Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats möchte den Schutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Arbeitsrecht verstärken. So soll das sogenannte «Whistleblowing» im Gesetz geregelt werden (13.094). Einen grossen Handlungsbedarf sieht die Kommission überdies in Bezug auf die Arbeitsmarktsituation im Kanton Tessin (18.306).

​Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats ist der Ansicht, dass das Arbeitsrecht regeln soll, unter welchen Voraussetzungen es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gestattet ist, Unregelmässigkeiten am Arbeitsplatz (so genanntes Whistleblowing) zu melden. Die Kommission hat es mit 6 zu 2 Stimmen bei 4 Enthaltungen abgelehnt, dem Nationalrat zu folgen, der in der Sommersession 2019 entschieden hat, auf die entsprechende Vorlage des Bundesrates nicht einzutreten (13.094). Die Kommission beantragt ihrem Rat die Annahme der Anträge des Bundesrates aus der Zusatzbotschaft vom 21. September 2018. Sie ist der Ansicht, dass die dort vorgesehene Kaskadenlösung, welche eine Information der breiten Öffentlichkeit unter bestimmten Bedingungen zulässt, sachgerecht und verhältnismässig ist und auch nicht weiter vereinfacht werden kann. Gegenüber der heutigen Situation stellt die Vorlage nach Ansicht der Kommission in jedem Fall ein Fortschritt dar.

Die Kommission hat mit 8 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen einer Standesinitiative des Kantons Tessin Folge gegeben, die Massnahmen zur Bekämpfung des Lohndumpings im Bereich des Kündigungsschutzes fordert (18.306). Sie ist der Ansicht, dass diese Forderung berechtigt ist, umso mehr, als sich der Kanton Tessin in einer speziellen Situation befindet und sich gegenüber anderen Kantonen einem erhöhten Lohndruck ausgesetzt sieht. Der Entscheid bedarf noch der Zustimmung der Schwesterkommission.

Kommission unterstützt Fristverlängerung für Betroffene von administrativen Zwangsmassnahmen

Die Kommission hat sich von der Unabhängigen Expertenkommission (UEK) Administrative Versorgungen über deren Arbeiten informieren lassen und ihren Schlussbericht vom 2. September 2019 zur Kenntnis genommen. Sie unterstützt die Empfehlung der UEK, wonach die ursprünglich einjährige Frist für die Einreichung von Gesuchen für die Ausrichtung eines Solidaritätsbeitrags abgeschafft werden soll. Eine entsprechende parlamentarische Initiative von Raphaël Comte (19.471) wurde einstimmig angenommen. Sie bedarf jetzt noch der Zustimmung der RK-N.

Strafrecht soll mit neuen Tatbeständen zu «stalking» und «cybergrooming» ergänzt werden

Die Kommission hat zwei Initiativen aus dem Nationalrat zur Schaffung von neuen Straftatbeständen im Strafgesetzbuch zugestimmt. Mit 8 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung befürwortet sie die Notwendigkeit einer Kodifikation des «Stalking» (19.433). Sie teilt die Einschätzung ihrer Schwesterkommission, dass es von Vorteil ist, die geltende Rechtsprechung des Bundesgerichts explizit im Strafrecht zu verankern und allfällige Strafbarkeitslücken zu schliessen. Auch im Bereich des «cybergrooming», also der sexuellen Belästigung von Kindern und Jugendlichen im Internet, kommt die Kommission mit 9 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen zum Schluss, dass im Strafgesetzbuch Handlungsbedarf besteht (18.434). Die RK-N wird sich mit den Detailfragen im Rahmen der Ausarbeitung eines Erlassentwurfs befassen.

Keine Spezialregelung für Kulturland im Enteignungsrecht

Die Kommission hat die Vorlage zur Revision des Enteigungsrechts (18.057) vorberaten und in der Gesamtabstimmung mit 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Anders als der Nationalrat verzichtet die Kommission darauf, im Enteigungsrecht festzuhalten, dass für landwirtschaftliches Kulturland eine erhöhte Entschädigung auszurichten sei. Für die Kommission ist eine derartige Regel systemfremd, denn das Enteignungsrecht sieht bereits eine volle Entschädigung im Fall der Enteignung vor. Eine Kommissionsminderheit ist der Ansicht, dass bei der Enteignung von Kulturland nicht allein der Wert der landwirtschaftlichen Nutzung ausschlaggebend sein darf. Vielmehr soll die Entschädigung den Mehrwert besser abbilden, den das enteignete Land für den Enteigner haben wird. Im Übrigen folgt die Kommission den Beschlüssen des Nationalrats.

Übriges:

  • Die Kommission hat den Bundesbeschluss zur Genehmigung der Änderungen vom 14. Dezember 2017 des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (19.028) einstimmig angenommen. Mit der Ratifizierung dieser Änderungen durch die Schweiz wird die Zuständigkeit des Strafgerichtshofs erweitert und die internationale Strafjustiz gestärkt.
  • In der Herbstsession beschloss der Ständerat, den indirekten Gegenentwurf (16.077, Entwurf 2) von der Tagesordnung des Ständerates vom 26. September 2019 abzusetzen. Der indirekte Gegenentwurf ist derzeit im Ständerat hängig. Die Kommission hat aber beschlossen, das Geschäft an ihrer Sitzung vom 21. November 2019 nochmals zu traktandieren, damit die Kommission in Kenntnis der von der Bundesrätin anlässlich der Beratung im Ständerat in Aussicht gestellten Vorschläge der Verwaltung entscheiden kann, ob sie ihrem Rat in der Wintersession 2019 neue Anträge zum indirekten Gegenentwurf stellen möchte.

Die Kommission hat am 28./29. Oktober 2019 unter dem Vorsitz von Ständerat Robert Cramer (G, GE) in Bern getagt.