Nach ausführlichen Anhörungen der Kantone und von Interessenvertretungen des Lärmschutzes, der Baubranche und des Flugverkehrs ist die ständerätliche Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK-S) einstimmig auf die bundesrätliche Vorlage zur Revision des Umweltschutzgesetzes (22.085) eingetreten. Die Vorlage betrifft verschiedenste Bereiche wie Lärm, Altlasten und strafrechtliche Aspekte. Zum Thema Bauen in lärmbelasteten Gebieten hat die Kommission bereits Entscheide getroffen. Sie unterstützt es, klare lärmrechtliche Kriterien für Baubewilligungen zu schaffen. Dies erhöht die Rechts- und Planungssicherheit für Bauvorhaben an lärmexponierten Orten und bringt das raumplanerische Ziel der Siedlungsentwicklung nach innen voran. Ziel ist es, die Blockade infolge eines bundesgerichtlichen Entscheides von 2016 zu lösen, indem das Verhältnis von Innenverdichtung und Lärmschutz auf Gesetzesstufe geklärt wird.
Nach Ansicht der Kommission sollen Baubewilligungen in klar definierten Fällen bewilligt werden können, auch wenn die Immissionsgrenzwerte überschritten werden (Art. 22). Eine Möglichkeit besteht darin, den Grenzwert an jeweils einem Fenster in mindestens der Hälfte der lärmempfindlichen Räume einzuhalten (10 zu 3 Stimmen). Alternativ kann sich diese Vorgabe auf einen lärmempfindlichen Raum pro Wohnung beschränken, wenn zusätzlich ein privat nutzbarer ruhiger Aussenraum geschaffen wird. Diesen Entscheid hat die Kommission mit 9 zu 4 Stimmen gefällt. Mit dem gleichen Stimmverhältnis fügt sie zudem die Bestimmung hinzu, dass mit einer kontrollierten Wohnraumlüftung die Grenzwerte am offenen Fenster nicht eingehalten werden müssen.
Der Minderheit der Kommission gehen diese Lockerungen des Lärmschutzes zu weit. Ihrer Ansicht nach müssten die Bewohnerinnen und Bewohner vor übermässigen Lärm besser geschützt werden. Ein Minderheitsantrag, der mit 8 zu 4 Stimmen abgelehnt wurde, schlägt vor, dass der Grenzwert grundsätzlich in jedem lärmempfindlichen Raum an einem Fenster eingehalten werden muss. Ist dies nicht möglich, kann diese Regel auf die Hälfte der lärmempfindlichen Räume beschränkt werden, sofern ein ruhiger Aussenraum beim Gebäude zur Verfügung gestellt wird.
In Bezug auf die Ausscheidung von Bauzonen und Änderungen von Nutzungsplänen (Art. 24) unterstützt die Kommission den Bundesrat darin, Ausnahmen von der Einhaltung der Belastungsgrenzwerte zuzulassen, sofern gewisse Bedingungen wie etwa das Festlegen wohnqualitätsverbessender Massnahmen erfüllt sind. In diesem Zusammenhang beantragt eine Minderheit, den Städten und Gemeinden mehr Kompetenzen bei der Anordnung von Massnahmen zu geben (3 zu 9 Stimmen). Eine weitere Minderheit möchte auf Gesetzesstufe Lärmobergrenzen für Ausnahmen festlegen, wenn nach Absatz 3 neue Bauzonen ausgeschieden oder Nutzungspläne in Bauzonen geändert werden (4 zu 8 Stimmen).
Schliesslich verlangt eine Minderheit, den Lärmschutz während den Nachtzeiten sicherzustellen (Art. 15, 4 zu 8 Stimmen).
Kein Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative
Mit 7 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung hält die Kommission an ihrem Entscheid fest, nicht auf die Vorlage für den indirekten Gegenentwurf zur Biodiversitätsinitiative einzutreten (22.025). Die Kommissionsmehrheit bleibt bei ihrer Einschätzung, dass mit dem geltenden Recht ausreichend Flächen mit besonderer Bedeutung für die Biodiversität gesichert werden könnten. Die Mehrheit der Kommission schlägt damit auch den Vorschlag der Schwesterkommission für einen vereinfachten Gegenentwurf aus. Dieser setzt den Schwerpunkt vor allem auf eine funktionale Vernetzung und auf die Steigerung der Qualität in bestehenden Biodiversitätsgebieten und sieht insbesondere keine Änderungen im Landwirtschaftsrecht vor. Eine Minderheit der Kommission beantragt, auf die Vorlage für den indirekten Gegenentwurf einzutreten.
Mit 9 zu 4 Stimmen schliesslich beantragt die Kommission, die Biodiversitätsinitiative zur Ablehnung zu empfehlen. Eine Minderheit beantragt, die Volksinitiative anzunehmen.
Kreislaufwirtschaft
Die Kommission hat die Detailberatung des Entwurfes zur parlamentarischen Initiative «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken» (20.433) aufgenommen. Sie wird die Beratung an ihrer nächsten Sitzung fortsetzen und dann weiter informieren. Sie hat zudem ein Postulat 23.4330 mit dem Titel «Verursacherprinzip bei Retouren im Online-Versandhandel anwenden» eingereicht. Der Bundesrat soll prüfen, mit welchen Massnahmen verhindert werden kann, dass die bei der Retournierung von Bestellungen entstehenden Aufwände auf alle Kundinnen und Kunden gleichermassen abgewälzt werden.
Die Kommission hat am 26./27. Oktober 2023 unter dem Vorsitz von Ständerätin Adèle Thorens Goumaz (G, VD) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Albert Rösti in Bern getagt.