In einem Mitbericht an die WAK-NR zur Steuervorlage 17 spricht sich die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-NR) dafür aus, dass nicht nur zusätzliche finanzielle Mittel an die AHV fliessen, sondern auch das Rentenalter der Frauen Teil eines Ausgleichskonzepts ist.

​Die Kommission behandelte die Steuervorlage 17 (SV 17, 18.031 s) im Sinne eines Mitberichtesan die federführende Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-NR). Unbestritten war in der Kommission, dass unabhängig davon, wie die Steuervorlage letztlich ausgestaltet wird, der Reformbedarf in der 1. Säule unvermindert gross ist und sich die Kommission weiterhin für eine rasche und zielgerichtete Reform der AHV einsetzen wird. Zu längeren Diskussionen führten sodann die vom Ständerat beschlossenen Ausgleichsmassnahmen zur Steuerreform in der AHV. An deren Ende hiess die Kommission mit 13 zu 12 Stimmen einen Antrag gut, der ein alternatives Kompensationskonzept vorschlägt: gemäss diesem soll das Demografieprozent vollständig in die AHV fliessen und der Bundesbeitrag an die AHV soll zwischen 2020 und 2030 gestaffelt von 21,5 Prozent auf letztlich 20,5 Prozent festgelegt werden. Zudem soll das Rentenalter der Frauen ab 2020 in vier Schritten auf 65 Jahre angehoben werden. Aus Sicht der Kommissionsmehrheit sollen diese Ausgleichsmassnahmen zugunsten der AHV aus der Bundeskasse finanziert werden, die von der Steuervorlage profitieren würde. Dies gelte insbesondere dann, wenn man nicht von statischen, sondern von dynamischen Effekten der Steuervorlage ausgehe. Nach Auffassung der Mehrheit sind für die AHV aber nicht nur Einnahmen zu generieren, sondern es müssen auch strukturelle Massnahmen, wie die von ihr beantragte Erhöhung des Rentenalters der Frauen, in das Ausgleichskonzept aufgenommen werden. Eine weitere Belastung der Unternehmen durch eine Erhöhung der Lohnbeiträge, wie sie der Ständerat vorsieht, sei hingegen abzulehnen

Eine starke Minderheit der Kommission lehnt dieses Konzept ab und will sich stattdessen grundsätzlich am Kompromiss des Ständerates orientieren. Ein Teil der Minderheit lehnt insbesondere die Erhöhung des Frauenrentenalters kategorisch ab; ein anderer Teil befürchtet, dass gerade dieses zusätzliche Element den Erfolg der wichtigen Steuerreform in einer allfälligen Volksabstimmung gefährdet.
Die Kommission setzte sich auch mit der Frage der Teilung der Steuervorlage auseinander. Mit 17 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt sie der WAK-NR eine Aufsplittung der Vorlage in ein «Bundesgesetz über die Steuervorlage 17» und in ein «Bundesgesetz über die AHV-Finanzierung». Die beiden Vorlagen sollen aber gegenseitig verknüpft werden, damit nur beide Vorlagen zusammen oder keine der beiden Vorlagen in Kraft treten können.

Auf Vorlage zur Zulassungssteuerung eingetreten

Ohne Gegenstimme trat die Kommission auf den Entwurf KVG. Zulassung von Leistungserbringern (18.047 n) ein, den der Bundesrat im Mai 2018 dem Parlament unterbreitet hatte. Der Bundesrat schlägt vor, ein formales Zulassungsverfahren einzuführen für Leistungserbringer, die im ambulanten Bereich zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung tätig sein wollen. Zudem sollen die Kantone die Möglichkeit erhalten, in einem oder mehreren Fachgebieten oder in bestimmten Regionen Höchstzahlen für ambulant tätige Ärzte und Ärztinnen festzulegen. Vor dem Eintreten hörte die Kommission Vertretungen der Kantone, der Ärztinnen und Ärzte, der Spitäler, der Apothekerinnen und Apotheker, der Patientinnen und Patienten sowie der Versicherer an. Sie wird die Detailberatung nach der Sommerpause aufnehmen. Um die Vorlage sorgfältig und im Zusammenhang mit ihrem Vorentwurf zur «einheitlichen Finanzierung der Leistungen im ambulanten und im stationären Bereich» (Pa. Iv. 09.528) beraten zu können, will die Kommission vorsorglich die Geltungsdauer der aktuellen Zulassungsbeschränkung nach Artikel 55a KVG um zwei Jahre bis zum 30. Juni 2021 verlängern. Die Kommission beschloss mit 16 zu 7 Stimmen eine entsprechende Initiative. Sie will verhindern, dass die bestehenden Zulassungsbeschränkungen am 30. Juni 2019 ersatzlos auslaufen und in der Übergangszeit bis zur definitiven Regelung zahlreiche Ärzte auf den Markt drängen.

Behandlungsgebühr soll unnötige Arztbesuche eindämmen

Die Kommission gab zwei parlamentarischen Initiativen Folge, die zum Ziel haben, unnötige medizinische Konsultationen einzudämmen und so die Krankenversicherung zu entlasten. Mit 17 zu 7 Stimmen gab sie der Pa. Iv. Weibel. Gebühr für Bagatellfälle in der Spitalnotaufnahme (17.480) Folge, die für den Eintritt in den Spitalnotfall grundsätzlich eine Gebühr von etwa 50 Franken vorsieht. Bei Kindern und Jugendlichen sowie in Fällen einer ärztlichen Zuweisung oder nachfolgenden stationären Behandlung würde die Gebühr entfallen. Mit 12 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen gab die Kommission auch der Pa. Iv. Burgherr. Selbstverantwortung im Gesundheitswesen stärken (17.452) Folge, welche eine Gebühr die bei jeder neuen Konsultation in einer Arztpraxis oder einem Spitalambulatorium vorsieht, wobei Ausnahmen möglich wären. In einem nächsten Schritt wird die Schwesterkommission des Ständerates zu den Initiativen Stellung nehmen.

Weitere Geschäfte

Mit 14 zu 10 Stimmen beantragt die Kommission die Annahme der Mo. Ständerat (Baumann). Familienzulagen. Für eine faire Lastenverteilung.

Mit 15 zu 7 Stimmen beschloss die Kommission eine Kommissionsmotion auf der Grundlage der zurückgezogenen Pa.Iv. Brand. Mitsprache und Mitbestimmung der Krankenversicherer bei kantonalen Spital- und Pflegeheimlisten (17.460 n).

Einstimmig reicht die Kommission eine Motion ein, die den Bundesrat beauftragt, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit die Leistungserbringer für Pflegeleistungen die in der Liste der Mittel und Gegenstände (MiGeL) aufgeführten Produkte sowohl für die Selbstanwendung als auch für die Anwendung durch eine Pflegefachperson in Rechnung stellen können.

Mit 11 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung beschloss die SGK-NR eine Kommissionsmotion beschlossen, die fordert, dass Kantone, welche eine sogenannte «schwarze Liste» säumiger Versicherter gemäss Art. 64a Abs. 7 KVG führen, auch die Notfallbehandlungen umschreiben müssen.

Mit 16 zu 4 Stimmen bei 3 Enthaltungen und 17 zu 4 bei 1 Enthaltung beantragt die Kommission den beiden Standesinitiativen «Für eine gerechte Verwaltung der KVG-Reserven» (17.306 s) des Kantons Genf und «Für einen Transfer der Reserven der KVG-Versicherten bei einem Kassenwechsel» (17.319 s) des Kantons Jura keine Folge zu geben.

Die Kommission tagte am 5. und 6. Juli 2018 in Bern unter Leitung von Thomas de Courten (SVP, BL).