Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-NR) will Vermittlerprovisionen nicht nur in der Grundversicherung, sondern auch in der Zusatzversicherung beschränken. Sie will dem Bundesrat die Kompetenz geben, eine entsprechende Vereinbarung unter Krankenversicherern allgemeinverbindlich zu erklären.

​Die Motion des Ständerates Krankenkassen. Verbindliche Regelung der Vermittlerprovisionen, Sanktionen und Qualitätssicherung (18.4091 s) fordert die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage, damit der Bundesrat im Bereich der obligatorischen Krankenversicherung eine Branchenlösung zur Regelung der Provisionen allgemeinverbindlich erklären, Änderungen genehmigen sowie Sanktionen bei Nichteinhaltung vorsehen kann. Die Kommission beschloss nun mit 16 zu 8 Stimmen eine Textänderung, wonach die verbindliche Regelung der Provisionen auch für den Zusatzversicherungsbereich gelten soll, in dem das Provisionsvolumen pro Abschluss und kumulativ viel höher ist als in der Grundversicherung. Sie zeigte sich überzeugt, dass nur mit dem Einschluss der Zusatzversicherung übermässige Provisionen und unerwünschte Telefonanrufe wirkungsvoll unterbunden werden können. Eine Minderheit will wie der Ständerat aufgrund wettbewerbsrechtlicher Bedenken auf eine solche Ausweitung verzichten. Die Kommission beantragt die abgeänderte Motion mit 19 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen zur Annahme.

 

Paradigmenwechsel betreffend MiGeL


Weiter vorangetrieben hat die Kommission ihre Arbeiten zur Umsetzung der Pa.Iv. Wettbewerbspreise bei Medizinalprodukten der Mittel- und Gegenständeliste (16.419; Humbel). Der von ihr diskutierte Gesetzesvorentwurf sieht einen Paradigmenwechsel in Bezug auf die von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommenen Mittel und Gegenstände vor. Neu sollen Versicherer und Abgabestellen die Preise frei aushandeln können, ohne dass das Eidg. Departement des Innern (EDI) Höchstvergütungsbeträge festlegt sowie ohne Genehmigungsverfahren dieser Abgabeverträge durch Bund oder Kantone. Die Leistungserbringer dürften dabei keine weitergehenden Vergütungen als die vertraglich festgelegten Preise verlangen. Wie bisher würde das EDI die leistungspflichtigen Mittel und Gegenstände bestimmen. Falls die gesundheitliche Versorgung mit Mitteln und Gegenständen nicht funktioniert, sollen Versicherte dies bei einer kantonalen Meldestelle beanstanden können, welche entsprechende Massnahmen ergreifen kann. An einer nächsten Sitzung wird die Kommission noch einzelne Aspekte ihrer Vorlage vertiefen. Sobald die Kommission ihre Arbeiten abgeschlossen hat, wird sie den Vorentwurf in die Vernehmlassung geben.

Mittelstand entlasten


Mit 15 zu 7 Stimmen gab die Kommission der Pa.Iv. Chiesa. Direkte Bundessteuer. Abzug für Krankenkassenprämien erhöhen und so an die Realität anpassen (17.520) Folge. Sie hält es angesichts der steigenden Krankenkassenkosten für notwendig, die zunehmende Belastung des Mittelstandes und insbesondere der Familien mit Kindern mit angepassten Höchstabzügen steuerlich abzufedern. Der Ständerat wird in der Frühjahrssession über die Mo. Nationalrat (Grin). Erhöhung der Pauschalabzüge bei der direkten Bundessteuer (17.3171) mit derselben Stossrichtung befinden. Mit der Unterstützung der Pa.Iv. will die Kommission ein Zeichen setzen und ergänzend ein Instrument in der Hand haben, um rasch eigenständig gesetzgeberisch tätig zu werden.
Ein Teil der Kommission kritisierte, dass eine Erhöhung der Steuerabzüge substanzielle Mindereinnahmen für den Bund zur Folge hätte und Personen mit höheren Einkommen überproportional profitieren würden. Als nächstes wird nun die Schwesterkommission zur Pa.Iv. Stellung nehmen.

Weitere Beratungen und Beschlüsse


Vor dem Hintergrund der Volksinitiative «Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative)» (18.079 n) diskutierte die Kommission über die Ausgestaltung ihres angestrebten indirekten Gegenentwurfs. Mit ihrer parlamentarischen Initiative «Für eine Stärkung der Pflege – für mehr Patientensicherheit und mehr Pflegequalität» (19.401) will sie insbesondere bei der Aus- und Weiterbildung sowie der Anerkennung der Kompetenzen der Pflegefachpersonen ansetzen. In einem nächsten Schritt wird die Schwesterkommission des Ständerates dazu Stellung nehmen. Stimmt sie der Erarbeitung eines indirekten Gegenentwurfs zu, kann die SKG-NR über konkrete Gesetzesbestimmungen beraten.

Bei der derzeit laufenden Umteilung von Arzneimitteln der bisherigen Abgabekategorie C in die Abgabekategorie B soll der Bundesrat sicherstellen, dass keine zusätzlichen Kosten und Aufwände für das Gesundheitssystem entstehen. Mit 17 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen beschloss die Kommission eine entsprechende Motion. Mit Stichentscheid des Präsidenten lehnte es die Kommission ab, die im Rahmen der letzten Heilmittelgesetzrevision (12.080) intensiv diskutierte Regelung des Versandhandels bereits wieder in Frage zu stellen.

Mit 16 zu 7 Stimmen beantragt die Kommission ihrem Rat, der Kt.Iv. NE. Für ein Bundesgesetz über zuckerhaltige Produkte und für einen beschränkten Zugang zu Nahrungsmitteln mit hohem Energiegehalt (17.308 s) keine Folge zu geben. Angesichts der verschiedenen, auf Freiwilligkeit beruhenden Bestrebungen, den Zuckergehalt von Lebensmitteln zu reduzieren, sieht die Kommission keinen Handlungsbedarf im Sinne der Initiative. So passe die Industrie laufend Rezepturen an, um den Anteil an zugesetztem Zucker zu verkleinern. Eine Minderheit der Kommission verweist auf die Erfahrungen im Ausland: Abgaben auf gezuckerte Erzeugnisse seien ein gutes Instrument, um mit Zuckerkonsum im Zusammenhang stehende Krankheiten wirksam zu bekämpfen.

Ebenfalls mit 16 zu 7 Stimmen beantragt die Kommission, die Mo. Ständerat (SGK-SR). Aktuelle Einteilung der Prämienregionen beibehalten (18.3713) anzunehmen, welche gewährleistet, dass die Einteilung der Prämienregionen in der Krankenversicherung weiterhin auf Ebene der Gemeinden erfolgt.

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 14 zu 10 Stimmen, der Pa.Iv. Fridez. Private Krankenversicherungen. Für medizinische Gutachten ohne Interessenkonflikte (18.410 n) keine Folge zu geben. Die Kommission ist der Ansicht, die vorgeschlagene Lösung sei wenig praktikabel und würde die Qualität der Gutachten nicht verbessern.

Auch bei der Pa. Iv. Reynard. Das Burnoutsyndrom als Berufskrankheit anerkennen (18.416 n) beantragt die Kommission ihrem Rat mit 17 zu 7 Stimmen, nicht Folge zu geben. Oft könnten Burnouterkrankungen nicht zweifelsfrei auf die berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden. Wichtiger als eine neue Zuständigkeit bei der Versicherung seien die bereits laufenden Programme der Privatwirtschaft zur Prävention von Burnout.

Die Mehrheit der Kommission kam aufgrund von Abklärungen des Bundesrates zum Schluss, dass die Unfallversicherung nicht für Fälle aufkommen soll, in denen ein verunfallter Jugendlicher später als Erwerbstätiger einen Rückfall oder Spätfolgen erleidet. Eine derartige Regelung würde neue Ungerechtigkeiten schaffen, argumentierte sie. Die Kommission beantragt mit 12 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen wie der Bundesrat, die Mo. Nationalrat (Darbellay). Rechtslücke in der Unfallversicherung schliessen (11.3811) abzuschreiben. Mit 13 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen beantragt sie zudem, der Pa.Iv. Nantermod. Schliessung der Rechtslücken in der Unfallversicherung (18.408) keine Folge zu geben.


Die Kommission tagte am 14./15. Februar 2019 in Bern unter der Leitung ihres Präsidenten Thomas de Courten (SVP, BL) und ihrer Vizepräsidentin Ruth Humbel (CVP, AG) sowie teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.