Weil der Nationalrat die Vorlage 19.076 während der Sommersession noch nicht beraten hatte, ergab sich für die Kommission die Gelegenheit, sich noch einmal mit dem Geschäft zu befassen. Nach intensiver Diskussion hält sie knapp an ihrem früheren Antrag zugunsten eines vollständigen Abbaus der Industriezölle in einer Etappe fest.

Die Kommission ist auf die Frage zurückzukommen, ob eine gestaffelte Abschaffung der Industriezölle der bessere Weg sei. Sie hat einen Antrag diskutiert, in einem ersten Schritt die Zölle auf industriellen Rohstoffen und Halbfabrikaten aufzuheben und erst in einem zweiten Schritt die Abschaffung der übrigen Industriezölle vorzusehen, unter der Voraussetzung, dass die Bundesfinanzen dies zulassen und wenn eine Evaluation durch den Bundesrat ergeben hat, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis der ersten Etappe positiv ausgefallen ist. Mit 13 zu 12 Stimmen bleibt die Kommission bei ihrem ursprünglichen Antrag vom 18. Mai 2021 (vgl. Medienmitteilung). Nur mit einem vollständigen Abbau der Industriezölle kann aus ihrer Sicht der angestrebte volkswirtschaftliche Nutzen der Vorlage erreicht werden. Die Struktur des Zolltarifs lasse keine klare Trennung in Rohstoffe und Halbfabrikate einerseits und Industrieprodukte anderseits zu. Eine etappierte Abschaffung würde somit zu Ungleichbehandlungen, Verzerrungen und bürokratischem Aufwand statt zu einer administrativen Entlastung für die Unternehmen führen. Aus Sicht der Minderheit wäre eine gestaffelte Abschaffung der Industriezölle nicht nur mit Blick auf die angespannten Bundesfinanzen angezeigt, sondern auch im Hinblick auf die Hebelwirkung der Vorlage: Das Kosten-Nutzen-Verhältnis der ersten Etappe sei wesentlich höher als der – allfälligen – zweiten Etappe. Eine weitere Minderheit möchte die Beurteilung, ob das Kosten-Nutzen-Verhältnis der ersten Etappe positiv ausgefallen ist, nicht dem Bundesrat alleine überlassen. Sie befürwortet lediglich die erste Etappe und will, dass der Bundesrat dem Parlament zu einem späteren Zeitpunkt eine neue Botschaft unterbreiten, falls er an der zweiten Etappe festhält. Die Vorlage kommt in der Herbstsession erneut in den Nationalrat.

2. Aufnahme der Beratungen zur Initiative «Keine Massentierhaltung in der Schweiz»

Die Kommission hat ihre Beratungen zur Volksinitiative 21.044 («Keine Massentierhaltung in der Schweiz») und zum direkten Gegenentwurf des Bundesrates zu dieser Initiative aufgenommen. In diesem Zusammenhang hat sie Vertreterinnen und Vertreter des Initiativkomitees, der Landwirtschaftsdirektorenkonferenz, des Schweizer Bauernverbands, des Schweizer Fleisch-Fachverbands, der Allianz der Konsumentenschutz-Organisationen, der Stiftung für das Tier im Recht, des Schweizer Tierschutzes und der IG Detailhandel Schweiz angehört. An ihrer nächsten Sitzung wird die Kommission die inhaltliche Beratung der Initiative und des Gegenentwurfs vornehmen und dann ihre Stimmempfehlung abgeben.

3. Beratung des Kollektivanlagengesetzes in Angriff genommen

Die Kommission hat die Beratung der Botschaft zur Änderung des Kollektivanlagengesetzes (20.062) aufgenommen und ist mit 16 zu 8 Stimmen auf die Vorlage eingetreten. Ziel der vom Ständerat bereits beratenen Vorlage ist es, in der Schweiz eine Fondskategorie für qualifizierte Anleger zu schaffen und dadurch Geschäfte, die heute im Ausland getätigt werden, in die Schweiz zu holen. Die Kommission ist überzeugt, dass die geplanten Anpassungen wichtig sind für den Finanzplatz Schweiz: Die Abwicklung der anvisierten Geschäfte werde dadurch beschleunigt, Anlegerschutz und Transparenz würden verbessert und die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes werde gestärkt. Die Kommission hat der Verwaltung verschiedene Aufträge erteilt und wird die Detailberatung im vierten Quartal führen.

4. Coronakrise: Bundesrat soll mögliche Szenarien aufzeigen

Die WAK-N hat sich erneut eingehend mit der pandemiebedingten Wirtschaftskrise befasst. Zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage und der Massnahmen, die zur Abfederung der Folgen der Coronakrise ergriffen wurden, hat die Kommission mehrere Anhörungen durchgeführt, namentlich mit Vertreterinnen und Vertretern der Schweizerischen Nationalbank, der Kantone (vertreten durch die Konferenz kantonaler Volkswirtschaftsdirektorinnen und Volkswirtschafsdirektoren), der betroffenen Akteure (Gastrosuisse, Schweizerischer Gewerbeverband und Travailsuisse) sowie von ökologischen und wirtschaftlichen Kreisen. Nach den Anhörungen zeigt sich die Kommission besorgt über die künftigen Entwicklungen der Krise. Daher hat sie ohne Gegenstimme beschlossen, den Bundesrat aufzufordern, ihr bis zur nächsten Sitzung am 18. und 19. Oktober 2021 aufzuzeigen, auf welche Szenarien des epidemiologischen Verlaufs von Covid‑19 er sich für die nächsten neun Monate vorbereitet, in welchem Ausmass einzelne Branchen in den verschiedenen Szenarien von Pandemiebekämpfungsmassnahmen betroffen wären, welche Instrumente er je nach Szenario zur Verlängerung beantragen will und wie die Kantone aktuell die Härtefallmassnahmen gemäss Covid-19-Gesetz umsetzen.

5. Negativzinsen der Nationalbank für die AHV verwenden

Weil die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats ihrer Kommissionsinitiative 20.432 nicht zugestimmt hat (vgl. Medienmitteilung SGK-S vom 15. April 2021), will die WAK-N das Anliegen, die Negativzinserträge der SNB der Altersvorsorge zuzuweisen, mit 14 zu 9 Stimmen direkt in den Nationalrat bringen. Sie sieht darin unverändert eine Möglichkeit, der AHV in einer Übergangszeit Erleichterung zu verschaffen, ohne ihre nachhaltige Finanzierung aus den Augen zu verlieren.

6. Kein Finanzdatenaustausch im Inland

Mit 14 zu 9 Stimmen beantragt die Kommission, einer Standesinitiative des Kantons Bern zur Einführung eines Finanzdatenaustauschs im Inland (19.316) keine Folge zu geben. Angesichts der laufenden Reform der Verrechnungssteuer (21.024) werfe die Initiative zum falschen Zeitpunkt eine Systemfrage auf und gefährde ausserdem den Schutz der Privatsphäre der Bankkundinnen und -kunden.

Die Kommission hat am 6./7. September 2021 unter dem Vorsitz von Nationalrat Christian Lüscher (FDP/GE) und teilweise in Anwesenheit von Bundespräsident Guy Parmelin und von Bundesrat Ueli Maurer in Bern getagt.