Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates hat beschlossen, die Beratung der Vorlage 18.034 s Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (ausgewogene Paar- und Familienbesteuerung) zu sistieren, bis der Bundesrat die schriftliche Begründung des Bundesgerichtsentscheids zur Kenntnis genommen und ihr seine Optionen dazu vorgelegt hat.

​Nachdem das Bundesgericht am 10. April 2019 die Abstimmung über die Volksinitiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» aufgehoben hat, hat die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates sich von Bundespräsident Ueli Maurer und der Bundeskanzlei einen Überblick über die offenen Fragen geben lassen. Sie legt Wert darauf, dass eine gründliche Aufarbeitung stattfindet und klare Entscheidgrundlagen für die weiteren Arbeiten vorliegen. Die Folgeentscheide wird die Kommission voraussichtlich an ihrer Augustsitzung fällen.

2. Umsetzung der Empfehlungen des Globalen Forums

Die Kommission hat die Detailberatung der Vorlage 18.082 abgeschlossen, die sie an der letzten Sitzung aufgenommen hatte (vgl. Medienmitteilung vom 10. April 2019). Sie hat sich mit 11 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen für den Antrag des Bundesrates ausgesprochen, wonach Inhaberaktien künftig nur noch zulässig sind, wenn sie als Bucheffekten ausgestaltet sind oder wenn die Gesellschaft Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert hat. Wenn eine Gesellschaft Inhaberaktien ausgegeben hat, die diesen Vorgaben nicht entsprechen, sollen einem Gericht die erforderlichen Massnahmen beantragt werden können. Die Kommission entschied in diesem Punkt sich folglich mit 7 zu 6 Stimmen für die Lösung des Bundesrates und nicht für jene des Nationalrates. Mit 8 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt die Kommission allerdings, die Möglichkeit zu streichen, ein Gericht anrufen zu können, wenn eine Gesellschaft das Register oder Verzeichnis der berechtigten Personen nicht vorschriftsgemäss führt. Die Minderheit beantragt, angesichts der einschlägigen Anforderungen des Globalen Forums dem Bundesrat zu folgen.

Was die Übergangslösung für bestehende Inhaberaktien anbelangt, spricht sich die Kommission gegen die Version des Nationalrates aus, die vorsieht, dass bestehende Inhaberaktien dem bisherigen Recht unterstellt bleiben und nicht in Namenaktien umgewandelt werden müssen («Grandfathering»). In den Augen der Kommission ginge die Schweiz mit dieser Lösung das Risiko ein, die Prüfung des Globalen Forums nicht zu bestehen. Die Kommission ist hier dem Bundesrat gefolgt, hat aber in wichtigen Punkten Änderungen angebracht. So hat sie die Frist, nach welcher Inhaberaktien automatisch in Namenaktien umgewandelt werden, von 18 Monaten auf zwei Jahre verlängert. Mit 6 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen hat sie ausserdem einen Antrag angenommen, gemäss dem Aktionäre, die ihrer Meldepflicht nicht nachgekommen sind, innert fünf Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes bei der Aktiengesellschaft – und nicht wie vom Bundesrat vorgesehen beim Gericht – die Eintragung ins Aktienbuch beantragen können, ohne die ihre Aktien nichtig werden. Die Minderheit beantragt, dem Bundesrat zu folgen, da die Lösung der Mehrheit ihrer Ansicht nach nicht den Anforderungen des Globalen Forums entspricht. Die Kommission hat ferner mit 6 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung einem Antrag zugestimmt, wonach Aktiengesellschaften die Menge der nichtig gewordenen Aktien zehn Jahre in ihrem Bestand zu halten haben. Ein Aktionär, dessen Aktien ohne eigenes Verschulden nichtig geworden sind und der seine Aktionärseigenschaft nachweisen kann, soll diese während dieser Zeit von der Gesellschaft zurückfordern können. Die Minderheit beantragt eine Lösung, gemäss der solche Aktionäre einen Anspruch auf Entschädigung haben, da sich diese in ihren Augen besser eignet, die internationalen Vorgaben zu erfüllen.

Die Kommission hat des Weiteren einige Änderungen an den Beschlüssen des Nationalrates zum Steueramtshilfegesetz und zum Strafgesetzbuch vorgenommen. In der Gesamtabstimmung hat die Kommission die Vorlage mit 8 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Die Vorlage wird nun in der Sommersession im Rat behandelt.

3. Neue Anträge zur geplanten Änderung des Arbeitsgesetzes

Am 14. Februar 2019 hatte die Kommission ihren Entwurf zur Änderung des Arbeitsgesetzes (16.414 s Pa.Iv. Graber Konrad. Teilflexibilisierung des Arbeitsgesetzes und Erhalt bewährter Arbeitszeitmodelle) verabschiedet und dem Bundesrat zur Stellungnahme vorgelegt. Der Bundesrat verzichtet darauf, der Kommission materielle Anträge zu unterbreiten, empfiehlt ihr aber, die Arbeiten an der Vorlage zu sistieren, bis die in Auftrag gegebene Studie zu den Auswirkungen der Artikel 73a und 73b der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz, die eine erleichterte Arbeitszeiterfassung bzw. den Verzicht darauf erlauben, vorliegt. Die Kommission hat dennoch eine zweite Lesung der Vorlage durchgeführt und stellt dazu nun mehrere neue Anträge:

  1. Der Geltungsbereich des neuen Jahresarbeitszeitmodells wird eingeschränkt auf Vorgesetzte und Fachspezialisten, die mindestens 120'000 Franken verdienen oder einen höheren Bildungsabschluss haben.
  2.  Neu braucht es die Zustimmung der Betroffenen oder der Arbeitnehmervertretung des entsprechenden Betriebs.
  3. Die wöchentliche Arbeitszeit darf 67 Stunden nicht überschreiten, zudem muss die jährliche Arbeitszeit auf mindestens 40 Wochen verteilt werden.
  4. Für den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmenden unter diesem Modell sind die Arbeitgeber verantwortlich, zudem ist es nicht mehr eine Kann-, sondern eine zwingende Bestimmung.
  5. Sonntagsarbeit, die nach eigenem, freiem Ermessen geleistet wird, muss ausserhalb des Betriebs erbracht werden.
  6. Die Regelungen für das neu eingeführte besondere Jahresarbeitszeitmodell gelten nicht für andere, bereits vorhandene Jahresarbeitszeitmodelle.

Die Kommission wird ihre neuen Beschlüsse zusammen mit einem Zusatzbericht veröffentlichen und erneut dem Bundesrat zustellen. Das Geschäft soll an der Oktobersitzung der WAK-S wieder aufgenommen werden, bis dahin soll die Studie des SECO vorliegen. Dann sollen ausserdem die Sozialpartner zu den geplanten Änderungen angehört werden.

4. Steuerabzüge für Kinderbetreuung nicht aber allgemeine Kinderabzüge erhöht

Bei der Vorlage über die steuerliche Behandlung von Kinderdrittbetreuungskosten 18.050 ist die WAK-S in allen Punkten dem Bundesrat gefolgt und hat beschlossen, den Kinderbetreuungsabzug bei der direkten Bundessteuer von 10'100 auf 25'000 Franken zu erhöhen. Die vom Nationalrat eingefügte Erhöhung der allgemeinen Kinderabzüge auf 10'000 Franken hat sie mit 8 zu 5 Stimmen nicht übernommen. Eine Minderheit wird im Ständerat verlangen, diesen Zusatz des Nationalrats beizubehalten. Eintreten auf die Vorlage war nicht bestritten, eine Minderheit möchte sie jedoch an den Bundesrat zurückweisen mit dem Auftrag, statt des Kinderbetreuungsabzugs eine Steuergutschrift auszuarbeiten. In der Gesamtabstimmung wurde die Vorlage mit 8 zu 1 Stimmen bei 4 Enthaltungen gutgeheissen. Sie kommt in der Sommersession in den Ständerat.

5. Weitere Beschlüsse

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 10 zu 1 Stimmen (ohne Enthaltung), die Motion Knecht. «Stopp bei den Landschaftsqualitätsprojekten» (15.3458) abzulehnen. Sie will die Landschaftsqualitätsbeiträge nicht streichen, sondern allenfalls im Rahmen der Agrarpolitik 2022+ Justierungen am Vollzug vornehmen. Auch die Motion Amaudruz. «Bisonzucht. Wann endet die Diskriminierung?» (14.3310) lehnt die Kommission mit 11 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab. Aus ihrer Sicht hat der Bundesrat die wesentlichen Ziele der vor 5 Jahren eingereichten Motion inzwischen erfüllt.

Die Kommission beantragt ihrem Rat die Motion Bühler «Rasche Unterstützung für Lehrbetriebe mit Kurzarbeit» (16.3884) mit 6 zu 6 Stimmen und Stichentscheid des Präsidenten anzunehmen. Die Mehrheit möchte mit einer Anpassung der gesetzlichen Voraussetzungen den Kantonen ermöglichen, die Löhne von Lehrmeisterinnen und Lehrmeister, deren Arbeitsplätze in besonderem Masse bei konjunkturellen Problemlagen gefährdet sind, zu bezahlen. Eine Minderheit teilt die Auffassung des Bundesrats, wonach die bestehende Gesetzesgrundlage ausreicht, um betroffenen Unternehmen in Krisenzeiten schnell und unkompliziert helfen zu können.

Einstimmig beantragt die Kommission schliesslich, der Standesinitiative des Kantons Basel-Stadt «Hochkosten- und Hochpreisinsel Schweiz. Für faire Beschaffungspreise» (18.304) keine Folge zu geben. Die Kommission nimmt das Anliegen der Standesinitiative ernst. Sie hielte es aber nicht für das richtige Vorgehen, wenn das Parlament kurz vor Debatte über die Fair-Preis-Initiative und über den vom Bundesrat angekündigten indirekten Gegenentwurf selber noch einen Gesetzgebungsprozess einleiten würde.

Die Kommission hat am 2. Mai 2019 unter dem Vorsitz von Ständerat Bischof Pirmin (CVP/SO) und teilweise in Anwesenheit von Bundespräsident Ueli Maurer und Bundesrat Guy Parmelin in Bern getagt.