Nachdem die Kommission im Februar 2021 einstimmig auf die
BVG-Reform (20.089) eingetreten war, nahm sie die zugunsten der Stabilisierung der AHV (19.050) aufgeschobene Detailberatung auf. Im Zentrum steht die Frage, wie die Renten angesichts der gestiegenen Lebenserwartung und der anhaltend tiefen Zinssätze garantiert und die veränderten Erwerbskarrieren besser berücksichtigt werden können. Da das Zusammenspiel der verschiedenen Elemente, welche letztlich die Rente bestimmen, komplex ist, führte die Kommission eine erste Lesung durch und fasste erst provisorische Beschlüsse. Mehrheitlich sprach sie sich dabei für folgende Eckwerte aus:
- Versichert sind wie bisher Arbeitnehmende mit einem Jahreslohn von mehr als 21 510 Franken (Eintrittsschwelle). Die Pflicht soll neu auch für Angestellte gelten, welche nur mit mehreren Jobs auf 21 510 Franken kommen.
- Der Mindestumwandlungssatz soll von 6,8 auf 6,0 Prozent sinken. Pro 100 000 Franken Altersguthaben sinkt damit die Rente von 6800 Franken auf 6000 Franken. Zum Ausgleich soll ein Rentenzuschlag ausgerichtet werden, der mit zusätzlich 0,5 Lohnprozent solidarisch finanziert wird. Für die ersten fünf Jahrgänge, die vom tieferen Mindestumwandlungssatz betroffen sind, soll der Zuschlag 200 Franken pro Monat betragen, für die nächsten fünf Jahrgänge 150 Franken und für weitere fünf Jahrgänge 100 Franken. Für spätere Jahrgänge soll der Bundesrat den Rentenzuschlag je nach vorhandenen Mitteln bestimmen.
- Das Sparen fürs Alter soll gestärkt werden. Es soll bereits mit 21 statt 25 Jahren beginnen. Zudem soll der Koordinationsabzug halbiert und die Pensionskassenbeiträge somit auf einem grösseren Teil des Lohns erhoben werden, nämlich auf dem Teil zwischen 12 548 und 86 040 Franken. Die Pensionskassenbeiträge (Altersgutschriften) sollen für 21- bis 44-jährige Angestellte 9 Prozent des koordinierten Lohns betragen, für über 45-Jährige 14 Prozent.
Die Kommission will zudem die Möglichkeiten der freiwilligen Vorsorge erweitern. So sollen auch junge Angestellte, deren Lohn sich um bis zu zwei Drittel reduziert, den bisherigen Lohn weiter versichern können. Zudem sollen die Beiträge an die dritte Säule erhöht werden. Auch Personen in häufig wechselnden und befristeten Arbeitsverhältnissen sollen eine berufliche Vorsorge aufbauen können.
Die Kommission beauftragte die Verwaltung, bis zur nächsten Sitzung im August die Kohärenz und die finanziellen Auswirkungen dieser und anderer provisorisch gefasster Beschlüsse, zu denen zahlreiche Minderheitsanträge eingereicht wurden, zu prüfen. Sobald diese Gesamtschau vorliegt, wird die Kommission in einer zweiten Lesung über die definitiven Anträge an den Nationalrat beschliessen.
Mit einem Postulat will die Kommission den Bundesrat beauftragen, die vor zehn Jahren in Kraft getretene Strukturreform BVG von unabhängigen Experten evaluieren zu lassen und gegebenenfalls Anpassungen vorzuschlagen.
Die Kommission beantragt im Übrigen mit 15 zu 10 Stimmen, der
Pa. Iv. Fischer Roland. Klimaverträgliche Altersvorsorge (20.448 n) keine Folge zu geben. Bei der Verwaltung ihres Vermögens müssen die Pensionskassen für einen genügend hohen Ertrag sorgen und die Anlagerisiken angemessen verteilen. Die Kommission lehnt daher zusätzliche Regulierungen ab.
Revision des Epidemiengesetzes rasch angehen
Die Kommission ist sich einig, dass das Epidemiengesetz möglichst rasch überarbeitet werden muss. Sie begrüsst, dass in der Verwaltung bereits Vorarbeiten laufen und ein breiter Kreis an politischen Akteuren einbezogen werden soll. Mit 21 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung hat die Kommission deshalb beschlossen, die
Mo.
Revision des Epidemiengesetzes (EpG) bis Ende Juni 2023 (21.3963) einzureichen. Dagegen beantragt die Kommission mit 17 zu 5 Stimmen ohne Enthaltung, der
Pa. Iv. Heer. Änderung des Epidemiengesetzes (20.503 n) keine Folge zu geben. Die Kommission will das Epidemiengesetz umfassend und nicht nur in Bezug auf die Rolle des Parlaments ändern.
Volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse verschiedener Modelle einer Elternzeit
Die Kommission diskutierte ausführlich, ob und inwiefern der bestehende Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub zu einer Elternzeit ausgeweitet werden soll. Sie beantragt mit 13 zu 5 Stimmen bei 6 Enthaltungen, der
Pa. Iv. Bertschy. Elternzeit von 14/14 Wochen. Gleiche Chancen im Erwerbsleben (20.472 n) keine Folge zu geben. Die Kommission teilt das Anliegen der parlamentarischen Initiative, die Chancengleichheit der Geschlechter im Berufsleben zu fördern. Die Mehrheit der Kommission beurteilte das konkrete Modell jedoch als zu teuer und schwierig umsetzbar. In der Diskussion wurden unterschiedliche Vorschläge eingebracht, wie eine Elternzeit gestaltet werden könnte. Die Kommission stellte aber fest, dass die gesamtwirtschaftlichen Kosten und Nutzen der verschiedenen Modelle nicht bekannt sind. Mit dem Ziel, eine solide Diskussionsgrundlage zu schaffen, beschloss sie deshalb, das
Po. Volkswirtschaftliches Gesamtmodell (Kosten-Nutzen) von Elternzeitmodellen (21.3961) einzureichen. Der Entscheid fiel mit Stichentscheid der Präsidentin (12 zu 12 Stimmen bei 1 Enthaltung).
Hürden für die Spitalwahl ausserhalb des Wohnkantons abbauen
Die Kommission hat mit 16 zu 5 Stimmen bei 3 Enthaltungen ein Postulat eingereicht, mit dem der Bundesrat beauftragt wird aufzuzeigen, wie die Hindernisse bei der Ermöglichung der freien Spitalwahl beseitigt werden können. Mit der neuen Spitalfinanzierung, die ab 2012 umgesetzt worden ist, sollten Spitalaufenthalte ausserhalb des Wohnkantons einfacher ermöglicht und der Wettbewerb unter den Spitälern gefördert werden.
Weitere Geschäfte
Mit 11 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen beantragt die Kommission, die
Mo. Ständerat ((Lombardi) Rieder). Wiederherstellung der Transparenz bei den Gesundheitskosten (19.4180 s) abzulehnen.
Die Kommission beantragt einstimmig, die
Mo. Ständerat (Dittli). Abrechnung der Sozialversicherungen und der Steuern bei Hausdienstangestellten vereinfachen (20.4425 s) anzunehmen.
Die Kommission hat der Standesinitiative des Kantons Genf Für eine Übernahme der Arztkosten bei Schwangerschaftsabbrüchen vor der dreizehnten Woche (19.308 s) mit 11 zu 7 Stimmen Folge gegeben. Sie schliesst sich damit dem Entscheid ihrer Schwesterkommission an.
Die Kommission tagte am 23., 24. und 25. Juni 2021 in Bern unter der Leitung von Ruth Humbel (Die Mitte, AG) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.