mieten schaffen») in die 2. Phase des Verfahrens (Ausarbeitung einer Vorlage innert zwei Jahren) geschafft. Die Kommission hat mit deren Umsetzung bisher zugewartet, weil sie dem Ergebnis des vom Bund (WBF) mit den Sozialpartnern geführten Diskussionsprozesses Mietrecht nicht vorgreifen wollte.

Nach dem Scheitern dieses Diskussionsprozesses ist die Kommission zum Schluss gekommen, dass nur punktuelle Anpassungen der Regeln der Mietzinsgestaltung vorzunehmen sind. Entsprechend hat sie sich dafür ausgesprochen, die Umsetzung der parlamentarischen Initiativen Egloff 16.451 und 17.493 nun an die Hand zu nehmen. Die Kommission beantragt ihrem Rat entsprechend mit 15 zu 9 Stimmen die Frist für die Umsetzung der beiden Initiativen ein weiteres Mal um zwei Jahre zu verlängern und hat der Verwaltung den Auftrag erteilt, ihr an einer ihrer nächsten Sitzungen verschiedene Umsetzungsvarianten zu präsentieren.

Die Kommission hat von der Stellungnahme des Bundesrates zu den von der Kommission verabschiedeten Vorlagen 15.455 («Missbräuchliche Untermiete vermeiden»),18.475 («Beschleunigung des Verfahrens bei der Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarf des Vermieters oder seiner Familienangehörigen und 16.458 («Keine unnötigen Formulare bei gestaffelten Mietzinserhöhungen» / 16.459 («Die Mietvertragsrecht Kenntnis genommen und an ihren Beschlüssen festgehalten. Die Kommission hat sich zudem mit 15 zu 9 Stimmen dafür ausgesprochen, der Standesinitiative des Kantons Genf 21.316 («Für eine Verlängerung der Frist bei Zahlungsrückständen der Mieterin oder des Mieters») keine Folge zu geben. Auch der parlamentarischen Initiative Dandrès 22.446 («Regulierung des Berufs der Immobilienmaklerin und des Immobilienmaklers») hat sie mit 14 zu 9 Stimmen keine Folge gegeben.

Digitale Gewalt, digitale Belästigung und Stalking im Strafgesetzbuch

Die Kommission hat zunächst den Bericht des Bundesrates vom 19. Oktober 2022 in Erfüllung ihres Postulats 21.3969 («Ergänzungen betreffend Cybermobbing im Strafgesetzbuch») zur Kenntnis genommen und im Anschluss daran mit verschiedenen Anträgen zur Ahndung von digitaler Gewalt, digitaler Belästigung sowie Stalking befasst. Anders als der Bundesrat hält die Kommission daran fest, dass im Strafgesetzbuch eine Bestimmung eingefügt werden solle, welche das Cybermobbing explizit mit Strafe bedroht. Sie beantragt deshalb ihrem Rat mit 17 zu 7 Stimmen, der parlamentarischen Initiative von Nationalrätin Gabriela Suter 20.445 («Neuer Straftatbestand Cybermobbing») Folge zu geben.

Weiter hat sie bei der Beratung des Sexualstrafrechts (18.043, E. 3) geprüft, ob ein neuer Straftatbestand eingeführt werden sollte, der das unbefugte Weiterleiten von nicht öffentlichen sexuellen Inhalten («Revenge Porn») unter Strafe stellt (Art. 197a E-StGB), wie dies der Ständerat mit Artikel 197a E-StGB beschlossen hat. Diskutiert wurde insbesondere, ob ein allfälliger neuer Tatbestand auf sexuelle Inhalte beschränkt sein oder nicht auch anderweitig kompromittierende Aufnahmen erfassen sollte und damit als Artikel 179undecies  E-StGB auch bei den Straftaten gegen die Ehre und den Geheim- oder Privatbereich eingeordnet werden sollte. Die Kommission folgte schliesslich dieser Überlegung und beantragt ihrem Rat einstimmig die Aufnahme eines neuen, weiter gefassten Artikels 179undecies . E-StGB. 

Die Kommission hat sich überdies intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, ob das sogenannte «Cybergrooming», also das Anbahnen von sexuellen Kontakten mit Minderjährigen im Internet, als neuer Straftatbestand im Strafgesetzbuch aufgenommen werden sollte, wie dies die RK-S in ihrer Vernehmlassungsvorlage zum Sexualstrafrecht (18.043, E. 3) zur Diskussion gestellt hatte. Die Kommission ist der Ansicht, dass die digitale Belästigung von Kindern und Jugendlichen im Internet ein grosses Problem darstellt. Sie beantragt ihrem Rat deshalb mit 22 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen die Aufnahme eines entsprechenden, als Antragsdelikt ausgestalteten, Artikels 197b ins Strafgesetzbuch, womit sie auch eine von Viola Amherd eingereichte und von Nationalrat Bregy übernommene parlamentarische Initiative 18.434 umzusetzen gedenkt («Cybergrooming mit Minderjährigen endlich unter Strafe stellen»). Die Kommission hat die Vorlage mit 21 zu 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen in der Gesamtabstimmung im Hinblick auf ihre Beratung in der kommenden Wintersession angenommen.

Im Übrigen hat die Kommission das weitere Vorgehen zur Umsetzung ihrer Kommissionsinitiative zur Aufnahme eines Straftatbestands «Stalking» (19.433) beraten und die Verwaltung mit der Ausarbeitung eines Vorentwurfs beauftragt, zu dem im zweiten Halbjahr 2023 eine Vernehmlasssung durchgeführt werden kann.

Ja zum Übereinkommen der IAO über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 16 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen, der Ratifikation des Übereinkommens Nr. 190 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt (22.045) zuzustimmen. Dieses Übereinkommen, das von einer tripartiten Kommission, in der sowohl die Arbeitnehmer- als auch die Arbeitgeberorganisationen vertreten sind, verabschiedet wurde, anerkennt das Recht jeder Person auf eine Arbeitswelt frei von Gewalt und Belästigung und verpflichtet die Mitgliedstaaten der IAO, dieses Recht zu achten, zu fördern und zu verwirklichen. Die Kommission hält fest, dass der Arbeitnehmerschutz in der Schweiz sehr ausgeprägt ist und dieses Recht in der Schweizer Gesetzgebung und Praxis dementsprechend bereits konkretisiert ist. Sie sieht in der Ratifikation ein starkes Signal an die anderen Staaten. Die Minderheit hingegen beantragt Nichteintreten. Sie ist der Auffassung, dass die Auswirkungen einer Ratifikation nicht ausreichend analysiert wurden, da die Vorlage nicht in die Vernehmlassung geschickt wurde.

Breite Unterstützung für Rechtshilfe in Strafsachen

Nach stillschweigendem Eintreten hat die Kommission in der Gesamtabstimmung den Vertrag mit Kosovo über Rechtshilfe in Strafsachen (22.056) einstimmig angenommen. Sie hat zudem Kenntnis genommen vom Entwurf der Verordnung über die Zusammenarbeit mit der Europäischen Staatsanwaltschaft und mit 17 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung beschlossen, keine Änderungsempfehlung zuhanden des Bundesrates zu formulieren.

Revision der Zivilprozessordnung: Differenzen werden weniger

Der Ständerat nahm in der Herbstsession eine erste Differenzbereinigung vor. Die Kommission hat ihrerseits die Differenzen im Rahmen der Revision der Zivilprozessordnung (20.026) weiter bereinigt. Sie hat beschlossen, sich in der Frage der Unternehmensjuristinnen und -juristen dem Ständerat anzuschliessen. Der Nationalrat dürfte in der Wintersession über die Anträge seiner Kommission befinden. Mit der Schlussabstimmung ist nicht vor der Frühjahrssession zu rechnen.

Weitere Geschäfte

  • Die Kommission beantragt mit 16 zu 9 Stimmen, der von Nationalrat Baptiste Hurni eingereichten parlamentarischen Initiative 21.509 («Für eine Strafbarkeit krimineller Unternehmen») keine Folge zu geben. Eine Minderheit beantragt, der Initiative Folge zu geben.
  • Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 14 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen, der von Nationalrat Raphaël Mahaim eingereichten Initiative 22.429 («Strategische Gerichtsverfahren gegen die Beteiligung der Öffentlichkeit in der Schweiz. Für einen besseren Schutz der Medienfreiheit») keine Folge zu geben. Sie erkennt keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf, da die vom Initianten kritisierten Verfahren ihrer Kenntnis nach im Schweizer Rechts- und Medienraum äusserst selten sind. Die Minderheit beantragt, der Initiative Folge zu geben.

Die Kommission tagte am 10./11. November 2022 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Christa Markwalder (FDP, BE) in Bern.