Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates hat von den Ergebnissen des Vernehmlassungsverfahrens zur parlamentarischen Initiative (Stamm) Walliser 17.523 («Ermöglichung von Doppelnamen bei der Heirat») Kenntnis genommen und sich mit 19 zu 5 Stimmen dafür ausgesprochen, die Namensführung der Kinder in die Revision aufzunehmen.

Mit dem Vorentwurf hat die Kommission eine kleine und eine grosse Lösung zur Diskussion gestellt. Die kleine Lösung deckt sich weitestgehend mit der Regelung des Doppelnamens vor dem 01.01.2013. Mit der grossen Lösung wäre es beiden Ehegatten möglich, einen Doppelnamen zu führen und dessen Bildung wäre weniger engen Regeln unterworfen. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass die klare Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden die grundsätzliche Wiedereinführung des Doppelnamens unterstützt und die grosse Lösung in der Vernehmlassung insgesamt mehr Unterstützung erhalten hat. Fast die Hälfte der Vernehmlassungsteilnehmenden bedauert aber, dass die Revision keine Auswirkungen auf die Namensführung der Kinder haben soll (Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens). Die Kommission ist deshalb auf ihren ursprünglichen Entscheid zurückgekommen und hat sich mit 19 zu 5 Stimmen dafür ausgesprochen, die Namensführung der Kinder in die Revision aufzunehmen. Sie ist der Ansicht, dass die Namenswahl der Ehegatten eng mit der Namenswahl für die Kinder zusammenhängt und diese oft massgeblich beeinflusst. Die Kommission hat deshalb eine Subkommission eingesetzt, welche ihr bis zu ihrer Sitzung vom 26./27. Oktober 2023 Lösungsvarianten für den Einbezug der Namensführung der Kinder unterbreiten soll. Die Subkommission setzt sich aus einer Vertretung jeder Fraktion zusammen (6 Mitglieder).

Schwangerschaftsabbruch soll weiterhin im Strafgesetzbuch geregelt sein

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 14 zu 11 Stimmen, der von Nationalrätin Léonore Porchet eingereichten parlamentarischen Initiative 22.432 n («Eine Abtreibung sollte in erster Linie als eine Frage der Gesundheit betrachtet werden und nicht als Strafsache») keine Folge zu geben. Die Initiative verlangt, dass der Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetzbuch gestrichen und in einem Spezialgesetz verankert wird. In den Augen der Kommission besteht kein Handlungsbedarf, zumal es ihres Wissens in der Schweiz seit rund zwanzig Jahren im Zusammenhang mit einer Abtreibung keine strafrechtliche Verfolgung mehr gab. Sie betont aber auch, dass sich die Fristenregelung bewährt hat, die 2002 vom Stimmvolk deutlich angenommen wurde und den Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Schwangerschaftswoche entkriminalisiert, wenn die schwangere Frau eine Notlage geltend macht. Nach Meinung der Minderheit trägt die Verankerung des Schwangerschaftsabbruchs im Strafgesetzbuch dazu bei, Frauen in einer schwierigen Lebensphase zu stigmatisieren und ihnen Schuld zuzuweisen, was sie sehr verletztlich machen kann.

Kommission erkennt gesetzgeberischen Handlungsbedarf im Bereich der Baumängel

Die Kommission hat die Eintretensdebatte zur Vorlage 22.066 (n «Obligationenrecht [Baumängel]. Änderung») aufgenommen. Sie ist einhellig der Auffassung, dass gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, um die Rechte von privaten Haus- und Stockwerkeigentümerinnen und -eigentümern sowie von professionellen Bauherren zu stärken. Sie ist jedoch nicht gänzlich von der Lösung überzeugt, die in der bundesrätlichen Vorlage bevorzugt wird, und möchte einige Punkte überarbeiten. Angesichts der Komplexität des Themas hat sie der Verwaltung einen Auftrag zur Erarbeitung entsprechender Revisionsvorschläge erteilt, die einen Verzicht auf die Verwirkungsfolgen bei verspäteten oder unterlassenen Mängelrügen bei Baumängeln vorsehen.

Diskussion über illegale Inhalte und Falschinformationen im Internet

Im Rahmen der Vorprüfung der von Nationalrat Pult eingereichten parlamentarischen Initiative 21.532 («Illegale Inhalte und Fake News auf Internetplattformen stoppen») stellt die Kommission fest, dass auch digitale Plattformen eine grundsätzliche Verantwortung für publizierte Inhalte haben, wie dies auch für redaktionelle Medien gilt. Da der Bundesrat das UVEK damit beauftragt hat, ihm in einem Aussprachepapier aufzuzeigen, ob und wie Kommunikationsplattformen reguliert werden könnten, hat der Initiant die Initiative zurückgezogen.

Fünfte Ferienwoche nicht aktuell

Die Kommission beantragt mit 16 zu 8 Stimmen, der von Nationalrat Hurni eingereichten parlamentarischen Initiative 22.447 («Für eine zusätzliche bedingungslose Woche Ferien») keine Folge zu geben. Sie erinnert daran, dass eine ähnliche Volksinitiative, die sechs Wochen Ferien verlangte, in der Volksabstimmung 2012 deutlich abgelehnt wurde. Zudem weist sie auf die Bedeutung der Vertragsfreiheit hin, die es dem Arbeitgeber ermöglicht, bessere Arbeitsbedingungen – z.B. in Form von zusätzlichen Ferienwochen – anzubieten, wenn er wettbewerbsfähiger sein will. Die Minderheit verweist auf den Anstieg arbeitsbedingter Krankheiten (Burnout, Depression) und auf die zunehmende Flexibilität, die den Arbeitnehmenden seit einigen Jahren abverlangt wird (Homeoffice, gleitende Arbeitszeit). Um diese Probleme zu mildern, beantragt sie, der Initiative Folge zu geben.

Digitalisierung des Notariats auf gutem Weg

Die Kommission hat die Detailberatung der Vorlage 21.083 abgeschlossen, die bezweckt, dass das Original öffentlicher Urkunden künftig elektronisch erstellt werden kann und in einem zentralen Register gespeichert wird. Da sich die Kommission bewusst ist, wie sensibel und streng vertraulich die betreffenden Daten sind, hat sie am vom Ständerat angenommenen Entwurf gewisse Anpassungen vorgenommen, um u. a. die Pflichten der Behörden im Bereich des Datenschutzes zu präzisieren. Die Kommission hat die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 18 zu 6 Stimmen (ohne Enthaltungen) angenommen. Die Minderheit beantragt Nichteintreten (siehe Medienmitteilung vom 13. Januar 2023). In der Frühjahrssession kommt die Vorlage in den Nationalrat.

Für eine Stärkung des völkerrechtlichen Gewaltverbots

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 16 zu 7 Stimmen die Annahme der von Carlo Sommargua eingereichten Motion 22.3362 des Ständerats, welche die Übernahme des Verbrechens der Aggression gemäss Römer Statut in das Schweizer Recht fordert. Damit kann die Schweiz einen Beitrag leisten zur Durchsetzung des völkerrechtlichen Gewaltverbots und auch die Bemühungen anderer Staaten zur Ahndung des Verbrechens der Aggression unterstützen. Eine Minderheit ist der Ansicht, dass dieses spezielle Verbrechen, das einen Konflikt zwischen zwei Staaten voraussetzt, nur von internationalen Gerichten geahndet werden sollte und erinnert daran, dass das Römer Statut von den Staaten keine innerstaatliche Umsetzung fordert.

Weitere Geschäfte

  • Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 10 zu 5 Stimmen bei 6 Enthaltungen, der Petition 20.2015 («Bundesrichter der strikten Pflicht zur Offenlegung ihrer Interessen unterwerfen») keine Folge zu geben, da sie diese als erfüllt betrachtet: Die Parteizugehörigkeit von Richterinnen und Richtern wird auf den Websites der Gerichte veröffentlicht, und es gibt strenge und transparente Regeln für die Nebentätigkeiten und die Entschädigung von Richterinnen und Richtern.
  • Die Kommission beantragt mit 15 zu 9 Stimmen, der parlamentarischen Initiative Dandrès 22.463 «Internetplattformen. Arbeitsbedingungen stabilisieren und Missbrauch bekämpfen» keine Folge zu geben.
  • Nach der einstimmigen Ablehnung der Initiative (Vogt) Steinemann 20.491 («Keine unbegrenzte Kausalhaftung des Verkäufers für Mangelfolgeschäden») durch ihre ständerätliche Schwesterkommission beantragt die Kommission letztlich mit 14 zu 7 Stimmen bei 3 Enthaltungen, dieser Initiative keine Folge zu geben. Eine Minderheit wird dem Rat Folgegeben beantragen.

Die Kommission tagte am 2./3 Februar 2023 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Christa Markwalder (FDP, BE) in Bern.