Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats möchte die Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» wie bereits der Ständerat dem Volk ohne Gegenentwurf und mit einer ablehnenden Abstimmungsempfehlung zur Abstimmung vorlegen.

​Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-N) beantragt ihrem Rat mit 16 zu 9 Stimmen, dem Volk die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen, welche den Vorrang des Verfassungs- vor dem Völkerrecht in der Verfassung verankern möchte (17.046). Die Kommission weist darauf hin, dass die Schweiz als Kleinstaat im globalisierten Umfeld ein grosses Interesse an der Einhaltung von völkerrechtlichen Regeln hat. Sie ist der Ansicht, dass die Volksinitiative den Ruf der Schweiz als verlässlichen Partner in den internationalen Beziehungen gefährden könnte. Auch befürchtet sie, dass die Initiative die Kündigung von wichtigen menschenrechtlichen Verträgen wie beispielsweise der Europäischen Menschenrechtskonvention zur Folge haben könnte. Eine Kommissionsminderheit möchte demgegenüber die Initiative dem Volk zur Annahme empfehlen. Für sie bedroht der Vorrang des Völkerrechts gegenüber dem Landesrecht die direkte Demokratie, während umgekehrt die Menschenrechte bereits durch die Bundesverfassung gewährt werden.

Die Kommission hat Kenntnis genommen von den umfangreichen Abklärungsarbeiten der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates (RK-S), welche die Initiative als Kommission des Erstrates vorberaten und sich intensiv mit der Frage eines möglichen Gegenentwurfs befasst hat. Die SPK-N hat es mit 14 zu 11 Stimmen abgelehnt, zusätzliche Anhörungen zur Ausarbeitung eines Gegenentwurfs durchzuführen. Der Kommission lag wie bereits dem Ständerat ein Antrag vor, wonach das Verhältnis von Völker- und Landesrecht in der Verfassung neu geregelt werden sollte. Demnach soll es dem Verfassungs- und dem Gesetzgeber möglich sein, ausnahmsweise bewusst vom Völkerrecht abzuweichen. Im Falle eines Widerspruchs zwischen Völker- und Landesrecht würde in diesen Fällen das Landesrecht vorgehen, sofern die völkerrechtliche Norm nicht dem Schutz der Menschenrechte dient. Die Kommission hat die Einführung einer solchen verfassungsrechtlichen Kollisionsregel in Form eines direkten Gegenentwurfs zur Volksinitiative mit 14 zu 11 Stimmen abgelehnt. Sie gelangt mit der RK-S und dem Ständerat zum Schluss, dass der heutige pragmatische Umgang mit Normenkonflikten einer starren Kollisionsregel vorzuziehen ist. Eine Minderheit ist demgegenüber der Ansicht, dass Konflikte zwischen Völker- und Landesrecht vom Souverän und nicht von den Gerichten geklärt werden sollten.

Die Kommission tagte am 12./13. April 2018 unter dem Vorsitz ihres Präsidenten Nationalrat Kurt Fluri (RL/SO) in Bern.