Die Finanzkommission des Nationalrates will sich an den Überlegungen zum Umgang mit den durch die Covid-19-Krise verursachten Schulden beteiligen und schlägt dem Bundesrat Lösungen für die Regeln zum Abbau der ausserordentlichen Schulden vor. Die Umsetzung dieser Lösungen bedarf einer Änderung des Finanzhaushaltgesetzes.

​1. Abbau der durch die Covid-19-Krise verursachten Schulden

Gemäss geltendem Recht muss der durch die Schulden aufgrund der Coronakrise verursachte Fehlbetrag auf dem Amortisationskonto grundsätzlich innerhalb von sechs Jahren ausgeglichen werden (Art. 17b des Finanzhaushaltgesetzes). Das Amortisationskonto wies Ende 2020 ein Minus von 9,8 Milliarden Franken aus. Für das Jahr 2021 gab das Parlament bereits ausserordentliche Mittel von mehr als 20 Milliarden Franken für die Bewältigung der Folgen der Coronakrise frei. Da der rasche Schuldenabbau zu massiven Budgetkürzungen führen und die Konjunkturerholung beeinträchtigen könnte, will der Bundesrat dem Parlament bis Ende Jahr einen Entwurf zur Änderung des Finanzhaushaltgesetzes unterbreiten.

Der Bundesrat beabsichtigt, im Sommer 2021 einen Vorentwurf in die Vernehmlassung zu schicken, weshalb die Finanzkommission des Nationalrates (FK-N) beschlossen hat, proaktiv zu den Überlegungen zur Schuldenabbaustrategie beizutragen. In ihrem Schreiben an den Bundesrat ersucht die Kommission diesen, den strukturellen Überschuss künftig dem Amortisationskonto und nicht dem Ausgleichskonto gutzuschreiben, die Frist zum Ausgleich des Fehlbetrags von sechs Rechnungsjahren auf mindestens fünfzehn Jahre zu verlängern und bei Kreditübertragungen zurückhaltend zu sein. Falls nach Umsetzung dieser Massnahmen eine Restverschuldung bleibt, soll der Bundesrat das Ausgleichskonto zu deren Abbau nutzen. In den Augen der FK-N kann mit dieser Strategie – die mit 19 zu 0 Stimmen bei 5 Enthaltungen beschlossen wurde – ein gewisser budgetärer Handlungsspielraum bewahrt, gleichzeitig aber auch der in der Verfassung verankerte fundamentale Grundsatz der Schuldenbremse (Art. 126 BV) eingehalten werden.

Die Kommission hat auch noch andere Ansätze geprüft. Ein Antrag, wonach der Überschuss des Ausgleichskontos zum Ausgleich des Fehlbetrags des Amortisationskontos zu verwenden ist, wurde mit Stichentscheid des Präsidenten abgelehnt. Mit 18 zu 7 Stimmen hat die FK-N zudem einen Antrag abgelehnt, der verlangte, dass der Bundesanteil aus der gesamten Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank ab dem Jahr 2021 vollumfänglich für den Abbau der durch die Corona-Pandemie verursachten Schulden eingesetzt wird, bis die Bruttoverschuldung des Bundes wieder das Niveau gemäss Rechnung 2019 erreicht hat.

2. Staatsrechnung 2020 (21.003 sn)

Ohne Gegenstimme beantragt die Finanzkommission des Nationalrates ihrem Rat die Genehmigung der Staatsrechnung 2020 (21.003) und der drei zugehörigen Bundesbeschlüsse. Diskutiert wurden in der Kommission insbesondere das Wachstum des Bundespersonals sowie die Fortschritte bei den grossen Informatikprojekten. Die Staatsrechnung ist geprägt von den ausserordentlichen Ausgaben zur Bewältigung der Corona-Pandemie und schliesst mit einem rekordhohen Defizit von 15,8 Milliarden Franken. Die Subkommissionen der FK hatten die Rechnung der einzelnen Departemente und Verwaltungseinheiten eingehend vorgeprüft und erstatteten Bericht über die wesentlichsten Erkenntnisse. Sie stellten keine Probleme fest, die eine vertiefte Auseinandersetzung erfordern würden.

3. Voranschlag 2021. Nachtrag I (21.007 sn)

Die Kommission empfiehlt dem Nationalrat, den Nachtrag I zum Voranschlag 2021 (21.007) gemäss den Anträgen des Bundesrates anzunehmen. Verschiedene Minderheiten beantragen jedoch, einzelne Kredite zu kürzen oder auszuweiten. Bei der Bundesfinanzierung der Covid-Tests beantragen zwei Minderheiten, die Anschubfinanzierung für repetitive Mittel in den Kantonen in Höhe von 64 Millionen Franken respektive den für Selbsttests vorgesehenen Betrag von 112,6 Millionen Franken zu streichen. Der Bund trage bereits jetzt den grössten Teil der Kosten zur Bekämpfung der Pandemie, die Selbsttests andererseits seien nicht verlässlich genug. In diesem Zusammenhang liess sich die Kommission vom Vorsteher des EDI zudem über die mittelfristige Teststrategie informieren. Fragen stellte die Kommission auch zum Beitrag des Bundes an die Renovation der Kaserne der Schweizer Garde im Vatikan im Umfang von 5 Millionen Franken. Eine Minderheit verlangt, dass der Beitrag an Auflagen zur Nachhaltigkeit und Nutzung von erneuerbaren Energien geknüpft wird.

Zu Diskussionen Anlass gab weiter die Nachmeldung des Bundesrates von 300 Millionen Franken zur Unterstützung der globalen Initiative «Access to Covid-19 Tools Accelerator» (ACT-A). Der Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie in Entwicklungsländern ist im Grundsatz nicht bestritten. Eine Minderheit besteht jedoch darauf, dass der Beitrag angesichts der wirtschaftlichen Lage komplett im bestehenden Budget des EDA kompensiert wird. Eine weitere Minderheit weist darauf hin, dass in beinahe 100 Ländern noch keine einzige Impfdosis gespritzt werden konnte und beantragt eine Verdreifachung des Kredits auf 900 Millionen Franken.

In der Frühjahrssession hat das Parlament einen Schutzschirm für Publikumsanlässe im Covid-19-Gesetz verankert. Der Bundesrat hat dessen Umsetzung am 28. April in die Vernehmlassung gegeben und beantragt zu dessen Finanzierung einen Verpflichtungskredit über 150 Millionen sowie einen Nachtragskredit von 90 Millionen Franken. Die Finanzkommission liess sich dazu ausführlich informieren und sieht bei der Umsetzung Klärungsbedarf. So ist beispielsweise die Besucherobergrenze bei Messen von den Bestimmungen der Covid-19-Verordnung besondere Lage abhängig, die sich situationsbedingt weiterhin ändern können, was Rechtsunsicherheit schafft.

Im ordentlichen Nachtrag zum Budget 2021 unterbreitet der Bundesrat dem Parlament 11 Nachtragskredite im Umfang von 2,6 Milliarden Franken, darunter insbesondere die rund 1,28 Milliarden für die erwähnte Ausweitung der Teststrategie zur Bekämpfung des Coronavirus. In zwei Nachmeldungen an die Finanzkommissionen beantragt der Bundesrat weitere 614 Millionen Franken an ausserordentlichen Ausgaben zur Bewältigung der Corona-Pandemie. Neben den erwähnten Krediten sind 150 Millionen Franken für die Finanzierung von vielversprechenden Medikamenten und Therapien zur Behandlung von Covid-19 vorgesehen. 90 dieser 150 Millionen hat die Finanzdelegation am 26. April als Vorschuss zur sofortigen Verwendung freigegeben (siehe Medienmitteilung der FinDel vom 28. April 2021). Zusätzliche 148 Millionen Franken sollen für die im Covid-19-Gesetz verankerten Finanzhilfen im Kulturbereich gesprochen werden.   

4. Mitbericht zur Reform des Verrechnungssteuergesetzes (21.024 n)

In einem Mitbericht an die federführende Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-N) beantragt die Finanzkommission mit 15 zu 6 Stimmen (3 Enthaltungen) Eintreten auf die Vorlage. Auch wenn die derzeitige Lage des Bundeshaushaltes schwierig ist, erachtet die Mehrheit die Vorlage für finanzpolitisch vertretbar, da sie nach Ausfällen in den ersten Jahren mittelfristig zu Mehreinnahmen führen sollte. Für die Mehrheit ist aber auch wichtig, dass der Finanzplatz gestärkt wird und ins Ausland abgewanderte Geschäfte wieder in die Schweiz zurückgeholt werden können. Für die Minderheit ist nicht der richtige Zeitpunkt für kurzfristige Steuerausfälle, zudem sind für sie zu viele Fragen offen.

Mit 14 zu 11 Stimmen empfiehlt die FK-N deshalb der WAK-N, eine externe Studie zu den potentiellen finanziellen Auswirkungen der Reform in Auftrag zu geben, da diese zu einer Schwächung des Sicherungszweckes der Verrechnungsteuer führt. Zu klären ist, wie hoch die durch die Schwächung ausgelösten Mindereinnahmen sein könnten. Diese Frage ist für die Mehrheit nicht genügend geklärt, weil die in der Botschaft erwähnte Studie zu den Effekten der Reform (vgl. Botschaft, Ziffer 6.2.3) dies nicht untersucht hatte.

5. Motion FK-S «Kein Stopp der Immobilienprojekte der SBB, damit dem Bund und der Wirtschaft keine zukunftsweisenden und rentablen Projekte entgehen» (21.3023 s)

Mit 20 zu 5 Stimmen beantragt die FK-N, die Motion «Kein Stopp der Immobilienprojekte der SBB, damit dem Bund und der Wirtschaft keine zukunftsweisenden und rentablen Projekte entgehen» (21.3023) ihrer Schwesterkommission abzulehnen. Da die SBB am 25. Februar bekannt gab, die baureifen Immobilienprojekte umsetzen zu können (siehe Medienmitteilung der SBB vom 25.02.2021) und der geforderte Spielraum bei der Verschuldungsobergrenze bereits besteht, sind die Anliegen der Motion nach Ansicht der Mehrheit bereits erfüllt. Offene Fragen zur Investitionstätigkeit der SBB und deren Verschuldung seien im Rahmen der laufenden Erarbeitung der strategischen Ziele 2023-26 zu klären.

6. Ausserbetriebnahme von Immobilien des VBS

Die FK-N hat den Bericht des Bundesrates vom 14. April 2021 zur Ausserbetriebnahme von Immobilien des VBS beraten. Dieser wurde in Erfüllung der Postulate 11.3753 der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates und 13.4015 der FK-N erstellt. Mit diesen Postulaten hatte das Parlament den Bundesrat beauftragt, darzulegen, welche Strategie bei der Ausserbetriebnahme von Immobilien verfolgt wird und wie freiwerdende Immobilien des VBS öffentlichen und der Öffentlichkeit dienlichen Nutzungen zugeführt werden können.

Die Kommission hat in erster Linie verschiedene Fragen in Bezug auf den gemeinnützigen Wohnungsbau sowie den Rückbau und die Stilllegung von Immobilien des VBS thematisiert. Die FK-N weist darauf hin, dass sie die Postulate aus ihrer Sicht mit dem Bericht des Bundesrates zwar als erfüllt erachtet, sich aber ihre für das VBS zuständige Subkommission in Zukunft regelmässig vom VBS über den Stand der Entwicklung der VBS-Immobilien informieren lassen wird.

7. Weitere Geschäfte

Die Kommission hat einen Teil ihrer Sitzung dem Stand der Umsetzung ihrer Motion 17.3259 («Gebundene Ausgaben reduzieren») gewidmet. Da es aus Sicht des Bundesrates nicht möglich ist, die gebundenen Ausgaben kurzfristig um fünf bis zehn Prozent zu reduzieren, ersucht er um eine längere Frist zur Erfüllung des Motionsanliegens. Die FK-N wird ihre Beratung im Herbst 2021 fortführen und sich dabei auf eine aktualisierte Version des Berichts «Gebundene Ausgaben des Bundes» der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) vom 12. Januar 2017 stützen.

Ferner hat die FK-N den Jahresbericht 2020 der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) geprüft. Die Kommission hebt die gute Arbeit der EFK hervor und dankt ihr für ihren Einsatz im Sinne des Gemeinwohls.

Darüber hinaus haben die Subkommissionen der FK-N der Kommission Bericht erstattet über ihre Erkenntnisse zur Steuerung und Aufsicht der Informatik der Departemente, zur Überprüfung der vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) ausgerichteten Subventionen sowie zu den Vorteilen und möglichen Synergien der Programme «SUPERB» und «ERP Systeme V/ar».

Die Kommission hat am 10. und 11. Mai 2021 unter dem Vorsitz ihres Präsidenten, Nationalrat Olivier Feller (FDP, VD), und im Beisein des Vorstehers des EFD, Bundesrat Ueli Maurer, des Vorstehers des EDA, Bundesrat Ignazio Cassis, des Vorstehers des EDI, Bundesrat Alain Berset und des Vorstehers des WBF, Bundespräsident Guy Parmelin, sowie des Direktors der EFK und von Vertreterinnen und Vertretern des EFD, EDA, EDI, VBS, WBF und UVEK in Bern getagt.