Auch die Rechtskommission des Ständerates befürwortet die Ausrichtung eines Solidaritätsbeitrags an die Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981.

​Sie beantragt ihrem Rat, dem indirekten Gegenvorschlag zur Wiedergutmachungsinitiative zuzustimmen (Volksinitiative zur Wiedergutmachung für Verdingkinder und Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen 15.082). Die Initiative selbst lehnt die Kommission ab. Mit dem neuen Bundesgesetz über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 (AFZFG) kann den Opfern schneller geholfen werden als mit der Initiative. Einstimmig hat sich die Kommission für einen Zahlungsrahmen von 300 Millionen Franken zur Finanzierung der Leistungen an die Opfer ausgesprochen. Wie bereits der Nationalrat befürwortet auch die ständerätliche Rechtskommission eine Begrenzung des Solidaritätsbeitrags auf maximal 25‘000 Franken pro Opfer. In der Gesamtabstimmung wurde das neue AFZFG ohne Gegenstimme bei einer Enthaltung angenommen. Im Ständerat wird das Geschäft in der Herbstsession beraten werden.

Beurkundung des Personenstandes und Grundbuch

Die Kommission hat die Beratung der Vorlage des Bundesrates vom 16. April 2014 (14.034) aufgenommen, mit der die Beurkundung des Personenstandes und das Grundbuch modernisiert werden sollen. Sie nahm Kenntnis von den Beschlüssen des Nationalrates, namentlich davon, dass sich dieser dafür ausspricht, den Teil zum Grundbuch an den Bundesrat zurückzuweisen. Zudem hörte sie eine Delegation der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) an. Die Kommission wird ihre Arbeiten an einer ihrer nächsten Sitzungen fortsetzen.

Mietrecht

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 7 zu 6 Stimmen, nicht auf die Vorlage des Bundesrates zur Änderung des Mietrechts (15.044) einzutreten. Diese sieht vor, dass in der ganzen Schweiz bei einem Mieterwechsel stets der Vormietzins mit einem Formular bekanntgegeben und eine allfällige Mietzinserhöhung begründet werden muss. Die Kommissionsmehrheit ist der Ansicht, dass es nicht nötig ist, dieses Formular auf gesamtschweizerischer Ebene vorzuschreiben, da die Kantone, die dies wünschen, ein solches Formular bereits gemäss geltendem Recht einführen können. Die Minderheit wiederum weist darauf hin, dass die Vorlage auch noch andere Änderungen (Faksimile-
Unterschrift bei Änderungsmitteilungen sowie die einfache Schriftlichkeit
bei Anpassungen von gestaffelten Mietzinsen) vorsieht, die sowohl für die Mieter als auch die Vermieter Verbesserungen mit sich bringen. Darüber hinaus ist sie der Auffassung, dass die Vorschläge des Bundesrates die Transparenz auf dem Mietwohnungsmarkt erhöhen und so die Mieterschaft besser vor missbräuchlichen Mieten schützen würden. Der Nationalrat hat die Vorlage bereits in der Sommersession behandelt und es mit 106 zu 83 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt, auf sie einzutreten. Der Ständerat wird sich mit diesem Geschäft in der Herbstsession befassen.

Eintreten auf die Vorlage zum Kindesschutz

Im Gegensatz zum Nationalrat ist die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates einstimmig auf die Vorlage zum Kindesschutz (15.033) eingetreten und hat diese in der Gesamtabstimmung mit 11 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Die Vorlage sieht vor, dass die Meldepflicht bei Verdacht auf Gefährdung des Kindeswohls ausgeweitet werden soll auf Fachpersonen, die eine besondere Beziehung zu Kindern haben. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Ausweitung der Meldepflicht eine wichtige Voraussetzung darstellt für die Aufdeckung und Bekämpfung von Delikten, die gegenüber Kindern begangen werden. Weiter erachtet die Kommission unterschiedliche kantonale Regelungen beim Thema Kindesschutz nicht als angebracht. Im Rahmen der Detailberatung hat die Kommission entschieden, bezüglich der Mitwirkungspflicht von Anwältinnen und Anwälte beim geltenden Recht zu bleiben: Die Entbindung vom Berufsgeheimnis soll diese auch zukünftig nicht zur Preisgabe von Anvertrautem verpflichten. Die Mehrheit der Kommission hat sich gegen die Einführung einer Strafbestimmung bei Verletzung der Melde- oder Mitwirkungspflicht ausgesprochen. Eine Minderheit beantragt, dass Personen die gegen eine Melde- oder eine Mitwirkungspflicht verstossen, mit Busse bestraft werden sollen.

Änderung des Handelsregisterrechts

Die Kommission hat sechs Änderungen am Entwurf des Bundesrates vorgenommen und die angepasste Vorlage (15.034) in der Gesamtabstimmung einstimmig angenommen. Die Differenzen zum bundesrätlichen Entwurf betreffen namentlich die Eintragungspflicht für Einzelunternehmen, die Löschung ausgeschiedener Personen, die Gemeinderschaften, die Verteilung von Prozesskosten, die Benachrichtigung der Gerichte betreffend Mängel in der Organisation der Gesellschaft sowie die Zeichnung neuer Stammanteile einer GmbH durch die Gesellschafter.

Löschung ungerechtfertigter Zahlungsbefehle

Mit 9 zu 2 Stimmen ist die Kommission auf die vom Nationalrat angenommene Vorlage eingetreten, die auf der Grundlage der parlamentarischen Initiative 09.530 ausgearbeitet worden war. Mit dieser soll die Löschung ungerechtfertigter Zahlungsbefehle erleichtert und beschleunigt werden. Vor dem Hintergrund, dass die vom Nationalrat verabschiedete Lösung in der Vernehmlassung als zu kompliziert und als schwer umsetzbar bezeichnet wurde und zudem die Gefahr birgt, auch eine Löschung berechtigter Zahlungsbefehle aus dem Betreibungsregisterauszug herbeizuführen, spricht sich die Kommission für eine Lösung aus, die jener entspricht, die der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 1. Juli 2015 aufgezeigt hat. Sie beantragt, dass die Ämter Dritten von einer Betreibung keine Kenntnis geben, wenn der Gläubiger nach Ablauf einer Frist von drei Monaten seit der Zustellung des Zahlungsbefehls gestützt auf ein Gesuch des Schuldners und nach Ablauf einer vom Betreibungsamt angesetzten Frist von 20 Tagen den Nachweis nicht erbringt, dass rechtzeitig ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlages eingeleitet wurde; wird dieser Nachweis nachträglich erbracht oder die Betreibung fortgesetzt, wird sie Dritten wieder zur Kenntnis gebracht (Art. 8a Abs. 3 Bst. d SchKG). Die Kommission beantragt ferner, die vom Nationalrat angenommenen Artikel 8b und 88 Absatz 2 SchKG zu streichen. Eine Minderheit (2 Mitglieder) empfiehlt dem Rat hingegen, nicht auf den Entwurf einzutreten, da in ihren Augen sowohl die Variante des Nationalrates als auch jene der Kommission Nachteile mit sich bringt und das Problem der ungerechtfertigten Zahlungsbefehle nicht zufriedenstellend löst.

Beschwerderecht für Gemeinden

Die Kommission hat mit 7 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen einer Standesinitiative des Kantons Schaffhausen (15.309) Folge gegeben, welche in Artikel 450 des Zivilgesetzbuches die Beschwerdelegitimation für kostenpflichtige Gemeinwesen gegen Kindes- und Erwachsenenschutzmassnahmen der KESB verankern will.

Die Kommission hat am 4. und 5. Juli 2016 unter dem Vorsitz von Ständerat Fabio Abate (FDP, TI) in Bern getagt.