Die ersten 15 Jahrgänge der Rentnerinnen und Rentnern, die von der Senkung des Umwandlungssatzes betroffen sind, sollen einen gezielten Ausgleich erhalten. Dieser Rentenzuschlag soll mit den überobligatorischen Leistungen der Pensionskasse verrechnet werden. Dies beantragt die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates. Ihr Kompensationsmodell erfasst rund 35 bis 40 Prozent der betroffenen Rentnerinnen und Rentner.

Mit 14 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen hiess die Kommission die BVG-Reform (20.089) in der Gesamtabstimmung gut. Zentrales Element der Reform der beruflichen Vorsorge ist die Senkung des Mindestumwandlungssatzes von 6,8 auf 6,0 Prozent. Die daraus resultierenden Renteneinbussen will die Mehrheit der Kommission (14 zu 11 Stimmen) gezielt ausgleichen. Dabei wird die Rente gemäss Pensionskassenreglement verglichen mit dem gesetzlichen Mindestanspruch plus einen Rentenzuschlag. Überobligatorische Leistungen der Pensionskasse werden also mit dem Rentenzuschlag verrechnet. Der Zuschlag beträgt für die ersten fünf Jahrgänge maximal 2400 Franken im Jahr, für die zweiten fünf Jahrgänge maximal 1800 Franken pro Jahr und für die dritten fünf Jahrgänge maximal 1200 Franken pro Jahr. Dieses Ausgleichsmodell erfasst rund 35 bis 40 Prozent der Rentnerinnen und Rentner. Anders als ursprünglich beabsichtigt (siehe Medienmitteilung vom 20. August 2021) beantragt die Mehrheit der Kommission, dass der Rentenzuschlag nur soweit solidarisch von allen Versicherten finanziert wird, als allfällig gebildete Rückstellungen der einzelnen Pensionskassen nicht ausreichen. Dazu soll der Sicherheitsfonds bei den Pensionskassen Beiträge von 0,15 Prozent der nach BVG versicherten Löhne erheben.

Zwei starke Minderheiten der Kommission beantragen andere Ausgleichsmodelle. Die eine unterstützt das Modell des Bundesrates, der für alle Neurentnerinnen und Neurentner einen Rentenzuschlag vorsieht. Eine andere Minderheit sieht nur für Versicherte mit einem Altersguthaben bis zu gut einer halben Million Franken einen Rentenzuschlag vor, der für die ersten 20 Jahrgänge ausgerichtet und von Jahrgang zu Jahrgang sinken würde. Dieses Modell würde etwa 70 Prozent der Rentnerinnen und Rentner erfassen. 

Die Kommission kam auf die Frage zurück, wie Teilzeitbeschäftigte mit mehreren Arbeitgebern versichert sein sollen. Sie beantragt nun, dass sich alle mit einem gesamten Jahreslohn von über 12 548 Franken einer Pensionskasse anschliessen müssen (13 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung; Art. 46 Abs. 1). Sie reichte zudem die Motionen «BVG. Ausweitung der Versicherungspflicht auf mehrere Teilzeitbeschäftigungen» (21.4338) und «Den Erwerb von Wohneigentum mit Hilfe der 2. Säule erleichtern» (21.4339) ein.

Überschussbeteiligung für Versicherte bei zu hohen Reserven der Krankenkassen

Wenn eine Krankenkasse mehr als 150 Prozent der geforderten Reserven hält, soll sie ihren Versicherten den Überschuss im folgenden Jahr als Anzahlung an die Prämie gutschreiben. Mit 14 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen beschloss die Kommission, der Pa. Iv. Nantermod. KVAG. Überschussbeteiligung (20.463) Folge zu geben. Zuvor hatte sie sich über die Entwicklungen bei den Reserven informieren lassen, die per 1. Januar 2021 rund 12,4 Milliarden betrugen. In einem nächsten Schritt wird die Schwesterkommission des Ständerates zur Initiative Stellung nehmen.
In der Folge beantragt die Kommission, zwei jeweils materiell identischen Standesinitiativen aus den Kantonen Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (siehe 20.300 und 20.302) keine Folge zu geben; diese erübrigen sich angesichts der Pa. Iv. 20.463 und einer bereits vom Parlament angenommenen Motion.

Covid-19: Tests für erstmals Geimpfte sollen auch nach Ende November gratis sein

Die Kommission hat sich zur geplanten Änderung der Covid-19-Verordnung Zertifikate konsultieren lassen und sich bei dieser Gelegenheit mit Bundesrat Berset sowie Fachleuten des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) und des Bundesamtes für Informatik und Telekommunikation (BIT) zur aktuellen Lage ausgetauscht. Die Kommission begrüsst die vom Bundesrat geplante Änderung und die damit verbundene Schaffung eines nur in der

Schweiz gültigen Covid-Zertifikats. Mit 15 zu 6 Stimmen empfiehlt sie dem Bundesrat, die Testkosten für erstmals geimpfte Personen auch nach dem 30. November 2021 zu übernehmen. Mit 9 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen fordert die Kommission vom Bundesrat zudem verbindliche Ausstiegsperspektiven und -szenarien. Sie ist der Auffassung, dass bei weiter stabilen Entwicklungen ein schrittweiser Abbau der einschränkenden Massnahmen angestrebt werden soll.

Weitere Geschäfte

Die ausgehend von der Standesinitiative des Kantons Thurgau (16.312) ausgearbeitete Änderung des Verfahrens bei Nichtbezahlen der Prämien ist bereit für den Nationalrat. Die Kommission hat den entsprechenden Entwurf in der Gesamtabstimmung mit 20 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen (siehe auch Medienmitteilung vom 20. August 2021). Im Gegensatz zum Beschluss des Ständerates beantragt die Kommission aber, dass säumige Versicherte nicht in ein alternatives Versicherungsmodell, wie etwa in ein Hausarztmodell, eingeteilt werden (17 Stimmen bei 7 Enthaltungen). Weiter soll der Entwurf ergänzt werden, so dass die laufenden Kosten für die Prämien über das Betreibungsamt bezahlt werden können, wenn der Lohn einer versicherten Person gepfändet wird (11 zu 10 Stimmen bei 3 Enthaltungen).

Die Kommission ist einstimmig auf die Vorlage zur Modernisierung der Aufsicht in der 1. Säule und Optimierung in der 2. Säule der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge eingetreten (19.080). Wie bereits der Ständerat unterstützt die Kommission, dass die Risikoorientierung in der Aufsicht verstärkt, die Governance verbessert und die Steuerung der Informationssysteme zweckmässiger ausgestaltet werden. Nach dem Beginn der Detailberatung hörte die Kommission die Eidgenössische Finanzkontrolle an. In diesem Zusammenhang hat sie mit 18 Stimmen bei 5 Enthaltungen eine Kommissionsmotion (21.4340) eingereicht. Damit soll der Bundesrat beauftragt werden, zu prüfen, ob es sinnvoll ist, die Zentrale Ausgleichsstelle mit Compenswiss zusammenzulegen und diese neue Struktur in eine Sozialversicherungsanstalt des Bundes zu übertragen. Sie wird die Detailberatung an der nächsten Sitzung fortführen.

In der Differenzbereinigung zur AHV 21 (19.050) hält die Kommission mit 14 zu 10 Stimmen daran fest, dass die Erträge der Schweizerischen Nationalbank aus den Negativzinsen in die AHV fliessen sollen. Einstimmig bleibt die Kommission auch dabei, dass die Kompensation für die Frauen der Übergangsgeneration die Höhe der Ergänzungsleistungen nicht schmälern soll. Wie die Kompensation genau ausgestaltet werden soll, will die Kommission aufgrund zusätzlicher Berechnungen an ihrer nächsten Sitzung beschliessen. Einen Kompromiss sucht sie bei der Karenzfrist für die Hilflosenentschädigung; mit 12 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt sie, die Frist von einem Jahr auf sechs Monate zu verkürzen. 

Die Kommission nahm die Beratung der Volksinitiative «Maximal 10 % des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und des indirekten Gegenvorschlags des Bundesrates auf (21.063). Sie hörte Vertretungen des Initiativkomitees, der Kantone, der Versicherer und der Versicherten an und beauftragte die Verwaltung mit verschiedenen Abklärungen. Sie wird die Beratung zu Beginn des Jahres 2022 weiterführen.

Die Kommission beantragt weiter dem Rat, der pa. Iv. Nantermod. Höhere Franchisen für alle zugänglich machen (18.486) keine Folge zu geben.

Aus Gründen der Patientensicherheit lehnt die Kommission die Motion «Planungssicherheit bei Medizinprodukten» (21.3176) aus dem Ständerat mit 13 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab. Eine Minderheit beantragt, die Motion anzunehmen.

In einem Schreiben, fordert die Kommission den Bundesrat auf, die Motion «Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen» (18.3716) nicht nur in Bezug auf Alters- und Pflegeheime, sondern unabhängig von der Wohnform umzusetzen. 

Die Kommission tagte am 27., 28. und 29. Oktober 2021 in Bern unter der Leitung von Ruth Humbel (Die Mitte, AG) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset