Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (SiK-N) empfiehlt die beiden Vorlagen des Bundesrates zur Terrorismusbekämpfung zur Annahme (18.071 und 19.032). Verschärfend beantragt die Kommission, das Instrument der präventiven Haft einzuführen.


Die Kommission war bereits letzten Mittwoch auf die beiden Vorlagen eingetreten und hatte deren Stossrichtung begrüsst. Ausserdem hatte sie die Kantone sowie eine Reihe von Experten angehört.

In der Detailberatung unterstützt die SiK-N die beiden Vorlagen des Bundesrates weitgehend. Mit 19 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung befürwortet sie die Anpassung des Strafrechts und die Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit (18.071). Für reichlich Diskussionsstoff sorgte Artikel 260ter des Strafgesetzbuches, der die Unterstützung von kriminellen oder terroristischen Organisationen definiert. Die Kommission stützt den Beschluss des Ständerates mit 17 zu 3 Stimmen bei 5 Enthaltungen, sowohl für kriminelle als auch für terroristische Organisationen eine Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren zu ermöglichen. Dazu gibt es eine Minderheit, welche die Version des Bundesrates unterstützt. Weiter spricht sich die Kommission mit 15 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung dafür aus, für unparteiische humanitäre Organisationen explizit eine Ausnahme vorzusehen. Solchen Organisationen soll es weiterhin straffrei möglich sein, in bewaffneten Konflikten mit bewaffneten Gruppen in Kontakt zu stehen und der Zivilbevölkerung in von diesen Gruppen kontrollierten Gebieten Hilfe zu leisten. Eine Minderheit bekämpft diese Bestimmung. Sämtliche weniger weitgehende Massnahmen wurden abgelehnt.

Die Kommission beschliesst bezüglich der vorzeitigen Übermittlung von Informationen und Beweismitteln (Rechtshilfegesetz, Art. 80dbis Abs. 1 Bst. a und b) eine weitere Differenz zum Beschluss des Ständerates zu schaffen. Die SiK-N ist der Ansicht, dass eine vorzeitige Übermittlung von Informationen erfolgen soll, wenn ausländische Ermittlungen ohne diese Rechtshilfemassnahmen unverhältnismässig erschwert würden oder um eine schwere und unmittelbare Gefahr abzuwehren. Sie teilt die Meinung des Bundesrates, dass es sich dabei um zwei verschiedene Anliegen handelt.

Bei der Vorlage 19.032 unterstützt die Kommission mit 15 zu 10 Stimmen eine Verschärfung der polizeilich-präventiven Massnahmen. Die Kommission anerkennt den Handlungsbedarf, um der aktuellen Gefahr des Terrorismus mit zusätzlichen vorbeugenden Instrumenten begegnen zu können. In einem wesentlichen Punkt geht die SiK-N weiter als die Vorlage: Die Kommission beantragt mit 11 zu 10 Stimmen bei 4 Enthaltungen, dass die polizeilichen Massnahmen um eine «gesicherte Unterbringung von Gefährdern (GUG)» ergänzt werden sollen, wie dies die vom Nationalrat in der Herbstsession 2018 angenommene Motion (16.3673) verlangt. Mit dieser zusätzlichen Massnahme sollen Anschläge von bekannten Gefährdern noch effektiver verhindert werden. Eine Minderheit lehnt das Anliegen ab. Sie argumentiert, dass eine Präventivhaft mit dem Rechtsstaat unvereinbar ist und gegen die EMRK verstösst.

Eine Grundsatzdiskussion löste innerhalb der Kommission zudem die Frage aus, wo das Mindestalter für diese Massnahmen angesetzt werden soll (Art. 23k und 24f BWIS). Die Mehrheit der Kommission stimmt dem Bundesrat zu, dass bereits Jugendliche ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellen können und ist folglich mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen Altersgrenze einverstanden. Zudem unterstützt sie eine Einzelfallbetrachtung und die situative Anwendung der Massnahme. Eine Minderheit ist der Ansicht, dass insbesondere der Hausarrest bei Jugendlichen eine kontraproduktive Wirkung haben kann, wenn sie in einem prekären Umfeld weiter radikalisiert werden.
Eine Reihe von weiteren Anträgen wurde abgelehnt. Der Nationalrat wird die beiden Vorlagen in der Sommersession behandeln.

Weiter hat die Kommission die definitive Übernahme der Rechtsgrundlagen über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) (20.025) behandelt. Zwei Anträge auf Nichteintreten und Rückweisung hat die Kommission mit 22 zu 3 sowie mit 18 zu 7 Stimmen abgelehnt. Zu beiden dieser Anträge gibt es Minderheiten. Die SiK-N anerkennt die wichtige Rolle des SIS und beantragt, den Bundesbeschluss mit 15 zu 3 Stimmen bei 7 Enthaltungen anzunehmen. Sie begrüsst, dass die Kontrollen der Schengen-Aussengrenzen weiter verbessert und die Zusammenarbeit der nationalen Sicherheits- und Migrationsbehörden in ganz Europa gestärkt werden sollen. Ausserdem befürwortet die Kommission, dass das weiterentwickelte SIS den Vollzug der Wegweisung von Drittstaatsangehörigen mit irregulärem Aufenthalt im Schengen-Raum erleichtern soll, indem alle Rückkehrentscheide von Drittstaatsangehörigen im SIS ausgeschrieben und somit für andere Mitgliedstaaten sichtbar werden.
Eine kleine Anpassung, die der Bundesrat ergänzend beantragte, hat die SiK-N einstimmig angenommen. Sämtliche anderen Anträge wurden hingegen abgelehnt. Der Nationalrat wird das Geschäft in der Sommersession behandeln.
 
Die Kommission hat am 13. und 18. Mai 2020 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Ida Glanzmann und teilweise in Anwesenheit von Bundesrätin Karin Keller-Sutter, Vorsteherin des EJPD, in Bern getagt.