Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) hat sich im Rahmen ihrer halbtägigen Sitzung vom 28. April 2020 intensiv mit der gegenwärtigen Krise und der Verordnungsgesetzgebung des Bundesrates befasst. Die RK-N hat sich dabei dafür ausgesprochen, dass der Rechtsstillstand im Betreibungswesen für die Reisebranche sowie die Fristverlängerung bei Zahlungsrückständen betreffend Wohn- und Geschäftsmieten verlängert werden.

Die Kommission hat mit 19 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschlossen, eine Kommissionsmotion (20.3157) einzureichen, die den Bundesrat beauftragt, den Rechtsstillstand im Betreibungswesen exklusiv für die Reisebranche bis zum 30. September 2020 vorzusehen. Dies soll ausschliesslich für die Kundenforderungen gegenüber den Reisebüros und Veranstaltern gelten und sicherstellen, dass letztere bis zu diesem Zeitpunkt im Zusammenhang mit Rückerstattungsforderungen nicht betrieben oder gerichtliche Verfahren gegen sie eingeleitet werden können. So soll ihnen ermöglicht werden, Rückerstattungen an ihre Kunden erst dann einzuleiten, wenn sie ihrerseits die Gelder von den Fluggesellschaften und Hotels erhalten haben. Mit dieser Lösung können nach Ansicht der Kommission sowohl Konkurse vermieden wie auch die Rechte der Konsumenten gewährleistet werden.

Die Kommission hat mit 12 zu 12 Stimmen mit Stichentscheid der Präsidentin beschlossen, eine Kommissionsmotion (20.3158) einzureichen, welche den Bundesrat beauftragt, die Verordnung über die Abfederung der Auswirkungen des Coronavirus im Miet- und Pachtwesen (COVID-19-Verordnung Miete und Pacht) vom 27. März 2020 (SR 221.213.24) über den 31. Mai 2020 hinaus bis zum 13. September 2020 zu verlängern. Damit soll für Mieterinnen und Mieter noch mehr Zeit geschaffen werden, um zu verhindern, dass es aufgrund von Zahlungsrückständen bei Mietzinsen für Wohn- und Geschäftsräume zu Kündigungen kommt. Die Verordnung verlängert die Frist bei Zahlungsrückständen von 30 auf 90 Tage. Eine Minderheit der Kommission beantragt die Ablehnung der Motion.

Die Kommission hat zudem Aussprachen mit Vertretern der Bundesverwaltung zum Notrecht allgemein sowie im Speziellen im Bereich Privat- und Strafrecht geführt. Dabei hat sie sich unter anderem mit Fragen zur Insolvenz von Unternehmen sowie dem Funktionieren der Justizbehörden und dem Fristenstillstand auseinandergesetzt. Die Kommission erachtet es als wichtig, dass der Rechtsverkehr auch in Krisenzeiten aufrechterhalten bleibt. Die Mehrheit der Kommission begrüsst die dazu vom Bundesrat getroffenen Massnahmen in der Justiz und im Verfahrensrecht. Die Kommission unterstützt zudem die Massnahmen des Bundesrates, mit denen eine Konkurswelle aufgrund der Corona-Krise verhindert werden soll. Sie hat in diesem Zusammenhang aber den Wunsch zum Ausdruck gebracht, dass die betroffenen Behörden offene Fragen zur praktischen Umsetzung der Massnahmen baldmöglichst klären. Mögliche Probleme ortet die Kommission im Bereich des Rechtsschutzes im Zusammenhang mit den Notrechtsverordnungen des Bundesrates sowie bei der parlamentarischen Mitsprache in Krisenzeiten. Sie ist jedoch der Ansicht, dass eine vertiefte Analyse der Notrechtskompetenzen des Bundesrates und der Rolle des Parlaments erst zu einem späteren Zeitpunkt sinnvoll ist.

Die Kommission zeigt sich besorgt über das Risiko eines Anstiegs von Fällen häuslicher Gewalt durch die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit während der Corona-Pandemie. Sie lobt die Einsetzung der Taskforce des Bundes und der Kantone gegen häusliche Gewalt und ihre bisherigen Anstrengungen zum Monitoring der aktuellen Situation. Der Kommission ist es ein Anliegen, dass Betroffene über die Unterstützungsangebote informiert werden und sich auch unter erschwerten Umständen an die Anlaufstellen wenden können.

 

Die Kommission tagte am 28. April 2020 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Laurence Fehlmann Rielle (SP, GE) in Bern.