Eine der noch nicht beseitigten Differenzen zwischen Nationalrat und Ständerat bei der Revision des Datenschutzgesetzes betrifft das Profiling. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates lehnt die vom Ständerat verabschiedete Kompromisslösung ab und beantragt ihrem Rat, an seiner ursprünglichen Lösung festzuhalten.

​Die Vorlage zur Totalrevision des Datenschutzgesetzes (17.059) befindet sich derzeit in der Differenzbereinigung und beschäftigt die Staatspolitischen Kommissionen folglich nach wie vor. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N) hat mit 13 zu 12 Stimmen einen Antrag angenommen, wonach beim Profiling an der ursprünglichen Lösung ihres Rates festzuhalten ist. Danach ist auf besondere Voraussetzungen für das Profiling zu verzichten, namentlich auf die ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person. Die Kommission bevorzugt diese Lösung gegenüber jener, welche der Ständerat in der Sommersession 2020 verabschiedet hat. Sie erachtet dessen Kompromissvorschlag mit der Einführung des Begriffs «Profiling mit hohem Risiko» nicht für überzeugend und befürchtet bei einem «Swiss finish» negative Folgen für die Schweizer Wirtschaft. Die Kommissionsminderheit hingegen sieht in der Lösung des Ständerates einen zufriedenstellenden Kompromiss, der sowohl Rechtssicherheit schafft als auch ein dem geltenden Recht entsprechendes Datenschutzniveau gewährleistet. Die SPK-N hat im Weiteren mit 15 zu 10 Stimmen einen Antrag auf Einführung eines Widerspruchsrechts gegen das Profiling abgelehnt.
Bei einer weiteren Differenz, der Definition der genetischen Daten, beantragt die Kommission ihrem Rat einstimmig, dem Ständerat zu folgen. Bei der Frage, wie lange die Daten zur Kreditwürdigkeit zurückverfolgt werden dürfen, hält die SPK-N hingegen mit 15 zu 10 Stimmen an der Differenz zur kleinen Kammer fest. Die Minderheit beantragt, auch hier dem Ständerat zu folgen.

Europäisches Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS)

Wie der Ständerat heisst auch die SPK-N die ETIAS-Vorlage (20.027) gut, welche im Rahmen der Übernahme von Schengen-Recht die Beteiligung der Schweiz am Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystem vorsieht. Mit diesem System werden automatisierte Sicherheitskontrollen für in den Schengen-Raum einreisende nicht visumspflichtige Drittstaatenangehörige eingeführt. Diese Personen müssen dann vor ihrer Reise online ein gebührenpflichtiges Gesuch um Erteilung einer Reisegenehmigung stellen. Ein ähnliches System gibt es bereits in den USA (ESTA).
Die Kommission hat einen Antrag auf Rückweisung an den Bundesrat mit 16 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt und bei der Gesamtabstimmung schliesslich den Entwurf 1 der Vorlage mit 16 zu 2 Stimmen bei 7 Enthaltungen und den Entwurf 2 mit 16 zu 9 Stimmen angenommen. In ihren Augen bringt das neue System einen Sicherheitsgewinn für die Schweiz, ohne unverhältnismässig in die Privatsphäre einzugreifen. Die Minderheit beantragt die Rückweisung an den Bundesrat mit dem Auftrag, stärkere Mitwirkungsrechte des Parlaments vorzusehen.

Weder Vorgaben, noch Anreize zur Vertretung der Geschlechter auf Nationalratswahllisten

Die Kommission ist der Ansicht, dass es den Parteien überlassen werden soll, für eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter auf Listen für Nationalratswahlen zu sorgen. Verschiedene Parteien haben dies bei den letzten Wahlen sehr erfolgreich getan. Die Kommission spricht sich deshalb mit 15 zu 10 Stimmen gegen eine parlamentarische Initiative von Nationalrätin Irène Kälin (G, AG) aus, wonach gesetzlich eine paritätische Vertretung beider Geschlechter auf Wahllisten verlangt werden soll (19.440 Pa.Iv. Paritätische Wahllisten). Mit dem gleichen Stimmenverhältnis spricht sie sich auch gegen eine parlamentarische Initiative von Nationalrat Jürg Grossen aus (GL, BE), wonach Fraktionen nur noch in vollem Umfang entschädigt werden sollen, wenn die entsprechenden Parteien auf ihren Wahllisten eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter aufweisen (19.460 Endlich Anreize für eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter auf Wahllisten). Eine Minderheit ist der Ansicht, dass es einen gewissen Druck braucht, damit Parteien sich tatsächlich um eine Vertretung beider Geschlechter bemühen und z.B. die Parteiarbeit familienfreundlich gestalten.

Flugreisen von Bundesangestellten

Mit seiner parlamentarischen Initiative verlangt Nationalrat Michael Töngi (G, LU), dass Bundesangestellte Reisen bis zu einer Reisezeit von acht Stunden mit der Bahn vornehmen müssen (19.408 Pa. Iv. Bundesangestellte. Flugreisen vermeiden, Reisen per Bahn). Die Kommission verweist auf den erst kürzlich vom Bundesrat verabschiedeten Aktionsplan Flugreisen und sieht keinen weiteren Handlungsbedarf. Sie lehnt die Initiative mit 15 zu 10 Stimmen ab. Gemäss der Minderheit sind gemäss diesem Aktionsplan immer noch zu viele Flugreisen möglich.

Einwirkung auf Verordnungen des Bundesrates: Nach wie vor Handlungsbedarf

Die Einführung eines Verordnungsvetos ist einmal mehr im Ständerat gescheitert. Die Kommission bedauert dies und sieht weiterhin Handlungsbedarf. Sie ist zwar nicht ganz überzeugt vom Alternativvorschlag der SPK des Ständerates, wonach der Bundesrat spätestens sechs Monate nach Annahme einer Kommissionsmotion, welche die Änderung einer erst kürzlich erlassenen Verordnung oder eines Verordnungsentwurfs verlangt, Bericht erstatten soll (20.402 Pa. Iv. SPK-SR. Kommissionsmotionen zur Änderung von Verordnungen und Verordnungsentwürfen. Beschleunigung der Umsetzung). Im Sinne eines Anfangs erteilt sie jedoch der Kommission des Ständerates mit 18 zu 7 Stimmen grünes Licht für die Ausarbeitung einer Vorlage.

Über die am Freitag, 3. Juli in der Kommission behandelten Geschäfte wird am Freitagabend kommuniziert.

Die Kommission tagte am 2./3. Juli 2020 unter dem Vorsitz ihres Präsidenten Nationalrat Andreas Glarner (SVP/AG) in Bern.