Die Immunitätskommission des Nationalrates (IK-N) ist mit 5 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung auf das Gesuch (22.191) der Bundesanwaltschaft eingetreten und hat mit 5 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung entschieden, die Immunität von Nationalrat Roger Köppel aufzuheben.

Die Bundesanwaltschaft hat am 28. April 2022 die Aufhebung der Immunität von Nationalrat Roger Köppel beantragt und um die Ermächtigung zur Durchführung eines Strafverfahrens wegen Verdacht auf Verletzung des Amtsgeheimnisses (Art. 320 Ziff. 1 StGB) ersucht.

Nationalrat Köppel wird verdächtigt, am 24. März 2022 in seinem Podcast «Weltwoche Daily» Informationen, zu denen er in seiner Eigenschaft als Mitglied der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates (APK-N) Zugang hatte, veröffentlicht zu haben. Das entsprechende Dokument war von den zuständigen Departementen der Bundesverwaltung als «vertraulich» klassifiziert worden.

Am 6. April reichte die APK-N Strafanzeige gegen Nationalrat Köppel ein, weil ihrer Ansicht nach mutmasslich eine Amtsgeheimnisverletzung vorliegt. Der Beschuldigte erklärte daraufhin öffentlich, auf seine parlamentarische Immunität zu verzichten, um einer seriösen Prüfung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe durch die Bundesanwaltschaft keine unnötigen Steine in den Weg zu legen. Wenn die zuständige Strafverfolgungsbehörde jedoch davon ausgeht, dass der Geltungsbereich der relativen Immunität tangiert ist, kann das betroffene Ratsmitglied nicht von sich aus auf seine Immunität verzichten, da das durch die Immunität geschützte Rechtsgut nicht das einzelne Ratsmitglied als Person, sondern die Funktionsfähigkeit der Bundesversammlung als Institution darstellt. Die zuständigen Kommissionen sind deshalb verpflichtet, einen formellen Entscheid über das Gesuch der Bundesanwaltschaft zu treffen.

Die Kommission hat Nationalrat Köppel angehört. Er erklärte, von den fraglichen Informationen bereits vor Erhalt der Kommissionsunterlagen Kenntnis gehabt zu haben, weshalb er nicht davon ausgegangen ist, dass ein Kommissionsgeheimnis vorliegt. Das fragliche Dokument hätte ihm bei seinen Ausführungen im Rahmen seines journalistischen Beitrags lediglich als Gedankenstütze gedient.

Die Kommission ist mit 5 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung zum Schluss gekommen, dass die Nationalrat Köppel vorgeworfene Handlung (Verletzung des Kommissionsgeheimnisses) in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner amtlichen Stellung bzw. Tätigkeit als Nationalrat steht und er deshalb den Schutz der relativen Immunität geniesst, auch wenn er im vorliegenden Fall als Journalist gehandelt hat.

Bei der anschliessenden Interessenabwägung zwischen den institutionellen Interessen (öffentliches Interesse an der Funktionsfähigkeit des Parlamentes) und dem rechtsstaatlichen Interesse an einer Strafverfolgung ist die Kommission mit 5 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung zum Schluss gekommen, dass eine Aufhebung der Immunität angezeigt ist, um den Sachverhalt umfassend abzuklären. Dies umso mehr, als dass vorliegend eine parlamentarische Kommission selbst Strafanzeige eingereicht hat.

In einem nächsten Schritt wird die Rechtskommission als zuständige Kommission des Ständerates das Gesuch behandeln. Bei gleichlautendem Beschluss der ständerätlichen Kommission ist die Aufhebung der Immunität von Nationalrat Köppel definitiv und die Einleitung eines Strafverfahrens durch die Bundesanwaltschaft möglich. Sollte die Kommission des Ständerates einen abweichenden Beschluss fällen, würde das Geschäft zur Differenzbereinigung an die IK-N zurückgehen.