Die Mehrwertsteuersteuer soll in Etappen um 0,3 Prozentpunkte und später um höchstens 0,4 Prozentpunkte angehoben werden, um die AHV finanziell zu sichern. Dies beantragt die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S).

Die Kommission schloss die Beratung der Stabilisierung der AHV (AHV 21; 19.050) ab. In der Gesamtabstimmung hiess sie den Entwurf 1, in dem die AHV-Reform materiell geregelt wird, mit 7 zu 6 Stimmen gut. Diese umfasst insbesondere das Referenzalter 65 auch für Frauen, Ausgleichsmassnahmen für die Übergangsgeneration, die Flexibilisierung des Rentenbezugs sowie die Erhöhung des Ehepaarplafonds, welche die Kommission bereits an früheren Sitzungen beraten hatte.

Einstimmig genehmigte die Kommission in der Gesamtabstimmung den Entwurf 2 über die Zusatzfinanzierung der AHV. Zuvor hatte sie sich mit 9 zu 4 Stimmen für eine gestaffelte Erhöhung der Mehrwertsteuer ausgesprochen: Der Normalsatz soll in einem ersten Schritt um 0,3 Prozentpunkte erhöht werden. Für den Fall, dass der AHV-Ausgleichsfonds unter 90 Prozent einer Jahresausgabe sinken sollte, soll in der Verfassung vorgesehen werden, dass der Mehrwertsteuersatz per Gesetz um höchstens weitere 0,4 Prozentpunkte, also insgesamt um höchstens 0,7 Prozentpunkte, angehoben werden kann. Mit einem solch etappierten Vorgehen könne vermieden werden, dass Steuern auf Vorrat erhoben würden, argumentierte die Mehrheit der Kommission. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer in einem Schritt um 0,7 Prozentpunkte zu erhöhen. Eine Minderheit beantragt, die Mehrwertsteuererhöhung auf 0,3 Prozentpunkte zu beschränken, eine weitere Minderheit will sie auf 0,8 Prozentpunkte ausweiten.

Die Mehrwertsteuer soll nach dem Willen der Kommission (9 zu 4 Stimmen) nur dann angehoben werden, wenn auch das Referenzalter 65 der Frauen in der zu erwartenden Volksabstimmung eine Mehrheit findet. Die Verknüpfung soll auch in die umgekehrte Richtung gelten: kein höheres Rentenalter für Frauen ohne Mehrwertsteuererhöhung. Eine Minderheit ist mit dem Bundesrat der Ansicht, die Verknüpfung würde eine differenzierte Meinungsbildung verhindern und im Ergebnis die ablehnenden Stimmen kumulieren.

Die Vorlage, deren finanzielle Auswirkungen sich die Kommission im Detail aufzeigen liess, ist damit bereit für die Frühjahrssession.

Im Nachgang zu den Beratungen über die AHV 21 beantragt die Kommission ohne Gegenstimme, der Pa. Iv. Neirynck. Unbeschränkter Aufschub des AHV-Rentenbezugs (12.491) keine Folge zu geben. Mit 6 zu 2 Stimmen sprach sie sich zudem gegen die Mo. Nationalrat (Fraktion C). Beseitigung der Heiratsstrafe auch in der AHV (16.3103) aus. Ebenso zur Ablehnung beantragt sie mit 7 zu 1 Stimme bei 2 Enthaltungen die Mo. Noser. Mehr Lebensqualität und sichere Renten für alle (20.3225); die Reform AHV21 dürfe nicht mit parallelen Vorstössen überladen werden, wurde argumentiert.

Bund soll regelmässige Covid-19-Tests in der Bevölkerung prüfen

Die Kommission nahm mit Bundesrat Alain Berset sowie den Fachleuten des Bundesamtes für Gesundheit eine Standortbestimmung zur Covid-19-Pandemie vor und sprach ihnen ausdrücklich das Vertrauen in deren Arbeit aus. Sie empfiehlt dem Bundesrat, Prioritäten zu setzen beim Testen, Impfen, dem dazu gehörenden Datenmanagement sowie einer raschen und transparenten Information über alle relevanten Daten zur Beurteilung der Covid-19-Pandemie. So soll er zum Beispiel prüfen, ob der Bund bis Ende Juni 2021 alle 14 Tage die Kosten eines Tests pro Einwohner und Einwohnerin übernehmen und ein digitaler «Covid-free Nachweis» geschaffen werden kann.

Ohne Gegenantrag beantragt die Kommission, folgende Motionen anzunehmen: Mo. Nationalrat (M-CEB). Lehren aus der Covid-19-Pandemie für das Schweizer Gesundheitssystem ziehen (20.3263), Mo. Nationalrat (Fraktion RL). Covid-19. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen beschleunigen (20.3243) und Mo. Nationalrat (SGK-NR). Ein elektronisches Patientendossier für alle am Behandlungsprozess beteiligten Gesundheitsfachpersonen (19.3955). Mit 7 zu 4 Stimmen beantragt sie hingegen, Mo. Carobbio Guscetti. Es braucht Sofortmassnahmen, um dem Armutsrisiko entgegenzuwirken, das infolge der gesellschaftlichen Krise entstanden ist, die durch das Coronavirus ausgelöst wurde (20.3423) abzulehnen.

Auslegeordnung zur komplexen Frage der Krankenkassenreserven

Die Kommission hat sich ausführlich mit den Krankenkassenreserven befasst. Anfang 2020 beliefen sich die Reserven der Versicherer auf 11,3 Milliarden Franken, was dem Doppelten der gesetzlich geforderten Reserven entspricht. Angesichts der steigenden Reserven bei hoher Prämienlast haben die Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg Standesinitiativen eingereicht, die auf Anpassungen des Krankenversicherungsaufsichtsgesetzes abzielen: Die Versicherer sollen übermässige Reserven abbauen und zu hoch eingeschätzte Prämien im Nachhinein ausgleichen müssen (siehe etwa 20.301, 20.302). Heute sind diese Massnahmen freiwillig, der Bundesrat plant aber, die Anreize dafür mittels einer Verordnungsänderung zu stärken. Nach einer Anhörung der Vertretungen der Kantone, der Versicherer sowie der Prämienzahlerinnen und -zahler sowie einer Konsultation der Verordnungsänderung beschloss die Kommission, die komplexen Fragen zum Reserveabbau und zum Ausgleich der Prämien an einer weiteren Sitzung zu vertiefen.

Anlässlich dieser Auslegeordnung zu den Krankenkassenreserven hat die Kommission zudem fünf Standesinitiativen sowie eine Motion geprüft, die einen stärkeren Einbezug der Kantone bei der Prämiengenehmigung fordern (Kt. Iv. 20.300, 20.304, 20.330, 20.333, 21.300; Mo. 19.4180). Demnach sollen die Kantone zu den vorgesehenen Prämientarifen Stellung nehmen können. Die Kommission beantragt, den Standesinitiativen keine Folge zu geben (mit 7 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung) und die Motion abzulehnen (mit 8 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung).

Die Kommission tagte am 22. Februar 2021 in Bern unter dem Vorsitz von Paul Rechsteiner (SP, SG) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.