Die SPK-S beantragt mit 6 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung bzw. mit 6 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung, die gleichlautenden Motionen 24.3511 («Kein Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene») von Ständerätin Esther Friedli und 24.3057 von der SVP-Fraktion abzulehnen. Die Minderheit beantragt die Annahme der beiden Vorstösse.
Gemäss Artikel 83 Absatz 1 des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG) erfolgt die vorläufige Aufnahme, wenn der Vollzug der Wegweisung nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar ist. Zudem kann eine in der Schweiz vorläufig aufgenommene Person unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere dann, wenn sie nicht auf Sozialhilfe angewiesen ist, nach drei Jahren einen Antrag auf Nachzug ihres Ehepartners bzw. ihrer Ehepartnerin oder ihrer Kinder stellen (Art. 85c Abs. 1 AIG). Das Recht auf Familiennachzug leitet sich vom in Artikel 13 Absatz 1 der Bundesverfassung verankerten Grundrecht auf Achtung des Familienlebens ab, das wiederum in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) seine Entsprechung findet. Die Kommissionsmehrheit ist der Auffassung, dass diese Motionen zu weit gehen und einen unverhältnismässigen Eingriff in das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens darstellen. Sie weist insbesondere darauf hin, dass die Voraussetzungen für den Familiennachzug schon jetzt sehr restriktiv sind. Es treffe also nicht zu, dass der Status der vorläufigen Aufnahme derzeit zu attraktiv ist oder dass die Möglichkeit des Familiennachzugs schlecht integrierte Personen dazu ermutigt, in der Schweiz zu bleiben.
Die SPK-S beantragt zudem mit 9 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen, die beiden Motionen 24.3498 und 24.3059 anzunehmen, wonach der Datenaustausch bei illegalen Migrantinnen und Migranten systematisiert werden soll, um so besser gegen das Phänomen der «Sans-Papiers» und die Schwarzarbeit ankämpfen zu können. Die Minderheit beantragt die Ablehnung der Motionen.
Sicherheit in den Bundesasylzentren
Der Bundesrat möchte die wichtigsten Aufgaben des Staatssekretariats für Migration (SEM) in Bundesasylzentren (BAZ) und an Flughäfen im Asylgesetz (AsylG) regeln, um eindeutige Grundlagen für den Betrieb der BAZ zu schaffen (24.038). Klar geregelt werden sollen insbesondere der Einsatz von polizeilichem Zwang oder polizeilichen Massnahmen sowie die Disziplinarmassnahmen. Der Nationalrat nahm in der Herbstsession nur geringfügige Änderungen am Bundesratsentwurf vor. Unter anderem beschloss er, den Bereich um die BAZ zu erweitern, in dem Disziplinarmassnahmen gegen Asylsuchende ergriffen werden können, welche die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden.
Die SPK-S hat mehrere Differenzen zum Beschluss des Nationalrates geschaffen. So hat sie eine Grundsatzbestimmung zum besonderen Schutzbedürfnis von Frauen und Kindern beschlossen (9 zu 4 Stimmen). Ausserdem beantragt sie, die Höchstdauer für die Disziplinarmassnahme des Ausschlusses aus den allgemein zugänglichen Räumen von den im Bundesratsentwurf vorgesehenen 72 Stunden auf zehn Tage zu erhöhen (6 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung). Im Weiteren hat sie die Möglichkeit gestrichen, beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) gegen die Zuweisung in ein besonderes Zentrum für renitente Asylsuchende Beschwerde zu erheben (7 zu 5 Stimmen).
In der Gesamtabstimmung hat die Kommission den Entwurf einstimmig angenommen. Der Ständerat wird diesen in der Wintersession beraten.
Die Kommission hat am 5. November 2024 unter dem Vorsitz von Ständerat Daniel Fässler (M-E, AI) in Bern getagt.