Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates will vermeiden, dass Familien, die Ergänzungsleistungen (EL) beziehen, finanziell bessergestellt sind als Familien ohne EL-Anspruch. Sie beantragt deshalb, die Zuschläge für Kinder nach Alter abzustufen und mehrheitlich zu senken.

​Dank Ergänzungsleistungen zu einer AHV- oder IV-Rente kann eine Familie mit zwei Kindern – je nach individueller Situation – Ausgaben von bis zu 78000 Franken im Jahr decken. Der allgemeine Lebensbedarf der ersten beiden Kinder wird heute bei der EL-Berechnung mit 840 Franken pro Kind und Monat eingesetzt. Dieser Betrag sei zu hoch für kleinere Kinder und für Familien mit mehreren Kindern, befand die Kommission in der Detailberatung über die EL-Reform (16.065 s), wobei sie sich auf eine Studie und Abklärungen der Verwaltung stützte. Dies gelte umso mehr, als die anrechenbaren Mietzinsmaxima insbesondere auch für Familien erhöht werden sollen. Nachdem die Kommission Vertretungen der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren (SODK) sowie interessierter Organisationen angehört hatte, entschied sie sich mit 16 zu 7 Stimmen für folgendes Modell: für das erste Kind werden bis zum Alter von 11 Jahren 590 Franken pro Monat angerechnet, danach 840 Franken. Für jedes weitere Kind sinken diese Beträge jeweils um einen Sechstel, dies bis zu einem Minimum von 280 Franken. Mit 13 zu 10 Stimmen beantragt die Kommission gleichzeitig, dass die Nettokosten einer notwendigen familienexternen Betreuung von Kindern unter 11 Jahren in der EL-Berechnung berücksichtigt werden.
Mit 16 zu 6 Stimmen lehnte es die Kommission ab, den Bundesbeitrag an die EL zugunsten von Kantonen zu verändern, die überdurchschnittlich hohe Kosten für die Prämienverbilligung von EL-Beziehenden haben. Dieses Anliegen von sieben Kantonen wird von einer Minderheit aufgenommen. Die Kommission wird die Detailberatung nach der Wintersession weiterführen.

Neue Reformvorlage für Altersvorsorge soll rasch vorliegen

Wie bereits ihre Schwesterkommission tauschte sich die SGK-NR mit Bundesrat Alain Berset über die Ausgangslage nach der Ablehnung der Altersvorsorge 2020 in der Volksabstimmung vom 24. September 2017 aus. Im Rahmen dieser Auslegeordnung nahm sie zur Kenntnis, dass der Bundesrat die Arbeiten für eine neue Reform bereits wiederaufgenommen hat und noch in diesem Jahr über das weitere Vorgehen entscheiden will. Die Kommission begrüsst dieses rasche Vorgehen ausdrücklich, da der Handlungsbedarf unbestritten sei und sich der Druck für eine Reform mit Fortdauer der Zeit laufend vergrössere. Es sei zentral, dass der Bundesrat nun seine Führungsrolle in diesem komplexen Dossier wahrnehme, so die Kommission, die dem Bundesrat ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit für eine neue Reform signalisierte. Sie geht davon aus, dass der Bundesrat in den kommenden Wochen die möglichen Kompromisspunkte sorgfältig auslotet und die Eckwerte für die neue Vorlage so rasch wie möglich festlegt.

Kritischer Blick auf die Prämienregionen

Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) ist zurzeit daran, in der Krankenversicherung die Prämienregionen zu überarbeiten, da die aktuelle Einteilung auf Ebene der Gemeinden nicht mehr gesetzeskonform ist. Eine erste Neueinteilung war in der Vernehmlassung auf breiten Widerstand gestossen. Der inzwischen vorliegende zweite Vorschlag mit einer Einteilung der Prämienregionen auf Ebene von verfeinerten Bezirken vermochte die Kommission immer noch nicht zu überzeugen. Sie bemängelte insbesondere, dass die regionalen Kostenunterschiede zu wenig abgebildet würden. Da aus ihrer Sicht auch der neue Vorschlag zu keiner Verbesserung der aktuellen Situation führt, gab sie mit 17 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung der Pa. Iv. Aebi Andreas. Prämienregionen. Das Bewährte weiterführen (16.494 n) Folge. Dazu wird in einem nächsten Schritt die Schwesterkommission des Ständerates Stellung nehmen.

Weitere Geschäfte

Die Kommission unterstützt, wie bereits der Ständerat, das Rahmenabkommen mit Frankreich zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich (17.035 s). Sie hat die Vorlage einstimmig angenommen. Das Rahmenabkommen soll Kooperationsvereinbarungen der Kantone mit den zuständigen Behörden in Frankreich erleichtern und fördern. Davon profitiere die lokale Bevölkerung zum Beispiel beim Zugang zu Versorgungsangeboten, wurde in der Kommission festgehalten. Das Rahmenabkommen lässt das innerstaatliche Recht unberührt.

Die Kommission beantragt mit 15 zu 8 Stimmen, der Pa.Iv. Giezendanner. Keine Versicherungspflicht für illegale Aufenthalter (16.467 n) keine Folge zu geben. Zwar sei es dringend nötig, die Problematik der Sans-Papiers anzugehen, wurde in der Kommission argumentiert. Aber es sei nicht der richtige Weg, dies isoliert nur im Teilbereich der Gesundheitsversorgung zu tun. Dies umso mehr, als beim Ausschluss von illegal Anwesenden aus der Krankenversicherung die Leistungserbringer, Kantone und Gemeinden für offene Rechnungen aufkommen müssten. Die Kommission wird das Thema anfangs 2018 mit einer Kommissionsmotion breiter gefasst wieder aufnehmen.

Mit 22 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung beschloss die Kommission, die Motion «Schadensprävention und Umgang mit Schäden bei medizinischen Behandlungen» einzureichen. Daraufhin wurde die Pa.Iv. Giezendanner. Kostendämpfung im KVG durch griffige Regressmöglichkeiten bei Behandlungsfehlern (16.468 n) zurückgezogen.

Mit 15 zu 7 Stimmen beantragt die Kommission, der Pa.Iv. Carobbio Guscetti. Der Wettbewerb darf sich nicht negativ auf die Qualität der Spitalbehandlungen und auf die Kosten auswirken (16.472 n) keine Folge zu geben. Die geforderten Massnahmen würden schon anderweitig diskutiert oder lägen primär in der Kompetenz der Kantone.

Die Kommission tagte am 2./3. November 2017 in Bern unter der Leitung von Vizepräsident Thomas de Courten (SVP, BL) sowie teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.