Die Finanzdelegation (FinDel) hat mehrere dringliche Nachtragskreditbegehren zum Voranschlag 2022 genehmigt. Im Zusammenhang mit der Stärkung der Energieversorgung der Schweiz stimmte sie einem dringlichen Verpflichtungskredit von 470 Millionen Fran¬ken für die Jahre 2022-2026 und einem dringlichen Nachtragskredit von 160 Millionen für 2022 zu. Damit wird ermöglicht, dass gegen Ende des Winters 2022/2023 ein Reservekraftwerk betriebsbereit gemacht und der Betrieb in den Folgejahren sichergestellt werden kann. Als dringlichen Vorschuss genehmigt hat die FinDel zudem 69 Millionen für die Bewältigung der Ukrainekrise, 65 Millionen für die Finanzierung von Verpflichtungen aufgrund höherer Passivzinsen sowie 8,65 Millionen für die Beschaffung von Impfstoff und Therapeutika gegen Affenpocken. 

Das Risiko einer Strommangellage in der Schweiz hat mit dem Krieg in der Ukraine, einer Senkung der Gasimporte von Russland nach Europa um über 60 Prozent, der Ausser­betrieb­nahme von fast der Hälfte der Kernkraftwerkkapazitäten in Frankreich und dem Ausbleiben starker Niederschläge, welche die vollständige Füllung der Speicherseen ermöglichen würden, stark zugenommen.

Im August hat der Bundesrat das UVEK und das WBF ermächtigt, Vertragsverhandlungen zum Einsatz von Reservekraftwerken zu führen, die ergänzend zur Wasserkraftreserve bereits im kommenden Spätwinter zur Bewältigung von ausserordentlichen Knappheitssituationen bereitstehen können. Abklärungen des Bundes haben ergeben, dass bereits im Februar 2023 ein mit Gas, Öl oder Wasserstoff betreibbares Reservekraftwerk in Birr (AG) mit einer Leistung von rund 75 Prozent des AKW Mühlebergs betriebsbereit gemacht werden könnte. Dafür hat die FinDel einen dringlichen Nachtragskredit von 160 Millionen Franken für das Jahr 2022 genehmigt. Damit der Bund den notwendigen Vertrag rechtzeitig unterzeichnen und die Voraussetzungen für dessen Betrieb auch in den Folgejahren sichern kann, hat sie zudem einen dringlichen Verpflichtungskredit von 470 Millionen Franken für die Jahre 2022-2026 genehmigt.

Im Falle einer Strommangellage kann die rechtzeitige Erstellung der Betriebsbereitschaft eines Reservekraftwerks zusammen mit der bereits beschlossenen Wasserkraftreserve wesentlich dazu beitragen, grösseren wirtschaftlichen Schaden von der Schweiz abzuwenden. Eine Initialfinanzierung durch den Bund für ein erstes Reservekraftwerk ist zielführend.

Um die Betriebsbereitschaft des Reservekraftwerks ab Februar 2023 zu ermöglichen, sieht der Bundesrat unter anderem vor, bis Ende 2022 Ausnahmebestimmungen zur Luftreinhaltung und zum Lärmschutz zu verabschieden. Die FinDel erwartet, dass der Bundesrat alles Mögliche unternimmt, damit das Reservekraftwerk im Falle einer Strommangellage zeitgerecht ab Februar 2023 betrieben werden kann, dass er aber gleichzeitig auch möglichst wenige Ausnahmen zu den geltenden Bestimmungen im Rahmen der geplanten Verordnungsanpassungen beschliesst.

Zustimmung zu weiteren dinglichen Nachtragskrediten

Der Bundesrat wird dem Parlament mit der Nachtragsbotschaft II 2022 ebenfalls Nachtragskredite von insgesamt 1,2084 Milliarden Franken für die Bewältigung der Ukrainekrise (1,1367 Milliarden) sowie für das Asylverfahren generell (71,7 Millionen) beantragen. Die FinDel hat davon eine Tranche von 69 Millionen Franken als dringlich genehmigt.

Für die Beschaffung von Impfstoff und Therapeutika gegen Affenpocken hat die FinDel nach Aussprache mit dem Generalsekretär des EDI und der Direktorin des BAG einen dringlichen Nachtragskredit von 8,65 Millionen Franken bewilligt.

Schliesslich genehmigte sie einen dringlichen Nachtragskredit von 65 Millionen Franken, damit der Bund die Folgen der gestiegenen Passivzinsen finanzieren kann.

Nachträgliche Genehmigung der Kredite durch das Parlament

Der Bundesrat wird der Bundesversammlung den Verpflichtungskredit und die Nachtragskredite mit der Botschaft für den Nachtrag II zum Voranschlag 2022 (22.042) zur nachträglichen Genehmigung unterbreiten (Art. 28 Abs. 2 und Art. 34 Abs. 2 Finanzhaushaltsgesetz, FHG).

Gemäss Finanzhaushaltsgesetz (FHG; SR 611.0) kann der Bundesrat dringliche Verpflichtungskredite (Artikel 28) bzw. dringliche Nachtragskredite (Artikel 34) vor der Bewilligung durch die Bundesversammlung beschliessen. Hierfür bedarf er jedoch der Zustimmung der FinDel.

Die Finanzdelegation tagte am 29. August sowie am 1. und 2. September 2022 unter der Leitung ihres Präsidenten, Ständeratspräsident Thomas Hefti, in Bern. Erstmal teilgenommen hat der neue Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK), Pascal Stirnimann, der sein Amt am 1. September 2022 angetreten hat. Zu den dringlichen Krediten führte sie Aussprachen mit den Departementsvorsteherinnen des EJPD und UVEK, der Staatssekretärin für Migration, den Generalsekretären des EDI und des UVEK, dem Direktor des Bundesamtes für Energie (BFE), der Direktorin des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) sowie einer Vertretung der Eidg. Finanzverwaltung (EFV).