Nachdem bereits der Ständerat dem Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen (17.062) zugestimmt hat, beantragt nun auch die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats ihrem Rat einstimmig die Annahme der Vorlage. Diese sieht eine Reihe von Massnahmen vor, mit denen der Schutz von Personen, die von häuslicher Gewalt oder Stalking betroffen sind, weiter verbessert werden soll wie beispielsweise die Einführung der elektronischen Überwachung von Rayon- oder Kontaktverboten.

Die Kommission ist ohne Gegenantrag auf die Vorlage eingetreten, nachdem sie zuvor von zwei Berichten des Bundesrates zum Thema häusliche Gewalt und Stalking Kenntnis genommen hat (Berichte in Erfüllung der Postulate 13.3441 14.4204). Bei der Detailberatung hat sie sich weitgehend dem Ständerat angeschlossen und ebenfalls mit 18 zu 5 Stimmen entschieden, dass die Kosten für den Vollzug einer angeordneten elektronischen Überwachung auch dem Täter auferlegt werden können. Dies möchte die Mehrheit der Kommission auch für die Überbindung der Gerichtskosten vorsehen (mit 13 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung). Eine Minderheit möchte am Grundsatz der Kostenlosigkeit solcher Verfahren festhalten, eine andere möchte präzisieren, dass die Opfer dadurch nicht übermässig belastet werden dürfen, sind doch Opfer und Täter im Bereich der häuslichen Gewalt häufig auch wirtschaftlich miteinander verbunden. Die Kommission spricht sich sodann für die im Entwurf enthaltenen Verbesserungen von Art. 55a StGB aus. Demnach soll die Verfahrenssistierung bei Offizialdelikten zwar weiterhin möglich sein, wenn das Opfer darum ersucht. Allerdings soll der Entscheid in Zukunft von der Strafbehörde in Würdigung der Gesamtumstände getroffen werden. Dies vermindert die Gefahr, dass ein Opfer möglicherweise von der beschuldigten Person unter Druck gesetzt wird. Der Antrag, die Bestimmung aufzuheben, wurde mit 15 zu 9 Stimmen abgelehnt. Die Minderheit der Kommission hält es für geboten, Art. 55a StGB aufzuheben, die Täter grundsätzlich zu bestrafen und sie zur Teilnahme an Lernprogrammen auch ohne Verfahrenssistierung zu verpflichten. Die Kommission hat sodann mit Bedauern zur Kenntnis genommen, dass der Bundesrat im Rahmen dieser Vorlage darauf verzichtet hat, dem Parlament die Einführung einer besonderen Strafnorm gegen Stalking zu beantragen (BBl 2017 7357). Sie hat mit 20 zu 3 Stimmen entschieden, die Verwaltung mit der Abfassung eines Aussprachepapiers zu beauftragen, das ihr die Entscheidgrundlage für mögliche weitere Schritte im Bereich des Strafrechts liefern soll.

Kommission tritt auf die Vorlage zur Änderung des Urheberrechts ein

Die Kommission ist der Ansicht, eine Modernisierung des Urheberrechts sei angezeigt und ist ohne Gegenantrag auf die Vorlage des Bundesrates zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes sowie zur Genehmigung zweier Abkommen der Weltorganisation für geistiges Eigentum und zu deren Umsetzung (17.069) eingetreten.

Mit der Revision sollen die Rechte und Interessen der Kulturschaffenden und der Kulturwirtschaft gestärkt und illegale Piraterie-Angebote im Internet bekämpft werden. Ausserdem soll das Urheberrecht an die technologischen Entwicklungen angepasst und zugunsten der Forschung und der Bibliotheken die Chancen der Digitalisierung genutzt werden. Die Kommission hat im Rahmen der Eintretensdebatte davon Kenntnis genommen, dass die Fernmeldekommission des Nationalrates (KVF-N) an ihrer Sitzung vom 28. August 2018 zum Schluss gekommen ist, dass die schweizerischen TV-Sender die Bedingungen für die Übernahme ihrer Programme ins zeitversetzte Fernsehen mit den betroffenen TV-Verbreitern selbst verhandeln sollen. Die KVF-N ist aber der Ansicht, diese Problematik sei im Urheberrechtsgesetz zu regeln. Die Kommission hat die Verwaltung deshalb beauftragt, ihr im Hinblick auf die Detailberatung Vorschläge für eine mögliche Umsetzung zu unterbreiten. Die Kommission wird die Detailberatung der Vorlage an ihrer nächsten Sitzung in Angriff nehmen.

Konsultation zu den Verordnungen zum Geldspielgesetz

Die Kommission hat im Rahmen der Konsultation zu den bundesrätlichen Verordnungen zum Geldspielgesetz entschieden, dem Bundesrat einige Empfehlungen zu unterbreiten. So hat sie sich insbesondere einstimmig dafür ausgesprochen, dass die Maximalsumme aller Einsätze bei Tombolas nicht wie im Vorentwurf bei 25'000 Franken, sondern bei 80'000 Franken liegen sollte (Art. 38 VE-Geldspielverordnung).

Evaluation des Opferhilfegesetzes

Die Kommission hat sich vom Bundesamt für Justiz über die von der Universität Bern 2015 durchgeführte Studie zur Evaluation des Opferhilfegesetzes orientieren lassen und zur Kenntnis genommen, dass diverse Empfehlungen dieser Studie punktuell umgesetzt werden oder in Zukunft umgesetzt werden sollen (vgl. Medienmitteilung des Bundesrates vom 23. November 2016). Sie wird sich an einer ihrer nächsten Sitzungen erneut mit dem Thema befassen.

Weitere Geschäfte:

  • Die Kommission hat die parlamentarische Initiative Stamm (17.463) «Keine Ausnahmeregelung für Forderungen von Anwälten» vorgeprüft und beantragt ihrem Rat mit 14 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen, der Initiative keine Folge zu geben. Eine Minderheit beantragt, der Initiative Folge zu geben.
  • Die Kommission hat die Anträge des Bundesrates zur parlamentarischen Initiative Reynard (13.407) «Kampf gegen die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung» behandelt. Der Bundesrat beantragt, sich auf das Kriterium der sexuellen Orientierung zu beschränken und auf das Kriterium der Geschlechtsidentität zu verzichten. Die Kommission hat mit 13 zu 11 Stimmen beschlossen, an ihrem Entwurf festzuhalten. Eine Minderheit beantragt, dem Bundesrat zu folgen.

Die Kommission tagte am 30./31. August 2018 unter dem Vorsitz von Nationalrat Pirmin Schwander (SVP/SZ) in Bern.