Die Kommissionsmehrheit schliesst sich den im Ständerat vorgebrachten Argumenten an. Sie verweist insbesondere darauf hin, dass mit der AP 22+ (20.022) der Selbstversorgungsgrad sinken würde, was dem Ziel von Artikel104a der Bundesverfassung widerspreche. Die vorliegende Botschaft des Bundesrats habe auch weitere negative Auswirkungen: Das Einkommen des landwirtschaftlichen Sektors würde sinken, wertvolles Kulturland ginge verloren, Importe würden zunehmen, die administrative Belastung für die Landwirtinnen und Landwirte ansteigen. Alles in allem sei eine kohärente Strategie zu wenig erkennbar, weshalb eine umfassendere Auslegeordnung, wie Ständerat sie mit seinem Postulat 20.3931 verlangt habe, richtig sei. Das Parlament habe im Rahmen der parlamentarischen Initiative 19.475 bereits Massnahmen zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln und Nährstoffen beschlossen, deshalb bestehe in dieser Hinsicht kein weiterer dringender Handlungsbedarf. Die Kommissionsminderheit bedauert die Sistierung der AP 22+ als verpasste Chance. Aus ihrer Sicht bietet die Botschaft des Bundesrats mit ihren ökonomischen, ökologischen und sozialen Elementen eine gute Basis, um die notwendige und wichtige Debatte über die Ausrichtung der Agrarpolitik jetzt zu führen. Die Diskussion zu verweigern, biete der Landwirtschaft keine Perspektiven, die Verzögerung schade vielmehr dem ganzen Sektor.
Bezüglich der finanziellen Mittel für die Landwirtschaft für die Jahre 2022-2025 beantragt die WAK-N mit 13 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen, dem Beschluss des Ständerats zu folgen. Aus Kohärenzgründen und aufgrund der Entscheide des Parlaments zum Budget 2021 nimmt sie daran lediglich minimale Korrekturen vor. Eine Minderheit beantragt, die Motion Dittli (16.3705) auch im Bereich der Landwirtschaft umzusetzen und zudem die Verpflichtungskredite vorerst nur für die Jahre 2022 und 2023 zu sprechen. Ohne Gegenantragt hat die WAK-N ausserdem ein eigenes Kommissionspostulat eingereicht (21.3015), das jenes des Ständerats (20.3931) ergänzt.
2. Vorlage zur Stützung der Zucker- und Zuckerrübenproduktion verabschiedet
Nachdem die Kommission zu ihrer Vorlage zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative
15.479 (Pa. Iv. Bourgeois. Stopp dem ruinösen Preisdumping beim Zucker! Sicherung der inländischen Zuckerwirtschaft) im Herbst 2020 eine Vernehmlassung durchgeführt hatte, hat sie nun von deren
Ergebnissen Kenntnis genommen. Die Kommission ist nach wie vor der Meinung, es brauche Massnahmen, um den Fortbestand der Schweizer Zuckerwirtschaft zu sichern. Aus diesem Grund sieht sie in ihrer Vorlage unverändert einen Mindestgrenzschutz von 70 Franken pro Tonne Zucker vor. Um zudem den Anbau von ökologischer produzierten Zuckerrüben stärker zu fördern, bekräftigt die Mehrheit, dass der Einzelkulturbeitrag für Zuckerrüben, die gemäss ökologischem Leistungsnachweis angebaut werden, auf 1500 Franken pro Hektare und Jahr gesenkt werden soll, dafür aber für biologisch angebaute Zuckerrüben ein Zuschlag von 700 und für ohne Fungizide und Insektizide angebaute Zuckerrüben ein solcher von 500 Franken pro Hektare und Jahr ausgerichtet werden soll. Die Minderheit will den aktuellen Betrag von 2100 Franken pro Hektare und Jahr beibehalten und sieht für biologisch oder nach IP-Richtlinien angebaute Zuckerrüben einen Zuschlag von 200 Franken vor. In der Gesamtabstimmung hat die Kommission den Entwurf mit 14 zu 4 Stimmen bei 6 Enthaltungen zuhanden des Rates verabschiedet. Er geht gleichzeitig an den Bundesrat zur Stellungnahme und wird in der Sondersession in den Nationalrat kommen.
Im gleichen Zusammenhang hat die Kommission auch eine Kommissionsmotion 21.3016 angenommen, womit verlangt wird, dass der ökologische Anbau von Zuckerrüben innerhalb des Direktzahlungssystems gefördert werden soll.
3. Detailberatung des VAG weitgehend geführt
Nachdem die Kommission an ihrer letzten Sitzung die betroffenen Kreise angehört hatte und auf die Revision des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG, 20.078) eingetreten war, hat sie nun die Detailberatung an die Hand genommen und die Vorlage bis auf einige wenige Artikel zu Ende beraten. Sie ist im Grossen und Ganzen dem Bundesrat gefolgt, hat jedoch in einzelnen Bereichen Anpassungen an dessen Entwurf vorgenommen. Im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes beantragt die Kommission dem Rat verschiedene Lockerungen zugunsten der Rückversicherer (Art. 2: Aufsicht; Art. 35: regulatorische Anforderungen; Art. 52i: Einsichtsrechte) sowie Anpassungen im Hinblick auf Innovationen (Art. 2: Aufsicht; Art. 11: versicherungsfremde Geschäfte). Mit weiteren Anpassungen will sie die Transparenz und die Rechtssicherheit erhöhen (Art. 30d Abs. 4 gemäss Vernehmlassungsvorlage, Art. 36: Angabe des Sparanteils an der Gesamtprämie; Art. 37: Ausweisen der Rentenumwandlungsgarantieprämien; Art. 80 und 81: Abgabe der Dokumente auch an die Versicherten statt nur an die Versicherungsnehmer). Sie beantragt ausserdem, dass Bewertungen «auf marktkonformer Basis» erfolgen (Art. 9a) und dass der Bundesrat für international tätige Versicherungsgruppen andere Kapitalanforderungssysteme als die in den Artikeln 9-9b vorgesehenen vorschreiben kann (Art. 9c). Die Mehrheit möchte sodann einen neuen Artikel 31b ins VAG aufnehmen, wonach Versicherungsunternehmen im Bereich der Zusatzversicherung zur Krankenversicherung den Leistungserbringern gegenüber gemeinsam verhandeln können. Schliesslich beantragt die Kommission, die Bestimmungen zu den Ombudsstellen aus der Vorlage zu streichen, da sie der Meinung ist, die vorhandenen Ombudsstellen würden gut funktionieren, es brauche diesbezüglich keine Anpassungen. Zu zahlreichen Beschlüssen der Kommission liegen Minderheitsanträge vor. Die Beratung wird an der Sitzung vom 12./13. April abgeschlossen, danach wird auch die Fahne publiziert. Das Geschäft kommt in der Sondersession in den Nationalrat.
4. Massnahmen zur Dämpfung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise: Empfehlungen der WAK-N an den Bundesrat
Die Kommission hat erneut mit dem Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements über die wirtschaftlichen Aspekte der Coronakrise diskutiert und eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen, namentlich zur dringlichen Botschaft, die der Bundesrat zum Covid-19-Gesetz und zur dazugehörigen Verordnung angekündigt hat.
Härtefälle
Die Kommission empfiehlt mit 17 zu 4 Stimmen bei 4 Enthaltungen, im Covid-19-Gesetz zu präzisieren, dass die Kantone die Bezugsberechtigung und die Entschädigungshöhe bei den Härtefällen nicht strenger regeln dürfen als der Bund in der entsprechenden Verordnung.
Zudem ersucht sie den Bundesrat mit 14 zu 0 Stimmen bei 10 Enthaltungen, in der Verordnung festzulegen, dass Selbstständigerwerbende, die 2020 durch direkte oder indirekte Massnahmen der Kantone oder des Bundes an mehr als 40 Tagen an der Arbeit gehindert waren, ebenfalls als Härtefälle gelten. Diese Personen sollen rückwirkend Anspruch haben auf eine Garantie zur Deckung ihres von diesen Verboten betroffenen Einkommens im Verhältnis zur Dauer der Verbote, wobei bereits erhaltene Hilfen (Erwerbsersatz, Kurzarbeitsentschädigung oder andere vom Covid-19-Gesetz abhängige Hilfen) vom Anspruch abgezogen werden. Als Grundlage für die Berechnung der Entschädigung dient die letzte Steuererklärung. Auf Antrag sollen spätestens 30 Tage nach Einreichung des Entschädigungsgesuchs Vorschüsse in Höhe von 50 Prozent des geltend gemachten Anspruchs gewährt werden. Diese Vorschüsse sind zurückzubezahlen, sollte sich der Anspruch als unbegründet erweisen. Diese Regelungen sollen sinngemäss für das Jahr 2021 gelten.
Kurzarbeit
Die Kommission empfiehlt ausserdem mit 21 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung, dass Betriebe, welche von den behördlichen Schliessungen betroffen sind und die verkürzte Voranmeldefrist für die Kurzarbeit nicht eingehalten haben, rückwirkend und automatisch ab dem Zeitpunkt der behördlichen Betriebsschliessung Kurzarbeit anmelden können, so wie dies bereits in der ersten Pandemiewelle im Frühjahr 2020 möglich war. Bei den meisten Unternehmen, die von den Massnahmen von Dezember 2020 betroffen sind, namentlich den gastgewerblichen Betrieben, ist die verkürzte Voranmeldefrist nebst all den anderen kurzfristig umzusetzenden Massnahmen und Regelungen vergessen gegangen. Dies hat dazu geführt, dass zahlreiche Unternehmen zehn Tage warten mussten und dadurch die Kurzarbeitsentschädigungen für den Dezember und den halben Januar verloren haben.
Öffnung von Restaurants als Kantinen
Die Kommission fordert den Bundesrat ferner mit 21 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen auf, zu erlauben, dass Restaurants während des Lockdowns als Kantinen betrieben werden dürfen und ab sofort – unter Einhaltung der aktuellen Schutzkonzepte – am Mittag für im Freien arbeitende Personen öffnen dürfen.
Massnahmen in den Bereichen Betreibungen und Mietrecht
Im Weiteren empfiehlt die Kommission dem Bundesrat mit 13 zu 7 Stimmen bei 3 Enthaltungen, den Rechtsstillstand im Sinne von Artikel 62 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs für die ganze Schweiz ins Covid-19-Gesetz aufzunehmen, so wie er es bereits im Frühjahr 2020 getan hatte. Sie ersucht ihn ferner mit 14 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung, ins Gesetz aufzunehmen, dass die Frist, welche die bzw. der Vermietende ihrer bzw. ihrem Mietenden zur Zahlung ausstehender Mietzinse oder Nebenkosten setzt, entsprechend der Regelung im Frühjahr 2020 mindestens 90 anstatt nur 30 Tage beträgt (120 anstatt 60 Tage bei Pachtverträgen), wenn die Mietenden aufgrund von bundesrätlichen Coronamassnahmen in Zahlungsrückstand sind. Mit 12 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen spricht sich die WAK-N darüber hinaus dafür aus, im Covid-19-Gesetz festzulegen, dass Kündigungen von Geschäftsmiet- oder Geschäftspachtverträgen, die während des Lockdowns und in den sechs Monaten nach dem Lockdown ausgesprochen werden, nichtig sind, wenn die mietenden bzw. pachtenden Betriebe von behördlichen Schliessungsanordnungen betroffen sind.
5. Nein zu einer Motion zur Förderung der Abgabe von Nahrungsmitteln über Steueranreize
Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 18 zu 6 Stimmen, die Motion 20.3267 aus dem Ständerat abzulehnen, wonach der Bundesrat das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer so anpassen soll, dass es für die Nahrungsmittelbranche und den Einzelhandel steuerlich vorteilhafter ist, noch geniessbare Nahrungsmittel an gemeinnützige Organisationen abzugeben als zu entsorgen. Die Kommission ist der Auffassung, dass der steuerliche Weg nicht das beste Instrument zur Umsetzung des Motionsanliegens ist und mit einem beträchtlichen administrativen Aufwand verbunden wäre. Zudem hält es die Kommission für sinnvoll, den Aktionsplan gegen die Lebensmittelverschwendung abzuwarten, welchen der Bundesrat derzeit erarbeitet, damit sie zu sämtlichen denkbaren Massnahmen in diesem Bereich Stellung nehmen kann.
6. Kein Schleppschlauch-Obligatorium
Mit 13 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung spricht sich die Kommission für die Annahme der Motion 20.3672 und somit gegen ein Schleppschlauch-Obligatorium für die Gülleausbringung aus. Der Schleppschlauch sei nicht überall einsetzbar und das bisherige Anreizsystem habe sich bewährt. Eine Minderheit beantragt die Ablehnung der Motion.
Die Kommission hat am 01./02. Februar 2021 unter dem Vorsitz von Nationalrat Christian Lüscher (FDP/GE) und teilweise in Anwesenheit von Bundespräsident Guy Parmelin und von Bundesrat Ueli Maurer in Bern getagt.