Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-NR) will sicherstellen, dass die Leistungen in der ambulanten Gesundheitsversorgung in der notwendigen Qualität effizient und günstig erbracht werden. Entsprechende Massnahmen beantragt sie im Rahmen der Vorlage zur Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit.

​Nachdem der Ständerat in der Sommersession 2016 die Vorlage KVG. Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit (15.083 s) als unnötig beurteilt hatte und nicht darauf eingetreten war, hat die Kommission ein neues Modell ausarbeiten lassen. Zum Auftakt der Detailberatung beschloss sie, die Leistungserbringer und Versicherer stärker in die Pflicht zu nehmen. Sie beantragt ohne Gegenstimme, dass ein bereits im stationären Bereich geltender Grundsatz auch auf den ambulanten Bereich angewendet werden soll: Die Tarife und Preise sollen sich an der Entschädigung für jene Leistungserbringer orientieren, welche die Leistung in der notwendigen Qualität effizient und günstig erbringen (Art. 43 Abs. 4bis). Im stationären Bereich habe dieser Grundsatz dazu geführt, dass standardmässig Qualitätsdaten erhoben und verglichen würden, wurde argumentiert. Weiter beantragt die Kommission, dass die Leistungserbringer und Versicherer verpflichtet werden, nationale Verträge über die Qualitätsentwicklung abzuschliessen. Diese sollen vom Bund geprüft werden und für alle Leistungserbringer verbindlich sein. Hält sich ein Leistungserbringer nicht an die Regeln zur Qualitätsentwicklung, so soll seine Leistung nicht von der Krankenversicherung vergütet werden. Bevor die Kommission die Detailberatung an ihrer nächsten Sitzung im April fortsetzt, will sie die Kantone und die Versicherer anhören. Eine zentrale Frage wird dabei sein, wer die Massnahmen zur Qualitätsentwicklung finanziert. Deren Kosten werden auf rund 20 Millionen Franken pro Jahr veranschlagt.

Die Kommission hat sich zudem mit dem Thema TARMED auseinandergesetzt. Aufgrund der festgefahrenen Situation in Bezug auf die Revision der Tarifstruktur TARMED sieht sie Handlungsbedarf und hat beschlossen, zwei Kommissionsinitiativen zu ergreifen. Die eine Kommissionsinitiative sieht vor, dass die Tarifpartner eine Organisation einsetzen müssen, um auch im ambulanten Bereich die Pflege und ständige Weiterentwicklung der Tarifstrukturen zu garantieren (Pa.Iv. SGK-NR. Tarifpflege und Entwicklung; Beschluss mit 16 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung). Können sich die Tarifpartner nicht einigen, würde der Bundesrat diese Organisation einsetzen, dem die dafür notwendigen Daten zu liefern sind.

Die andere Kommissionsinitiative will einen Mechanismus zur Steuerung der Kosten und Leistungen einführen, um dem Kosten- und Prämienanstieg entgegenzuwirken (Pa.Iv. SGK-NR. Steuerung der Kosten im KVG durch Vertragspartner; Beschluss mit 13 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung). Als nächstes ist nun die Kommission des Ständerates am Zug. Falls sie den Initiativen zustimmt, kann die SGK-NR vertiefte Abklärungen treffen und einen Erlassentwurf ausarbeiten.

Externe Revisionsstelle für Compenswiss

Die Kommission hat weiter das Ausgleichsfondsgesetz (15.087 s) behandelt und in der Gesamtabstimmung mit 22 zu 2 Stimmen angenommen. Der Gesetzesentwurf sieht die Errichtung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt unter dem Namen Compenswiss vor, welche die Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung, Invalidenversicherung und Erwerbsersatzordnung (AHV, IV und EO) verwaltet. Diese neue Rechtsform soll es Compenswiss in erster Linie erleichtern, Vermögen der drei Ausgleichsfonds auf dem internationalen Finanzmarkt anzulegen, indem sie als eindeutig identifizierbare Wirtschaftspartnerin auftreten kann. Für eine Minderheit stellt das Spezialgesetz eine Überregulierung dar und ist unnötig. Sie wollte nicht auf die Vorlage eintreten, unterlag jedoch mit 16 zu 9 Stimmen.

In der Detailberatung schloss sich die Kommission mit 13 zu 10 Stimmen und 1 Enthaltung dem Beschluss des Ständerates an, als Revisionsorgan für die Compenswiss eine externe Revisionsstelle vorzusehen. So soll die Unabhängigkeit unterstrichen werden. Um den Corporate-Governance-Richtlinien gerecht zu werden, präzisierte die Kommission, dass der Bundesrat die Wahl vornimmt. Eine Minderheit beantragt, dass wie vom Bundesrat vorgesehen weiterhin die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) die Revision übernimmt. Aufgrund der hohen finanziellen Beteiligung des Bundes an der AHV sei dies gerechtfertigt. Zudem erfülle die EFK das Kriterium der Unabhängigkeit.

Mit der Vorlage wird die Regelung zum Schuldenabbau der IV gegenüber dem AHV-Ausgleichsfonds fortgeschrieben, welche Ende 2017 ausläuft. Die Kommission unterstützt auch die geltende Bestimmung, wonach der Bund ab 2018 nicht mehr die Schuldzinsen der IV übernimmt. Eine Minderheit, welche verlangt, dass der Bund bis zur definitiven Entschuldung der IV für den jährlichen Zinsaufwand aufkommt, unterlag mit 16 zu 7 Stimmen. Uneinig war sich die Kommission über die Frage der Vermögensanlage im Ausland (Art. 3). Mit 16 zu 6 Stimmen bei 2 Enthaltungen lehnte sie einen Antrag ab, der vorsah, das Fondsvermögen in Fremdwährungen auf 30 Prozent zu beschränken. Die Mehrheit wollte in Bezug auf die Anlagestrategie keine politischen Vorgaben machen. Weitere Anträge, welche den Regulierungsgehalt der Vorlage reduzieren und den Organisationsspielraum der Anstalt vergrössern wollten, scheiterten zum Teil nur sehr knapp (Art. 1 und Art. 8). Die Vorlage wird in der Frühlingssession vom Nationalrat behandelt.

Die Kommission tagte am 2./3. Februar 2017 in Bern unter der Leitung von Ignazio Cassis (FDP-Liberale, TI) und Thomas de Courten (SVP, BL) sowie teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.