Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N) hat den Entwurf des Bundesgesetzes über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (22.022) in der Gesamtabstimmung mit 16 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen angenommen.

Die Kommission heisst die Grundzüge der vom Ständerat in der Sommersession behandelten Vorlage des Bundesrates gut. Sie beantragt allerdings mehrere Änderungen an der vom Ständerat verabschiedeten Fassung des Entwurfs mit dem Ziel, den Digitalisierungsprozess durch eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des neuen Gesetzes zu beschleunigen.

Mit 15 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt sie insbesondere, dass die dezentralisierten Einheiten der Bundesverwaltung ebenfalls dem Gesetz unterstellt sind und dass einige Bestimmungen des Gesetzes auch für die kantonalen Verwaltungen gelten, welche Bundesrecht anwenden. Zudem spricht sich die SPK-N mit 15 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen dafür aus, dass die Verwaltung überall dort, wo es möglich ist, elektronische Mittel benutzt.

Kritisiert wurde, dass die finanziellen Auswirkungen der Vorlage nicht absehbar sind und der Gesetzesentwurf sehr technisch ist. Andere Stimmen bedauerten, dass es an einer Verfassungsgrundlage fehlt, mit der die Kantone zur Verwendung kompatibler Standards verpflichtet werden können.

Stimm- und Wahlrecht ab 16 Jahren: grünes Licht für Vernehmlassung

Die Kommission hat mit 13 zu 7 Stimmen bei 3 Enthaltungen beschlossen, den Vorentwurf zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative 19.415 in die Vernehmlassung zu schicken. Diese Initiative verlangt, auf Bundesebene das Stimm- und Wahlrechtsalter auf 16 Jahre zu senken. Der Vorentwurf und der dazugehörige erläuternde Bericht werden am 12. September 2022 begleitet von einer Medienmitteilung veröffentlicht.

Beendigung der Inländerdiskriminierung beim Familiennachzug: Start der Vernehmlassung

Die Kommission hat im Weiteren mit 17 zu 7 Stimmen beschlossen, den Vorentwurf zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative 19.464 in die Vernehmlassung zu schicken. Diese Initiative verlangt, der Inländerdiskriminierung beim Familiennachzug ein Ende zu setzen. Der Vorentwurf und der dazugehörige erläuternde Bericht werden am 8. September 2022 begleitet von einer Medienmitteilung veröffentlicht.

Keine Ausschaffung von Terroristinnen und Terroristen in Länder, in denen Folter oder Todesstrafe droht

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 14 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung, die von Nationalrat Fabio Regazzi eingereichte Motion 16.3982 («Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht») abzuschreiben. Das Parlament hat diese Motion angenommen, doch der Bundesrat vertritt in seinem Bericht vom 4. Mai 2022 (22.055) die Auffassung, dass die Umsetzung des Motionsanliegens aus rechtlicher Sicht unmöglich ist, da das völkerrechtlich absolut geschützte Non-Refoulement-Prinzip entgegensteht.

Die Kommissionsmehrheit teilt diese Auffassung des Bundesrates. Über die rein rechtlichen Aspekte hinaus weist sie ausserdem darauf hin, dass beim Grundrechtsschutz nicht mit zweierlei Mass gemessen werden kann. Ein wahrer Rechtsstaat muss auch seine Feindinnen und Feinde rechtskonform und gemäss seinen Werten behandeln. Anstatt Terroristinnen und Terroristen in Länder auszuschaffen, in denen ihnen Folter oder die Todesstrafe droht, sollte mit Massnahmen in der Schweiz dafür gesorgt werden, dass diese Personen keinen weiteren Schaden anrichten. Menschen der Folter oder der Todesstrafe in anderen Ländern auszusetzen, ist nicht akzeptabel und würde allen Werten widersprechen, die der Schweiz wichtig sind.

Die Minderheit ist der Ansicht, dass diese Motion aus Gründen der inneren Sicherheit nicht abgeschrieben werden sollte. Sie erachtet die aktuelle Situation als nicht zufriedenstellend und will, dass der Bundesrat Massnahmen vorschlägt, mit denen verhindert wird, dass die Schweiz Personen Zuflucht gewährt, die weder den Rechtsstaat noch Menschenleben respektieren. Das geltende Recht muss in den Augen der Minderheit angepasst werden, um sicherzustellen, dass alle Personen, die in der Schweiz wegen Terrorismus verurteilt werden, ausgeschafft werden können.

Erleichterte Einbürgerung der dritten Ausländergeneration

Die Kommission hält mit 14 zu 9 Stimmen an ihrer parlamentarischen Initiative 22.404 fest, welche darauf abzielt, die Bedingungen für die von Volk und Kantonen im Februar 2017 angenommene erleichterte Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern der dritten Generation weniger restriktiv zu gestalten und unnötige Verwaltungshürden abzubauen. Die Argumente ihrer ständerätlichen Schwesterkommission, dass zunächst die Auswirkungen des neuen Rechts abgewartet werden sollten und dass es wichtig wäre, die Gründe für die Nichteinreichung eines Gesuches zu kennen, erachtet die SPK-N nicht für ausschlaggebend. Ihrer Ansicht nach sollte in dieser Sache vorwärts gemacht werden.

Ukraine-Flüchtlinge in der Schweiz

Seit Frühjahr 2022 informiert sich die Kommission regelmässig über die Lage in der Ukraine und namentlich über die Flüchtlingsbewegungen aus diesem Land in die Schweiz. Um eine vorläufige Bilanz der bisherigen Erfahrungen ziehen und sich einen Eindruck von den anstehenden Herausforderungen verschaffen zu können, hat die Kommission Vertretungen der Kantone und der Schweizerischen Flüchtlingshilfe angehört. Sie hat sich zudem von Bundesrätin Karin Keller-Sutter, der Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD), über die Aussichten für die kommenden Monate orientieren lassen. Der Bundesrat muss bis zum nächsten Frühjahr in Absprache mit der Europäischen Union entscheiden, ob er den Status S verlängert oder beendet. In den Augen der Kommission ist es wichtig, dass klar kommuniziert wird und alle beteiligten Akteure über die verschiedenen denkbaren Szenarien informiert werden. Der Status S hat sich bislang bewährt, doch gilt es neue Herausforderungen zu bewältigen, insbesondere im Hinblick auf die allfällige Verlängerung dieses Status in den kommenden Monaten (Koordination mit den Kantonen und der Wirtschaft sowie mit den anderen Schengen-Staaten) und auf die Vorbereitungen und Planungen, die nötig dafür sind, dass die Flüchtlinge – sobald dies möglich ist – in ihre Heimat zurückkehren können.

Die Kommission hat am 1. und 2. September 2022 unter dem Vorsitz von Nationalrat Marco Romano (M-E, TI) in Bern getagt.