Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats befürwortet einstimmig eine Änderung des Römer Statuts, die es ermöglicht, künftig auch das Aushungern der Zivilbevölkerung in innerstaatlichen Konflikten zu ahnden (21.037).

Die vorliegende Änderung des Römer Statuts ermöglicht es, dass der Internationale Strafgerichtshof künftig das Aushungern der Zivilbevölkerung nicht nur wie bisher in internationalen, sondern neu auch in innerstaatlichen Konflikten ahnden kann. Die Kommission befürwortet diese Änderung vor dem Hintergrund, dass die Mehrheit der heute stattfindenden bewaffneten Konflikte nicht-internationaler Natur ist. Gerade in diesen Konflikten ist das Aushungern der Zivilbevölkerung eine verbreitete Methode der Kriegsführung. Die vorgeschlagene Änderung, welcher der Nationalrat am 15. Dezember 2021 bereits zugestimmt hat, trägt zu einer Verminderung der Straflosigkeit von Kriegsverbrechen und damit zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs bei. Sie geht auf einen Vorschlag der Schweiz zurück.

Aktive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit

Die Kommission hat sich mit zwei Geschäften befasst, die eine Auseinandersetzung mit der Schweizer Geschichte des 20. Jahrhunderts zum Gegenstand haben: Die Kommission beantragt ihrem Rat mit einstimmig, die Motion Heer 21.3181 («Schweizer Ort der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus») anzunehmen. Die vorliegende Motion verlangt vom Bundesrat, einen offiziellen schweizerischen Gedenkort für die Opfer des Nationalsozialismus – und falls nötig eine entsprechende gesetzliche Grundlage – zu schaffen. Weiter hat die Kommission dem Entscheid ihrer Schwesterkommission, der parlamentarischen Initiative Prezioso 21.472 («Rehabilitierung der Schweizerinnen und Schweizer, die in der französischen Résistance gekämpft haben») Folge zu geben, mit 5 zu 3 Stimmen bei 4 Enthaltungen zugestimmt. Die parlamentarische Initiative verlangt die Rehabilitierung der Schweizerinnen und Schweizer, die während des Zweiten Weltkriegs in der französischen Résistance gekämpft hatten. Die Kommission anerkennt damit den historischen Beitrag, den diese Personen zur Verteidigung der demokratischen Werte in Europa damals geleistet haben und erinnert daran, dass die Schweizer Spanienfreiwilligen bereits 2009 rehabilitiert wurden (06.461 n Pa. Iv. Rechsteiner Paul. Rehabilitierung der Schweizer Spanienfreiwilligen).

Bekämpfung von Cybermobbing: Bericht des Bundesrates abwarten

Die Kommission hat sich anlässlich der Vorprüfung einer parlamentarischen Initiative, die von ihrer Schwesterkommission mit 19 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen wurde, ausführlich mit der Frage des Cybermobbings als typisches Internet-Phänomen befasst (20.445 n Pa. Iv. Suter. Neuer Straftatbestand Cybermobbing). Die Kommission hat mit 8 zu 5 Stimmen entschieden, der parlamentarischen Initiative vorerst keine Folge zu geben. Sie möchte zunächst den Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats ihrer Schwesterkommission (21.3969) abwarten, der nach Auskunft der Verwaltung noch in diesem Jahr zu erwarten ist. Der Bericht verspricht eine breitere Auslegeordnung zu diesem Thema und wird damit auch einen allfälligen Handlungsbedarf klarer aufzeigen.

Lohndumping: Arbeitsrecht soll nicht angepasst werden

Die Kommission hat sich anlässlich der Differenzbereinigung erneut mit einer Standesinitiative des Kantons Tessin zur Bekämpfung des Lohndumpings befasst (18.306), welche im Arbeitsrecht eine Anpassung der Bestimmungen zur missbräuchlichen Kündigung fordert (Art. 336 OR). Sie ist der Ansicht, dass die Kantone über genügend Möglichkeiten verfügen, auf ihrem Gebiet die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit durchzusetzen und beantragt ihrem Rat mit 9 zu 4 Stimmen, dem Nationalrat zu folgen und der Standesinitiative keine Folge zu geben. Eine Minderheit verweist auf die besonderen Bedingungen im Tessin, wo der Arbeitsmarkt durch die bestehenden Instrumente nur ungenügend geschützt wird.

Ja zur Stärkung des FADO-Systems

Die Kommission ist der Auffassung, dass die neue Verordnung über das europäische System zur Speicherung von Ausweisdokumenten (FADO) unterstützt werden sollte und es angezeigt ist, dafür eine neue Rechtsgrundlage zu schaffen (21.036). Deshalb beantragt sie mit 7 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen, auf die Vorlage des Bundesrates einzutreten. Wie der Nationalrat ist die Kommission der Ansicht, dass das Parlament über den Abschluss internationaler Verträge, die zu einer Änderung der Zugangsrechte zum Speicherungssystem führen, befinden können sollte, weshalb sie ohne Gegenstimme beantragt, dem Bundesrat die Kompetenz zum Abschluss solcher Verträge zu entziehen. In der Gesamtabstimmung hat sich die Kommission mit 9 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen für die Vorlage ausgesprochen. Der Ständerat wird das Geschäft voraussichtlich in der kommenden Frühjahrssession beraten.

Weitere Geschäfte:

  • Die Kommission beantragt ohne Gegenstimme die Ablehnung der Motion 19.3565 (Digitale Vertragsabschlüsse breit ermöglichen. Schaffung einer digitalen Alternative zur eigenhändigen Vertragsunterzeichnung). Sie will die Verwendung der elektronischen Unterschrift beim Abschluss von Verträgen, welche der einfachen Schriftlichkeit bedürfen, nicht erleichtern.
  • Die Kommission beantragt ohne Gegenstimme, die Frist für die Behandlung der parlamentarischen Initiative 12.450 (Abate. Erbenaufruf. Änderung von Artikel 555 Absatz 1 ZGB), welche eine Verkürzung der Frist für die Erbensuche verlangt, nicht zu verlängern und das Geschäft abzuschreiben.
  • Mit 8 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt die Kommission ihrem Rat, der parlamentarischen Initiative 16.493 (Nantermod. Urheberrechte. Keine Vergütung für die Verwendung in privaten Räumlichkeiten von Hotels, Ferienwohnungen, Spitälern und Gefängnissen) keine Folge zu geben. Eine Minderheit beantragt Folgegeben.
  • Die Kommission beantragt mit 7 zu 4 Stimmen, der Genfer Standesinitiative (21.316) keine Folge zu geben. Die Initiative verlangt, dass in einer Pandemie die Frist zur Begleichung von Zahlungsrückständen für die Mietparteien verlängert wird. Die Minderheit beantragt, der Initiative Folge zu geben.

Die Kommission hat am 20./21. Januar 2022 unter dem Vorsitz von Ständerat Carlo Sommaruga (SP, GE) in Bern getagt.