Die Verkehrskommission des Nationalrates will die Massnahmen des Verkehrssicherheitsprogramms «Via sicura» anpassen und sie damit verhältnismässiger ausgestalten und ungewollte Härten beseitigen. Zudem spricht sie sich gegen eine Fahrradhelmpflicht für unter 16-Jährige aus.

Nachdem die Kommission an ihrer ersten Sitzung dieses Jahres eine Anhörung zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes (21.080) durchführte sowie oppositionslos auf die Vorlage eingetreten ist, erfolgte nun die Detailberatung. Mit 22 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung hat sich die KVF dabei klar gegen eine Velohelmpflicht für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren ausgesprochen. Sie ist der Ansicht, dass eine entsprechende Pflicht keine wesentlichen Sicherheitsvorteile mit sich bringt, jedoch grosse Vollzugsprobleme mit sich bringt und der Attraktivität des Fahrrades schaden könnte.

Weiter befürwortet die Kommission die im Entwurf des Bundesrates festgelegten Änderungen von Höchstlänge und Höchstgewichten zur Förderung von umweltfreundlichen Technologien oppositionslos (Art. 9 Abs. 2bis). Auch die Förderung der digitalen Transformation im Strassenverkehr unterstützt die Kommission, indem dem Bundesrat die Kompetenz eingeräumt werden soll, das automatisierte Fahren frühzeitig zu regeln. Was die Anpassung der «Via sicura»-Massnahmen betrifft, geht die Kommission mit dem Bundesrat darin einig, dass die Gerichte bei Raserdelikten mehr Ermessensspielraum erhalten sollen, um die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Sie hat sich daher mit 18 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen dafür ausgesprochen, auf eine einjährige Mindestfreiheitsstrafe zu verzichten. In Bezug auf den Führerausweisentzug bei Raserdelikten, will die Kommission noch einen Schritt weitergehen als der Bundesrat und die Mindestdauer von heute 24 Monaten auf 6 Monate senken (13 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung). Der Bundesrat hatte eine Senkung auf 12 Monate vorgeschlagen. Ausserdem befürwortet die KVF-N eine Strafmilderung bei Geschwindigkeitsüberschreitungen von Blaulichtfahrenden, die bei dringlichen oder aus taktischen Gründen notwendigen Dienstfahrten begangen werden und beschliesst mit 12 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung, für die Strafbarkeit lediglich die Differenz zur Geschwindigkeit zu berücksichtigen, die für den Einsatz angemessen gewesen wäre. Mit 14 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung beantragt die Kommission ausserdem, das Verbot von öffentlichen Rundstreckenrennen mit Motorfahrzeugen aufzuheben. In der Gesamtabstimmung hat die Kommission die Vorlage mit 20 zu 4 Stimmen angenommen. Sie wird voraussichtlich in der Frühjahrssession vom Nationalrat behandelt.

 

Ein weiteres Sitzungstraktandum der KVF-N war eine Anhörung zur Frage der Nutzung redaktioneller Inhalte durch internationale Technologie-Plattformen. Als Informationsgrundlage dienten die beiden Berichte «Intermediäre und Kommunikationsplattformen» des BAKOM vom 17. November 2021 und «Revision des Urheberrechtsgesetzes. Überprüfung der Wirksamkeit» des Bundesrates vom 17. Dezember 2021, welche durch Vertreter der Verwaltung präsentiert wurden. Es wurden Vertretungen der EU-Delegation für die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein, des Institutes für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich, der Digitalen Gesellschaft Schweiz, des Verlegerverbandes Schweizer Medien sowie von Google und von Meta Platforms (ehem. Facebook) angehört. Die Kommission wird sich dieser Thematik an ihrer nächsten Sitzung erneut annehmen.

Die Kommission hat sich bereits an ihrer letzten Sitzung ausführlich mit dem Verlagerungsbericht 2021 befasst (vgl. Medienmitteilung vom 11. Januar 2022) und zwei Vorstösse eingereicht (22.3000 und 22.3001). Offen geblieben ist im Januar, wie der alpenquerende unbegleitete kombinierte Güterverkehr (UKV) zusätzlich gefördert werden könnte. Die Option einer generellen Senkung des Trassenpreises wurde verworfen, da sie relativ kostenintensiv ist, aber wenig zusätzlichen Verlagerungseffekt generiert. Die Kommission hat nun mit 17 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung einen dritten Vorstoss eingereicht (22.3013), der im alpenquerenden UKV gezielt den Neuverkehr und zusätzlichen Verkehr aus Regionen mit Verlagerungspotenzial fördern will. Die geschätzten zusätzlichen Kosten von 10 bis 15 Millionen Franken jährlich sollen über eine Erhöhung des Zahlungsrahmens für die Förderung des alpenquerenden Schienengüterverkehrs finanziert werden. Damit können die Steuermittel effizient und gezielt zur einer zusätzlichen Verlagerung beitragen.

Die Schweizerischen Bundesbahnen hatten, wie alle andern Transportunternehmen, in der Folge der Corona-Pandemie sehr starke Ertragseinbussen zu verzeichnen. Die SBB sind nicht nur im alleinigen Bundesbesitz, sondern auch mit Abstand der grösste Verkehrsträger im öffentlichen Verkehr in der Schweiz. Das heisst, die unternehmerische Perspektive und die finanzielle Stabilität der SBB sind von grösster verkehrspolitischer Bedeutung. Die Kommission hat sich deshalb von Bundesrat Ueli Maurer und Vertretern des UVEK über die vom Bundesrat geplanten Massnahmen zur finanziellen Stabilisierung der SBB informieren lassen. Die Kommission wird die laufenden Arbeiten des Bundesrates eng verfolgen und wird zum geeigneten Zeitpunkt selbst Anhörungen mit den wichtigsten Akteuren durchführen, bevor sie über einen allfälligen parlamentarischen Handlungsbedarf entscheiden wird.