Nach dem Beschluss des Ständerates, die im indirekten Gegenvorschlag zur Korrektur-Initiative vorgesehene Ausnahmeklausel zu streichen, schlägt die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (SiK-N) nun als Kompromiss vor, die Ausnahmen auf demokratische Länder zu beschränken.

Die Kommissionsmehrheit hat Verständnis für das Anliegen der Volksinitiative «Gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer (Korrektur-Initiative)» (21.021). Diese Initiative verlangt zum einen, die demokratische Kontrolle der Kriegsmaterialexporte zu stärken, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Bewilligungskriterien für solche Exporte derzeit auf Verordnungsebene geregelt sind. Zum anderen möchten die Initiantinnen und Initianten verhindern, dass Kriegsmaterial in Länder ausgeführt wird, welche die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen oder sich im Bürgerkrieg befinden. Die Mehrheit ist allerdings der Ansicht, dass diese Aspekte auf Gesetzesebene geregelt werden können und es hierfür keine Verfassungsänderung braucht. Sie spricht sich deshalb für den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates aus und beantragt mit 14 zu 10 Stimmen, die Initiative zur Ablehnung empfehlen.

Im Mittelpunkt der Detailberatung stand die Einführung einer Ausnahmeklausel (Art. 22b E KMG), welche dem Bundesrat die Möglichkeit gibt, im Falle ausserordentlicher Umstände von den Bewilligungskriterien abzuweichen. Einig ist sich die Mehrheit der SiK-N darin, dass insbesondere zur Wahrung der sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis und der Schweizer Interessen im Zusammenhang mit den Offset-Geschäften Ausnahmen möglich sein müssen, nicht aber in der Frage, wie weit diese Ausnahmen reichen dürfen. Da die im Gegenvorschlag vorgesehene Ausnahmeklausel in den Augen der Kommission einen Blankoscheck darstellt, beantragt sie ihrem Rat mit 17 zu 7 Stimmen, diese Klausel zu streichen, so wie dies bereits der Ständerat beschlossen hat. Eine knappe Mehrheit (9 zu 8 Stimmen bei 7 Enthaltungen) ist aber auch der Meinung, dass in bestimmten Sonderfällen Ausnahmen möglich sein müssen, sich diese aber auf demokratische Länder zu beschränken haben, die über ein Exportkontrollregime verfügen, das mit demjenigen der Schweiz vergleichbar ist (Art. 22a Abs. 2 Bst. a E KMG).

Zwei weitere Anträge zur Verschärfung des Gegenvorschlags wurden mit 16 zu 8 Stimmen abgelehnt. Gemäss dem ersten sollten für die Lieferung von Ersatzteilen dieselben Voraussetzungen gelten wie für die Lieferung von Kriegsmaterial (Streichen von Art. 23 KMG), gemäss dem zweiten sollte das Exportverbot auch diejenigen Fälle abdecken, in denen ein hohes Risiko besteht, dass das Kriegsmaterial ausserhalb des Bestimmungslandes gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt wird (Art. 22a Abs. 2 Bst. c E KMG).

Die Kommission hat den auf diese Weise abgeänderten Gegenvorschlag in der Gesamtabstimmung mit 15 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Die Beratung im Nationalrat ist für die Herbstsession 2021 vorgesehen.

Vor ihren Beratungen hatte die SiK-N Mitglieder des Initiativkomitees sowie Vertreter der Industrie (Swiss ASD/Swissmem und Thales Group Schweiz) angehört.

STÄRKERES MANDAT ZUM SCHUTZ DER SCHENGEN-AUSSENGRENZE

Die Kommission beantragt mit 15 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen ihrem Rat, dem stärkeren Engagement der Schweiz im europäischen Frontex-Programm zuzustimmen und beantragt einstimmig die Revision des Asylgesetzes zur Annahme (20.064).

Somit folgt die Kommission dem Beschluss des Ständerates, der das Geschäft in der Sommersession behandelte.

Eine Minderheit beantragt Nichteintreten auf die Vorlage 2. In ihren Augen stellt ein stärkeres Grenzengagement die falsche Antwort auf die humanitäre Situation an der Schengen-Aussengrenze dar.

Die Kommission lehnte mit 14 zu 9 Stimmen einen Antrag ab, welcher verlangt in Ergänzung zur Übernahme der europäischen Verordnung zwischen den Jahren 2022 und 2023 mindestens 4000 Flüchtlinge im Rahmen des Resettlement-Programms aufzunehmen. Die Mehrheit ist der Meinung, dass diese Frage nicht innerhalb der Vorlage 20.064 geregelt werden soll. Ein solch weitreichendes Anliegen muss im Rahmen der dafür üblichen Verfahren in die Wege geleitet werden, damit auch die Kantone und Gemeinden im ordentlichen Konsultationsverfahren miteinbezogen werden können.

Die Minderheit fordert die Aufnahme der Flüchtlinge als humanitärer Ausgleichsmassnahme zum Ausbau der Grenzkontrollen an der Aussengrenze, dabei weist sie auf den hohen humanitären Handlungsbedarf hin.

Im Vorfeld liess sich die Kommission von Vertreterinnen und Vertretern aus Menschenrechtsorganisationen, der Wissenschaft und der Verwaltung ein detailliertes Bild über die internationale Migrationspolitik und über die Vorlage im gesamten zeichnen.

JA ZUM EINSATZ DER ARMEE AM WEF 2022 – 2024

Die SiK-N beantragt mit 16 zu 4 Stimmen bei 3 Enthaltungen, den Bundesbeschlüssen über den Einsatz der Armee im Assistenzdienst zur Unterstützung des Kantons Graubünden bei den Sicherheitsmassnahmen und über die Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der Sicherheitsmassnahmen im Rahmen des World Economic Forum (WEF) 2022 – 2024 (21.020) zuzustimmen. Aus Sicht der Kommission ist das nationale Interesse an der Durchführung des WEF-Jahrestreffen aufgrund der internationalen Ausstrahlungskraft hoch und sie befürwortet deswegen die durch den Bund gewährleistete Unterstützung. Ein Antrag auf Sistierung des Geschäfts bis weitere Informationen über die finanziellen Mittel beim WEF eingeholt wurden, lehnt die Kommission mit 16 zu 7 Stimmen ab.

INTERNATIONALER DATENAUSTAUSCH VON POLIZEI UND STRAFVERFOLGUNGSBEHÖRDEN SOLL VERSTÄRKT WERDEN

Oppositionslos beantragt die Kommission weiter zwei Abkommen zwischen der Schweiz und der EU, ein Abkommen mit der USA im Bereich der internationalen Zusammenarbeit von Polizei- und Strafverfolgungsbehörden sowie den entsprechenden Verpflichtungskredit zu genehmigen (21.027). Sie begrüsst, dass mit den verschiedenen Abkommen die Informationssysteme vernetzt und die Abfrage deutlich effizienter ablaufen können.

WEITERE BESCHLÜSSE

Ferner beantragt die SiK-N mit 14 zu 9 Stimmen, der parlamentarischen Initiative 20.497 («Kein Schweizer Geld für verbotene Waffen») keine Folge zu geben. Die Initiative verlangt, dass die indirekte Finanzierung von verbotenem Kriegsmaterial im Gesetz expliziter untersagt wird. Aus Sicht der Kommissionsmehrheit würden durch die Initiative zu komplexe Definitions- und Abgrenzungsprobleme geschaffen, welche bestimmte, heute zulässige Exporte verunmöglichen könnten.

Ausserdem reichte die SiK-N einstimmig das Kommissionspostulat 21.3960 «Ratifikation des Atomwaffenverbotsvertrags» ein, welches den Bundesrat beauftragt zu prüfen, welche gesetzlichen Anpassung es braucht, um die Voraussetzungen für die Ratifikation des Atomwaffenverbotsvertrags zu schaffen.

Die Kommission hat am 21./22. Juni 2021 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Ida Glanzmann-Hunkeler und teils in Anwesenheit des Vorstehers des WBF Bundespräsident Guy Parmelin, der Vorsteherin des EJPD Bundesrätin Karin Keller-Suter und des Vorstehers des EFD, Ueli Maurer in Bern getagt.