Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats beantragt ihrem Rat mit 23 zu 1 Stimmen bei 1 Enthaltung, die Vollgeldinitiative (16.074) zur Ablehnung zu empfehlen. Sie folgt somit dem Ständerat, der ebenfalls die Ablehnungsempfehlung beschlossen hat. Einen Antrag für einen direkten Gegenvorschlag lehnt die Kommission mit 19 zu 6 Stimmen ab.

​Nachdem die WAK-N an ihrer letzten Sitzung bereits das Initiativkomitee angehört hatte (vgl. Medienmitteilung vom 25. Oktober 2017) wurde nun auch der Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank Thomas Jordan zur Vollgeldinitiative angehört. Die Kommissionsmehrheit ist der Ansicht, die Anliegen der Initiative könnten nicht mittels der Geldschöpfung alleine durch die Nationalbank erreicht werden. Diese Massnahme habe im Gegenteil eine Schwächung der Finanzmarktstabilität zur Folge, da einerseits die Geschäftsbanken für die Kreditvergabe auf riskantere Varianten (z.B. Fremdwährungen) ausweichen würden und andererseits der Nationalbank eine immense Rolle als Kreditgeberin in Schweizer Franken und somit auch Risikoträgerin zukommen würde. Ausserdem hätte eine Finanzkrise mit der Initiative nicht verhindert werden können, wie bereits von der ständerätlichen Kommission betont (vgl. Medienmitteilung der WAK-S vom 1. September 2017).

Eine Minderheit spricht sich für einen direkten Gegenvorschlag aus, der vorsieht, dass der ungewichtete Anteil an Eigenmitteln von systemrelevanten Banken mindestens 10 Prozent der Bilanzsumme aufweist. Aus ihrer Sicht könnte die Finanzmarktstabilität somit effektiv erhöht werden. Die Mehrheit der Kommission hält dagegen fest, dass die Too-Big-To-Fail-Gesetzgebung international bereits eine der strengsten ist. Das Geschäft wird in der Wintersession behandelt.

2. Keine Unterstützung der Volksinitiative «Für Ernährungssouveränität»

Die Volksinitiative «Für Ernährungssouveränität. Die Landwirtschaft betrifft uns alle» (17.023) strebt eine Ausrichtung der Agrarpolitik auf eine kleinbäuerliche, auf die regionale Versorgung ausgerichtete Landwirtschaft an und will dazu zahlreiche Massnahmen neu in der Bundesverfassung verankern. Verschiedene Mitglieder der Kommission halten einige von der Initiative angesprochene Punkte durchaus für wichtig, z.B. die Stärkung der lokalen Produktion, die Sorge um den Kulturlandschutz und die Förderung einer gentechnikfreien Landwirtschaft. Andere Punkte, wie beispielsweise eine staatliche Preis- und Mengensteuerung und die vorgeschlagenen Importbeschränkungen, gehen aus Sicht der Kommission zu weit. Es lag ein Antrag für einen direkten Gegenentwurf vor, der auf diese stark restriktiven Elemente verzichtet und Massnahmen zur Stärkung einer lokalen Produktion ins Zentrum stellt. Aus Sicht der Kommissionsmehrheit ist mit Artikel 104 (Landwirtschaft) und dem neuen Artikel 104a (Ernährungssicherheit) der Bundesverfassung eine gute Grundlage für die Agrarpolitik gegeben. Das Parlament habe auf dieser Basis genügend Spielraum, um die Landwirtschaftspolitik mitzugestalten und bei Bedarf auf gesetzlicher Ebene weitere Massnahmen vorzusehen. Mit 13 zu 4 Stimmen bei 5 Enthaltungen trat die Kommission deshalb nicht auf den Gegenentwurf ein und beantragt mit 7 zu 0 Stimmen, die Volksinitiative zur Ablehnung zu empfehlen. 12 Kommissionsmitglieder enthielten sich bewusst der Stimme und möchten dadurch ihrer Enttäuschung über die vom Bundesrat am 1. November 2017 vorgestellte Gesamtschau zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik Ausdruck geben.

3. Doppelbesteuerungsabkommen sollen weiterhin dem fakultativen Referendum unterstehen

Die Kommission beantragt mit 19 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen, den Bundesbeschluss zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) mit Lettland (17.045) gutzuheissen. Dieser Beschluss sieht insbesondere die Einführung des Informationsaustausches auf Anfrage gemäss dem Musterabkommen der OECD vor. Die Kommission beantragt hingegen einstimmig, denjenigen Artikel im vom Bundesrat vorgelegten Bundesbeschluss zu streichen, wonach künftige DBA, die dieselben Bereiche wie das DBA mit Lettland auf vergleichbare Weise regeln, nicht mehr dem fakultativen Referendum unterstehen. Die Kommission will die bestehende Praxis, die ihrer Meinung nach den Bestimmungen von Art. 141 Abs. 1 Bst. d Ziff. 3 der Bundesverfassung entspricht, beibehalten. Sie erinnert daran, dass das Parlament bereits einen ähnlichen Vorschlag des Bundesrates im Rahmen der Botschaft zum Freihandelsabkommen mit Georgien abgelehnt hatte (17.025).

4. Individueller Rechtsschutz im Bereich des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten

Im Rahmen der Beratung des Geschäfts 17.040 (Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit 41 Partnerstaaten ab 2018/2019) reichte die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) die Motion 17.3973 ein. Diese beauftragt den Bundesrat, den individuellen Rechtsschutz für jene Personen zu verbessern, die nach Einführung des Datenaustauschs in gewissen ausländischen Staaten rechtlich verfolgt werden könnten (siehe Medienmitteilung vom 3. November 2017). Die WAK-S ersuchte die Kommission um Einreichung einer gleichlautenden Motion, damit beide Motionen gemäss Artikel121 Absatz 5 Buchstabe b des Parlamentsgesetzes in der Wintersession behandelt werden können.
Die Kommission hat es nun mit 15 zu 10 Stimmen abgelehnt, eine gleichlautende Motion einzureichen. In den Augen der Mehrheit bieten die Bestimmungen in Artikel 19 Absatz 2 des Bundesgesetzes über den internationalen automatischen Informationsaustausch (AIAG) und in Artikel 25e des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausreichenden Schutz für Personen, für welche die Übermittlung der Daten Nachteile zur Folge hätte, die ihr aufgrund fehlender rechtsstaatlicher Garantien nicht zugemutet werden können. Den Erläuterungen des Departementsvorstehers zufolge werden die Schweizer Behörden in solchen Einzelfällen die Daten nicht übermitteln, dies auch wenn die Schweiz mit dem betroffenen Staat den automatischen Informationsaustausch eingeführt und sie anerkannt hat, dass jener Staat im Allgemeinen ausreichend rechtsstaatliche Garantien bietet.

5. FINMA soll sich auf ihre Kernaufgabe konzentrieren

Die parlamentarischen Initiative Heer (16.466) verlangt, die FINMA sei direkt in die Bundesverwaltung zu integrieren. Damit werde sichergestellt, dass die FINMA keine politischen Entscheide im Alleingang fällen könne.

Die Kommission ist sich einig darin, dass die Gesetzgebung Sache des Parlaments sei, wohingegen der FINMA die Aufgabe zukomme, den Finanzmarkt zu beaufsichtigen. Eine Mehrheit ist der Ansicht, dass dieser Auftrag mit einer öffentlich-rechtlichen Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit am besten gewährleistet werden könne. Aus diesem Grund gibt die Kommission der Initiative mit 16 zu 9 Stimmen keine Folge. Eine Minderheit erachtet die Integration der FINMA in die Bundesverwaltung als sinnvoll, da der Bundesrat somit aktiv auf Vollzugsbestimmungen Einfluss nehmen könne.

Die Kommission beschliesst hingegen mit 18 zu 7 Stimmen, eine Motion einzureichen (17.3976). Diese verlangt eine Änderung des geltenden Rechts dahingehend, dass die Regulierung im Bereich des Finanzmarktes ausschliesslich dem Parlament und dem Bundesrat obliegt. Die FINMA habe sich auf ihre Kernaufgabe, die Aufsichtstätigkeit (Kontrolle) namentlich mittels der Verabschiedung von Rundschreiben zu konzentrieren. Eine Minderheit ist der Ansicht, die Umsetzung dieser Motion schränke die Tätigkeit der FINMA übermässig ein und schwäche damit die Aufsicht über den Finanzmarkt.

6. Hochpreisinsel Schweiz – Uneinigkeit über Massnahmen

Die Kommission hat mehrere Geschäfte zum Thema «Hochpreisinsel Schweiz» beraten. Mit Verweis auf die Arbeiten der WAK-S an der parlamentarischen Initiative Altherr (14.449), die das Ziel verfolgt, die ungerechtfertigten Schweiz-Zuschläge beim Import von ausländischen Produkten zu bekämpfen, beantragt die WAK-N mit 14 zu 5 Stimmen bei 4 Enthaltungen, der Standesinitiative des Kantons Schaffhausen (16.301) keine Folge zu geben. Der Ständerat hat im Kontext der parlamentarischen Initiative Altherr zwei Kommissionsmotionen der WAK-S (17.3623 und 17.3624) angenommen, die eine Reduktion von technischen Handelshemmnissen beabsichtigen. Die WAK-N lehnt die Motion 17.3623 (Keine Abweichungen vom Cassis-de-Dijon-Prinzip bezüglich optischer Darstellung von Produktdeklarationen) mit 14 zu 4 Stimmen bei 5 Enthaltungen ab. Sie schliesst sich dabei der Begründung des Bundesrats an, dass das Anliegen der Motion bereits der aktuellen Praxis entspricht. Die Motion 17.3624 (Anerkennung von in der EU durchgeführten Produktprüfungen) beantragt die WAK-N mit 12 zu 10 Stimmen bei 3 Enthaltungen ebenfalls abzulehnen. Die Mehrheit hegt entweder grundlegende Vorbehalte gegenüber dem Cassis-de-Dijon-Prinzip oder ist gegen eine Lockerung der die Zulassungspflichten. Eine Minderheit sieht die Motion 17.3624 als Chance, konkret etwas gegen die hohen Preise im Inland zu unternehmen. Die Motionen werden in der Wintersession im Nationalrat behandelt, die Standesinitiative erst in der Frühlingssession 2018.

7. Kartellgesetz soll KMU-freundlicher werden

Die WAK-N beantragt die Annahme der Punkte 1 und 4 der Motion Fournier «Verbesserung der Situation der KMU in Wettbewerbsverfahren» (16.4094), da die KMU mit den aktuellen Regelungen oft überfordert seien. Einerseits sollen die Gerichtsverfahren vereinfacht und mit Fristen beschleunigt werden (15 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung). Andererseits sollen die von Gerichtsverfahren betroffenen Parteien Entschädigungen für ihre Kosten erhalten (16 zu 6 bei 1 Enthaltung). Die Punkte 2 und 3 der Motion werden von der Kommissionsmehrheit abgelehnt. Auch diese Motion wird in der Wintersession 2017 im Nationalrat behandelt.

8. Keine Anpassungen bei der Familienbesteuerung

Die WAK-N beantragt ihrem Rat oppositionslos, der Standesinitiative des Kantons Neuenburg (15.317), die eine Anpassung der Alimentenbesteuerung an die neuen Familienformen verlangt, keine Folge zu geben. Damit schliesst sie sich der WAK-S und dem Ständerat an. Die Kommission begründet ihre ablehnende Haltung damit, dass der Unmut, der in Bezug auf die Alimentenbesteuerung zum Teil herrscht, auf subjektiv empfundener Ungerechtigkeit basiere und rechtlich nicht begründet sei. Sie ist zudem der Ansicht, das geltende System habe sich in der Praxis bewährt.

9. Totalrevision BöB

Über die Fortsetzung der Detailberatung zur Totalrevision des Bundesgesetzes über das Beschaffungswesen (17.019) wird die Kommission aus zeitlichen Gründen erst am 15. November 2017 nachmittags eine Medienmitteilung publizieren (ca. 16.30 Uhr).

Die Kommission hat am 13./14. November 2017 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer (SP, BL) und in Anwesenheit von Bundesrat Johann Schneider-Ammann und Bundesrat Ueli Maurer in Bern getagt.