Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Ständerates spricht sich deutlich gegen eine Verfassungsänderung aus, wonach für Unternehmen besonders kostspielige Regulierungen im Parlament inskünftig einem qualifizierten Mehr unterstehen sollen.

In Umsetzung einer Motion hat der Bundesrat der Bundesversammlung eine Vorlage für die Einführung einer Regulierungsbremse unterbreitet (22.083). Artikel 159 der Bundesverfassung sollte so ergänzt werden, dass analog zur bestehenden «Ausgabenbremse» die Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte einem Erlass zustimmen muss, wenn davon Unternehmen besonders betroffen sind. Die Details dieser Regulierungsbremse sollten im Parlamentsgesetz geregelt werden. Die SPK spricht sich mit 6 zu 0 Stimmen bei 3 Enthaltungen gegen Eintreten auf diese Entwürfe aus.

Die SPK erachtet eine solche Regulierungsbremse als demokratie- und staatspolitisch fragwürdig. Das Parlament würde demnach Gesetze mit unterschiedlichen Mehrheitserfordernissen erlassen. Ein bestimmter Adressatenkreis parlamentarischer Erlasse – die Unternehmen – würde dadurch gegenüber anderen Adressatenkreisen – z.B. den Steuerzahlenden - privilegiert. In der Praxis wäre es nicht einfach, die Regulierungskosten genau zu schätzen. Ob ein Erlass dem qualifizierten Mehr untersteht oder nicht, würde letztlich politisch entschieden. Das Parlament soll sich nicht durch wenig wirksame Verfahrensregeln beschränken lassen, sondern – wie der Bundesrat auch – seine Verantwortung wahrnehmen, und die geplanten Regulierungen sorgfältig auf ihre Auswirkungen prüfen.

Grundsätzlich begrüsst die Kommissionen Bemühungen zur Entlastung der Unternehmen von Regulierungen. Sie erachtet die Stossrichtung der Vorlage für ein Unternehmensentlastungsgesetz (22.082), welche zur Zeit von der Kommission für Wirtschaft und Abgaben vorberaten wird, als zielführender.

Mütter im Parlament: Teilnahme an Ratssitzungen ohne Verlust der Mutterschaftsentschädigung

Die Staatspolitische Kommission des Ständerates hat die Änderung des Erwerbsersatzgesetzes betreffend die Mutterschaftsentschädigung von Parlamentarierinnen mit 8 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen zuhanden des Rates verabschiedet. Die vorgeschlagene Gesetzesänderung des Erwerbsersatzgesetzes soll die Vereinbarkeit von Parlamentsmandat und Mutterschaft fördern. Gemäss geltendem Recht endet bei Mutterschaft der Anspruch auf Entschädigung am Tag der Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit, unabhängig vom Beschäftigungsgrad. Als Erwerbstätigkeit gilt auch ein Parlamentsmandat. Dies hat zur Folge, dass eine Parlamentarierin die Mutterschaftsentschädigung auch für ihre hauptberufliche Tätigkeit verliert, wenn sie während des Mutterschafsurlaubs – auch nur vereinzelt – an Sitzungen des Parlamentes teilnimmt.

Aus Sicht der Kommission soll eine vom Volk gewählte Parlamentarierin nicht aufgrund Mutterschaft daran gehindert werden, ihr politisches Mandat erfüllen zu können. Die Kommission schlägt deshalb vor, dass eine Parlamentarierin ihren Anspruch auf die Mutterschaftsentschädigung für ihre berufliche Tätigkeit nicht verliert, wenn sie während des Mutterschaftsurlaubes an Rats- und Kommissionssitzungen des Parlamentes auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene teilnimmt, an denen keine Stellvertretung vorgesehen ist.

In der vom 22. August bis 25. November 2023 durchgeführten Vernehmlassung wurde die Vorlage von der Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden begrüsst. 22 Kantone unterstützen die Vorlage grundsätzlich, vier Kantone möchten sie ergänzen. Alle Parteien ausser der SVP unterstützen die Vorlage. Die Verbände der Wirtschaft unterstreichen, dass die Vereinbarkeit von Parlamentsmandat und Mutterschaft grundsätzlich zu fördern ist. Vier von sechs Verbänden lehnen die Vorlage aber ab. Eine überwiegende Mehrheit der anderen Organisationen und weiteren interessierten Kreise begrüsst es, dass die Problematik erkannt wurde und befürworten die Absicht, eine Lösung für Parlamentarierinnen zu finden.

Die Vorlage geht zur Stellungnahme an den Bundesrat, bevor sie voraussichtlich in der Sommersession im Rat behandelt wird.

Der Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung sowie die definitive Vorlage der Kommission wurden heute veröffentlicht.

Mit dieser Vorlage werden die Standesinitiativen der Kantone Zug, Baselland, Luzern und Basel-Stadt (19.311 / 20.313 / 20.323 / 21.311) umgesetzt.

Gesichtsverhüllungsverbot

Nachdem der Ständerat am 7. März 2023 entgegen dem Antrag seiner Kommission auf die Vorlage für ein Bundesgesetz über das Gesichtsverhüllungsverbot (22.065) mit 27 zu 15 Stimmen bei einer Enthaltung eingetreten ist, hat die Kommission nun die Detailberatung vorgenommen. Die Vorlage setzt den von Volk und Ständen in der Abstimmung vom 7. März 2021 angenommenen Artikel 10a der Bundesverfassung um.

Gemäss der Vorlage wird die Übertretung des Verbots zur Gesichtsverhüllung mit bis zu 1000 Franken geahndet. Das Gesetz sieht Ausnahmen vor. In der Kommission wurde vor allem darüber diskutiert, ob die Gesichtsverhüllung für die Ausübung der Grundrechte der Meinungs- und der Versammlungsfreiheit, namentlich bei Demonstrationen, erlaubt werden soll. Der Entwurf des Bundesrats sieht vor, dass die zuständigen Behörden für solche Fälle eine Bewilligung zur Gesichtsverhüllung erteilen können. Die Kommission stimmte dem schliesslich zu und lehnte einen Antrag, wonach eine Gesichtsverhüllung auch bewilligt werden kann, wenn achtenswerte Gründe für eine Unkenntlichmachung vorliegen, mit 7 zu 3 Stimmen ab. Die Kommission stimmte dem unveränderten Erlassentwurf in der Gesamtabstimmung mit 9 zu 1 Stimmen schliesslich zu.

Schliesslich hat die Kommission eine Besichtigung des Bundesasylzentrums in Bern vorgenommen.

Die Kommission hat am 30./31. März 2023 unter dem Vorsitz von Ständerat Mathias Zopfi (GL, G) in Bern getagt.