Wer ist zuständig, wenn z.B. die EMRK oder das Freizügigkeitsabkommen gekündigt werden sollen? Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Ständerates ist der Ansicht, dass die Bundesversammlung oder das Volk für die Kündigung eines Vertrages zuständig sein sollen, wenn sie ihn genehmigt haben.

​Die SPK hat einstimmig eine Kommissionsinitiative (16.456 s Pa.Iv. SPK-SR. Kündigung und Änderung von Staatsverträgen. Verteilung der Zuständigkeiten) beschlossen, wonach die Zuständigkeit für die Kündigung von Staatsverträgen geregelt werden soll. Sie will die nicht eindeutige Rechtslage klären. Die Kommission spricht sich gegen die Auffassung des Bundesrates aus, wonach dieser für die Kündigung von internationalen Verträgen zuständig sein will. Vielmehr soll bei der Kündigung von Verträgen das gleiche Verfahren gelten wie bei deren Genehmigung: Je nach Bedeutung der im Vertrag enthaltenen Bestimmungen sollen der Bundesrat, die Bundesversammlung sowie allenfalls Volk und Stände zuständig sein. Wenn z.B. die EMRK oder das Freizügigkeitsabkommen gekündigt werden sollten, dann würden die Bürgerinnen und Bürger bedeutende Rechte verlieren; es geht nicht an, dass der Bundesrat über solch wichtige Fragen alleine entscheidet.

Ständeratskommission spricht sich erstmals für Verordnungsveto aus

Einmal mehr hatte sich die Ständeratskommission mit der Frage zu befassen, ob die Bundesversammlung über ein Vetorecht gegenüber den Verordnungen des Bundesrates verfügen soll. Der Nationalrat hat am 27. April 2016 mit 120 zu 65 Stimmen bei 5 Enthaltungen einmal mehr bekräftigt, dass der ein solches Instrument einführen will (14.422 n Pa.Iv. Aeschi Thomas. Einführung des Verordnungsvetos, vgl. Medienmitteilung der SPK-N vom 16. Januar 2015 und der SPK-S vom 20. August 2015). Nachdem dieses Instrument in der Ständeratskommission bisher auf wenig Gegenliebe gestossen ist, hat sich nun erstmals mit 8 zu 3 Stimmen und einer Enthaltung eine Mehrheit dafür gefunden. Wie der Nationalrat ist die Ständeratskommission der Auffassung, dass die Erfahrungen mit kürzlich erfolgten Verordnungsgebungen gezeigt haben, dass das Parlament ein wirksames Instrument braucht. Somit kann die SPK des Nationalrates nun eine Vorlage ausarbeiten.

Einbürgerungsverfahren: Vorlage für die Gleichstellung von eingetragener Partnerschaft und Ehe vorläufig sistiert

Am 14. März 2016 hatte im Nationalrat eine Vorlage zur Gleichstellung von eingetragener Partnerschaft und Ehe im Einbürgerungsverfahren mit 122 zu 62 Stimmen eine Mehrheit gefunden. Die Vorlage, welche mehrere parlamentarischen Initiativen umsetzt, soll nun im Ständerat sistiert werden (13.418 /13.419 /13.420 /13.421 /13.422 Pa.Iv. Fraktion GL, Fraktion BD, Fraktion G, Fraktion S, Fiala.) Die Kommission stellt dem Rat entsprechend Antrag, weil ihrer Ansicht nach abgewartet werden soll, bis die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates eine Vorlage zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative „Ehe für alle" (13.468) erarbeitet hat. Wenn geklärt ist, ob der Ehebegriff in der Verfassung erweitert wird, kann entschieden werden, welche Regeln für die Gleichstellung der eingetragenen Partnerschaft im Einbürgerungsverfahren noch notwendig sind.

Gleicher Familiennachzug für Schutzbedürftige wie für vorläufig Aufgenommene

Die Kommission stimmt mit 9 zu 3 Stimmen der parlamentarischen Initiative von Ständerat Philipp Müller (AG) zu (16.403 s Gleicher Familiennachzug für Schutzbedürftige wie für vorläufig Aufgenommene). Danach sollen für Personen mit dem Status „Schutzbedürftige" und für solche mit dem Status „vorläufig Aufgenommene" die gleichen Bedingungen für den Familiennachzug gelten. Heute ist der Familiennachzug bei Schutzbedürftigen sofort möglich. Somit sind diese Personen mit S-Ausweis besser gestellt als Personen mit dem Status „vorläufig aufgenommen". Die Kommission will das ändern. Die Regelung des Familiennachzugs soll somit kein Grund mehr sein, dass in der Praxis keine Aufnahme von „Schutzbedürftigen", deren Asylgesuche nicht aufwendig und individuell geprüft werden müssen, stattfindet. Die Initiative geht an die Kommission des Nationalrates.

Lobbyisten und Lobbyistinnen im Bundeshaus: Ständeratskommission wird Regeln ausarbeiten

Soll der Zugang von Lobbyisten und Lobbyistinnen zum Parlamentsgebäude geregelt werden? Sowohl der Ständerat wie auch die SPK des Nationalrates haben Handlungsbedarf anerkannt, indem sie der parlamentarischen Initiative von Ständerat Berberat (15.438. Eine Regelung für transparentes Lobbying im eidgenössischen Parlament) Folge gegeben haben. Nun hat die SPK des Ständerates einer weiteren parlamentarischen Initiative aus dem Nationalrat, welche einen Teilaspekt von Lobbytätigkeiten regeln will, mit 10 zu 1 Stimmen bei einer Enthaltung zugestimmt (15.433 Pa.Iv. Caroni. Transparenz über die Mandate von Lobbyisten im Bundeshaus). Die Kommission wird nun eine Vorlage mit Gesetzesbestimmungen betreffend Lobbytätigkeit im Parlamentsgebäude ausarbeiten. Sie schlägt vor, dass die SPK des Nationalrates im Sinne einer Arbeitsteilung die rechtliche Umsetzung weiterer parlamentarischen Initiativen im Bereich des Parlamentsrechts im Rahmen einer Sammelvorlage an die Hand nimmt.

Bund soll sich am Politforum Käfigturm beteiligen

Mit 6 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung hat die Kommission beschlossen, eine Motion (16.3627 s Mo. SPK-SR. Das Politforum Käfigturm muss weiterbestehen) einzureichen, welche die Beteiligung des Bundes am Politforum Käfigturm fordert. Das Politforum ist Opfer des Stabilisierungsprogramms 2017-2019 geworden. Ab 2018 will sich der Bund zurückziehen. Es wird nun vorgeschlagen, eine Stiftung als Trägerschaft des Forums zu gründen. An der Stiftung wollen sich die Stadt Bern, der Kanton Bern, die Burgergemeinde Bern sowie der Schweizerische Evangelische Kirchenbund beteiligen. Deren Engagement setzt jedoch eine Beteiligung des Bundes voraus.

Die Kommission tagte am 25. August 2016 unter dem Vorsitz ihres Präsidenten, Ständerat Peter Föhn (V, SZ), in Bern.