Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates lehnt die Vorlage zur Integrationspolitik in der Gesamtabstimmung ab. Bundesrat und Ständerat wollen die Integration von Ausländerinnen und Ausländern nach dem Grundsatz „Fördern und Fordern“ verstärken. Für den einen Teil der Kommissionsmehrheit geht das „Fördern“, für den anderen Teil das „Fordern“ zu weit.

​Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates hat die Vorlage (13.030 s Ausländergesetz. Änderung. Integration) in der Gesamtabstimmung mit 12 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt. Der Nationalrat war bereits am 12. März 2014 auf diese Vorlage eingetreten, hatte sie aber an den Bundesrat zurückgewiesen. Der Bundesrat wurde beauftragt, die Vorlage unter Berücksichtigung des neuen Artikels 121a Bundesverfassung auf der Basis der Beschlüsse des Ständerates zu überarbeiten sowie die Anliegen von fünf hängigen parlamentarischen Initiativen in die Vorlage aufzunehmen.

In der Detailberatung hat die Kommission gegenüber den Beschlüssen des Erstrates und den neuen Anträgen des Bundesrates erhebliche Verschärfungen beschlossen. Mit 12 zu 12 Stimmen und Stichentscheid des Präsidenten wurde die Möglichkeit eines Familiennachzugs für vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer abgeschafft. Die Minderheit macht geltend, dass diese Änderung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) widerspreche. Entgegen dem Entwurf des Bundesrates wollte die Kommission mit 12 zu 9 Stimmen und 2 Enthaltungen neu ermöglichen, dass eine Niederlassungsbewilligung widerrufen werden kann, wenn eine Ausländerin oder ein Ausländer nicht bereit ist, sich in der Schweiz zu integrieren.

Auf der anderen Seite scheiterten zahlreiche Anträge, welche die Anforderungen an die Integration von Ausländerinnen und Ausländern zusätzlich verschärfen wollten. Die unterlegene Minderheit ist der Auffassung, dass die Integration der Ausländerinnen und Ausländer in deren Eigenverantwortung liegt und nicht Aufgabe des Staates ist.

Weil der Nationalrat auf die Vorlage bereits eingetreten ist und auf Eintreten nicht zurückgekommen werden kann, muss der Nationalrat in der Herbstsession die Beratung der Vorlage auf der Grundlage der in der Detailberatung gestellten Kommissionsanträge durchführen.

 

Keine neue Regelung des Asylrechts in der Verfassung

Die SVP-Fraktion will in der Verfassung festschreiben, dass Personen, die über einen sicheren Staat eingereist sind, vom Asylverfahren ausgeschlossen werden. Gegen Asylentscheide soll nur noch vor einer Verwaltungsbehörde und nicht mehr vor einem Gericht Beschwerde geführt werden können (15.439 Pa.Iv. Eine echte Asylpolitik in der Verfassung verankern). Nachdem sich das Volk erst gerade kürzlich für eine Reform des Asylrechts ausgesprochen hat, mit welcher eine Beschleunigung der Verfahren beabsichtigt ist, sieht die Kommission keinen weiteren Handlungsbedarf mehr und lehnt die Initiative mit 16 zu 9 Stimmen ab.

 

Finanzielle Unterstützung für das Politforum Käfigturm

Das Politforum Käfigturm in der Stadt Bern stellt eine für die politische Bildung wichtige Institution dar. Im Rahmen des Stabilisierungsprogrammes 2017-2019 des Bundesrates soll das Politforum Käfigturm ab 2018 geschlossen werden. Am 25. August 2016 hat bereits die SPK des Ständerates eine Motion eingereicht, welche den Bundesrat beauftragen will, zusammen mit anderen Trägern diese für die politische Bildung wichtige Institution weiterzuführen und dafür jährliche Ausgaben von 400‘000 Franken vorzusehen. Die SPK des Nationalrates doppelt nun nach mit einer eigenen Motion (16.3633 Mo. SPK-NR. Das Politforum Käfigturm muss weiterbestehen), welche mit 14 zu 10 Stimmen beschlossen wurde.

 

Vorprüfung von verschiedenen parlamentarischen Initiativen für Änderungen des Parlamentsrechts

  • Nachdem die SPK des Ständerates ihre Zustimmung verweigert hat, hält die SPK mit 19 zu 2 Stimmen an ihrem früheren Entscheid fest, dass Medienschaffenden Auskunft erteilt werden darf, wenn Mitglieder der Bundesversammlung aufgrund ihrer Mitgliedschaft in einer parlamentarischen Delegation (z.B. Europarat, OSZE etc.) oder Kommission Reisen tätigen (15.442 Pa.Iv. Heer. Auskunftspflicht über die Reisetätigkeit von Mitgliedern der Bundesversammlung). Stimmt der Nationalrat zu und lenkt die ständerätliche Kommission anschliessend nicht ein, so entscheidet definitiv der Ständerat.

  • Zwei parlamentarische Initiativen fordern, dass der Bundesrat dem Parlament die Legislaturplanung nicht mehr in der Form des Entwurfes eines einfachen Bundesbeschlusses, sondern nur noch mit einem Bericht zur Kenntnisnahme vorlegt (16.402 Pa.Iv. Fraktion RL. Legislaturplanung. Abschaffung unnötiger Kosten im Parlamentsbetrieb; 16.425 Pa.Iv. Kommission 16.016-NR. Legislaturplanung. Verfahrenssänderung). Die Initianten erhoffen sich eine Entlastung des Parlamentes. Den Initiativen wurde knapp mit 12 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung Folge gegeben. Ein Teil der Mehrheit möchte allerdings wie die Minderheit die von der Verfassung geforderte Mitwirkung des Parlamentes an der Legislaturplanung nicht ganz abschaffen, sondern effizientere Verfahren für diese Mitwirkung entwickeln.

  • Zudem hat die Kommission sich einstimmig für die parlamentarische Initiative ausgesprochen, welche eine Erwähnung von im Parlament hängigen Vorlagen in der Legislaturplanung verlangt (16.426 Pa.Iv. Kommission 16.016-NR. Erwähnung von im Parlament hängigen Vorlagen der Legislaturplanung).

  • Gemäss einer erst vor kurzem neu eingeführten Regelung können die Finanzkommissionen zu Verpflichtungskrediten Mitberichte an die federführenden Sachbereichskommissionen richten und ihre Anträge in den Räten gleichberechtigt mit der federführenden Kommission vertreten. Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) des Nationalrates will diese Sonderstellung der Finanzkommissionen wieder abschaffen, weil sie zu Ineffizienz führe und den finanzpolitischen gegenüber den sachpolitischen Überlegungen ein zu grosses Gewicht gebe (16.427 Pa.Iv. WBK-NR. Gewährleistung effizienter Parlamentsdebatten. Änderung des Parlamentsgesetzes). Die SPK lehnt diese Initiative mit 15 zu 5 Stimmen ab. Bevor eine Bilanz über die Wirkung der neuen Regelung gezogen werden kann, sollten zuerst mehr Erfahrungen gesammelt werden können.

 

Über die Resultate der Beratung der Umsetzungsgesetzgebung zur "Masseneinwanderungsinitiative" (16.027 Ausländergesetz. Steuerung der Zuwanderung und Vollzugsverbesserungen bei den Freizügigkeitsabkommen) wurde an einer Medienkonferenz orientiert.

 

Die Kommission tagte am 31. August sowie 1./2. September 2016 unter dem Vorsitz ihres Präsidenten Nationalrat Heinz Brand (V, GR) in Bern.