Die Aussenpolitische Kommission des Ständerates (APK-S) wurde zum provisorischen Europabericht des Bundesrates konsultiert. Sie liess sich über die Fortschritte in den Sondierungsgesprächen orientieren, führte eine kontroverse Diskussion und wird an ihrer nächsten Sitzung eine ausführliche Stellungnahme verabschieden. Angesichts der ernsten Situation in Armenien beschloss die Kommission zudem, den Bundesrat in einem Schreiben zu einer Intervention der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat aufzufordern.

Im Bericht des Bundesrates über den Stand der Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) wird eine Einschätzung des aktuellen Verhältnisses zwischen der Schweiz und der EU vorgenommen und werden Optionen für die Weiterentwicklung der Beziehungen aufgezeigt. Nach Ansicht einiger Kommissionsmitglieder hätte der Bericht klarer aufzeigen können, wie sich die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU entwickeln könnten und die Perspektiven bei einer Beibehaltung des Status quo unter Berücksichtigung des Brexit erläutern sollen.

Diskutiert wurden namentlich die Grundzüge des beschlossenen Paketansatzes im Lichte der noch laufenden Sondierungsgespräche. Thematisiert wurden insbesondere mögliche Ausnahmen und Schutzklauseln, die Rolle des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), die Forschungszusammenarbeit sowie mögliche Strom- und Gesundheitsabkommen. Die Kommission hat beschlossen, an ihrer Sitzung vom 2. Februar 2023 zu diesen und anderen Fragen eine ausführliche Stellungnahme zuhanden des Bundesrates zu verabschieden.

Am Rande der Beratung des Berichts hat die APK-S folgende Beschlüsse gefasst:

  • 21.480 n pa. Iv. APK-N. «Bundesgesetz über die Weiterführung und Erleichterung der Beziehungen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union»: keine Folge geben (mit 10 zu 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen) und damit am ursprünglichen Beschluss der Kommission festhalten;
  • 22.3012 n Mo. Nationalrat (APK-N). «Dringliche Massnahmen zugunsten des Schweizer Forschungs-, Bildungs- und Innovationsstandorts»: ablehnen (mit 12 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung);
  • 22.3871 n Mo. Nationalrat (APK-N). «Sozialpartnerschaftliche Lösungen im EU-Dossier» auf die nächste Sitzung vertagen (mit 7 zu 5 Stimmen).

Krise zwischen Armenien und Aserbaidschan

Die Kommission hat sich mit der Standesinitiative des Kantons Genf 22.320 («Armeniens Überleben sichern») sowie mit der Petition 20.2024 des Comité Suisse-Karabagh («Recht auf Leben und Selbstbestimmung für die Armenier in Bergkarabach») befasst. Sie hat beschlossen, weder der Standesinitiative (mit 9 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen) noch der Petition (mit 9 zu 2 Stimmen) Folge zu geben. Da die Kommission über die humanitäre Lage und die Völkerrechtsverletzungen besorgt ist, hat sie mit 8 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung dennoch entschieden, dem Bundesrat in einem Schreiben mitzuteilen, dass sie die Völkerrechtsverletzungen, zu denen es infolge der Blockade des Latschin-Korridors seit dem 12. Dezember 2022 kommt, verurteilt, und ihn aufzufordern, im UN-Sicherheitsrat zu intervenieren, um einerseits die Aufhebung der Blockade sowie die Einstellung der Feindseligkeiten zu erwirken und andererseits eine humanitäre Luftbrücke zwischen Eriwan und Stepanakert einzurichten.

Weitere Themen

Die APK-S hat im Beisein von Bundesrat Guy Parmelin die neue aussenwirtschaftspolitische Situation gegenüber China und den USA diskutiert. Kernthemen des Austauschs waren die von der EU angestrebte strategische Autonomie gegenüber den beiden Staaten und die Haltung der Schweiz in dieser Angelegenheit. Thematisiert wurden auch die Verzerrungen auf dem internationalen Markt, die auf die im amerikanischen Gesetz «Inflation Reduction Act» verankerten Subventionsmassnahmen zugunsten der US-Industrie zurückzuführen sind, sowie die Schwierigkeiten, aufgrund der Blockade des Berufungsgremiums der Welthandelsorganisation gegen diese Subventionen anzugehen. Die Kommission wird dieses Thema an ihren nächsten Sitzungen weiter vertiefen.

Die Kommission wurde in Anwesenheit von Bundesrat Ignazio Cassis über den Einsitz der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat informiert. Sie hat sich in einem ersten Schritt mit der Testphase, an der die Schweiz Ende 2022 teilgenommen hatte, befasst und wurde in einem zweiten Schritt über die Themen informiert, die derzeit auf der Tagesordnung des Sicherheitsrates stehen. Die Kommission hat sich insbesondere eingehend mit dem Entscheidungsprozess der Schweiz in diesem UN-Gremium beschäftigt. Darüber hinaus wurden die Mitglieder der APK-S über die Lage im Iran informiert und haben ihre Besorgnis darüber geäussert, dass die Gewalt trotz den von der internationalen Gemeinschaft ergriffenen Massnahmen anhält. Im Vordergrund der Diskussion standen unter anderem die thematischen Sanktionen der EU gegen den Iran sowie das Schutzmachtmandat, welches die Schweiz für die USA im Iran ausübt.

Ferner wurde die APK-S zum Mandat der Schweizer Delegation für die Verhandlungen im Rahmen des Europarates über ein Übereinkommen über künstliche Intelligenz, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit konsultiert. Die Kommission hat mit 10 Stimmen bei 3 Enthaltungen beschlossen, das Verhandlungsmandat zu unterstützen.

Zu guter Letzt ist die APK-S im Rahmen der Beratung der Stärkung der Mitwirkungsrechte des Parlaments im Bereich der Aussenpolitik ihrer Schwesterkommission gefolgt und hat mit 11 zu 2 Stimmen beschlossen, die Initiative 22.482 «Mitwirkungsrechte des Parlamentes im Bereich der Aussenpolitik» einzureichen.