Anders als der Nationalrat, der eine individuelle Kombination der beiden Namen für jede und jeden Verlobten ermöglichen will, hat der Ständerat ein Modell beschlossen, das die Bildung eines offiziell als solchen bezeichneten Familiennamens vorsieht. Die Kommission hat sich einstimmig für die individuelle Namenswahl gemäss dem Beschluss des Nationalrates ausgesprochen. Sie weist darauf hin, dass es auch dieses Modell im Ergebnis erlaubt, dass die Verlobten – wie beim Familiennamen – den gleichen (Doppel-) Namen tragen. Im Unterschied zum Nationalrat möchte der Ständerat am «Ledignamenprinzip» festhalten. Dieses besagt, dass ausschliesslich der eigene Ledigname an den Ehepartner resp. die Ehepartnerin oder die gemeinsamen Kinder weitergegeben werden darf. Eine Weitergabe von Namen aus früheren Ehen wäre somit ausgeschlossen. Die Kommission erachtet diese Regelung als nicht mehr zeitgemäss und problematisch in Hinblick auf die Gleichstellung zwischen Frau und Mann. Sie hält deshalb auch in diesem Punkt einstimmig am Beschluss des Nationalrates fest. Der Nationalrat entscheidet in der Wintersession.
Kommission befasst sich mit historischer Verantwortung gegenüber Jenischen und Sinti
Die Kommission hat das im Auftrag des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) erstellte Rechtsgutachten zur Verfolgung der Jenischen und Sinti zum Anlass genommen, sich im Rahmen eines Kommissionsgeschäfts mit der Frage der historischen Verantwortung des Landes zu befassen. Das Gutachten kommt zum Schluss, dass die im Rahmen des «Hilfswerks für die Kinder der Landstrasse» erfolgte Verfolgung der Jenischen und Sinti nach den heutigen völkerrechtlichen Standards als Verbrechen gegen die Menschlichkeit einzustufen ist. Die Untersuchung zeigt zudem auf, dass die damaligen Massnahmen ohne Mitwirkung staatlicher Behörden auf allen Ebenen – Bund, Kantone und Gemeinden – nicht möglich gewesen wären. Die Kommission hat neben dem Verfasser des Gutachtens und einem historischen Experten auch Vertreterinnen und Vertreter von drei Organisationen von Betroffenen angehört, die «Union des Associations et des Représentants des Nomades Suisses (UARNS)», die «Radgenossenschaft der Landstrasse» und die Stiftung «Naschet Jenische». Diese legten der Kommission ihre Anliegen dar. Sie fordern unter anderem eine Verbesserung der heutigen Lebenssituation durch die Schaffung zusätzlicher Stand- und Durchgangsplätze sowie die Einsetzung einer unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung der Vergangenheit gemäss den international anerkannten Joinet-Prinzipien zu Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung. Die Kommission wird sich an einer ihrer nächsten Sitzungen erneut mit dem Geschäft befassen.
Unverjährbarkeit von Mord
Die Kommission hat die Beratung der Vorlage ihrer Schwesterkommission zur Verankerung der Unverjährbarkeit von Mord im Strafgesetzbuch (19.300) aufgenommen. In seiner Stellungnahme vom 12. Februar 2025 hat der Bundesrat beantragt, dass im Falle eines Eintretens auf den Entwurf, die Frist zur Verfolgungsverjährung nach Artikel 97 Absatz 1 Buchstabe b StGB im Sinne der Eingaben im Vernehmlassungsverfahren zu überprüfen sei. Die Kommission hat beschlossen, an einer ihrer nächsten Sitzungen Anhörungen zu einem entsprechenden Formulierungsvorschlag der Verwaltung durchzuführen.
Erleichterte Stiefkindadoption
Nach Meinung der Kommission sollte die Stiefkindadoption erleichtert werden. Die erleichterte Adoption soll vor allem für Kinder möglich sein, die mit einem fortpflanzungsmedizinischen Verfahren gezeugt wurden. Auf die heute bestehende Voraussetzung des einjährigen Pflegeverhältnisses soll verzichtet werden. Zudem sind für die Adoption eines volljährigen Stiefkindes Änderungen vorgesehen. Im Sinne der Motion 22.3382, «Keine unnötigen Hürden bei der Stiefkindadoption», ist die Kommission der Meinung, dass es im Interesse des Kindes liegt, das Kindesverhältnis zum Wunschelternteil rascher herzustellen, um einen besseren Rechtsschutz zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission einstimmig beschlossen, auf die Vorlage 25.073 des Bundesrates einzutreten. Die Kommission wird die Detailberatung an ihrer kommenden Sitzung vornehmen.
Automatische Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung
Die Kommission hat die parlamentarische Initiative Steinemann 24.471 vorgeprüft und ihr mit 14 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung Folge gegeben. Die Initiative verlangt, eine rechtliche Grundlage für die automatische Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung durch die Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen zu schaffen. Die Kommission ist der Auffassung, dass aufgrund eines Bundesgerichtsentscheids, der die Revision mehrerer kantonaler Polizeigesetze infrage stellt, Rechtsunsicherheit herrscht. Sie zieht es daher vor, dass die Zuständigkeiten der Strafverfolgungsbehörden geklärt werden.
Weitere Geschäfte
- Die Kommission hat sich ein zweites Mal mit der Initiative Amaudruz 23.433, «Schutz bedeutender Gebäude und Denkmäler vor Vandalismus und anderem politischen Pseudoaktivismus», befasst, nachdem ihre ständerätliche Schwesterkommission der Initiative die Zustimmung verweigert hatte. Mit 13 zu 11 Stimmen hält die Kommission an ihrem Entscheid fest und beantragt ihrem Rat, der Initiative Folge zu geben. Sie ist der Meinung, der wesentliche Mehrwert der Umsetzung dieser Initiative bestehe darin, dass Sachbeschädigungen an öffentlichen Gebäuden von Amtes wegen verfolgt werden müssten. Eine Minderheit beantragt, ihr keine Folge zu geben.
- Die Kommission hat sich erneut mit der parlamentarischen Initiative Amaudruz 23.479, «Die Dauer der Vergewaltigung soll kein Kriterium mehr sein», befasst, da ihre Schwesterkommission des Ständerates ihrem Beschluss nicht zugestimmt hatte. Vor dem Hintergrund der inzwischen erfolgten Präzisierungen des Bundesgerichts beantragt die Kommission ihrem Rat mit 15 zu 9 Stimmen, der Initiative keine Folge zu geben. Eine Minderheit beantragt, ihr Folge zu geben.
- Die Kommission beantragt ihrem Rat, der Initiative des Kantons St. Gallen 24.314, «Verzicht auf die schriftliche Begründung von Urteilen ermöglichen», mit 13 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung keine Folge zu geben. Die Kommission ist der Ansicht, dass die schriftliche Begründung von Urteilen für die einheitliche Rechtsanwendung von hoher Bedeutung ist. Eine Minderheit beantragt ihrem Rat, ihr Folge zu geben.
Die Kommission tagte am 9./10. Oktober 2025 unter dem Vorsitz von Nationalrat Vincent Maitre (M-E, GE) in Bern.